Zurück im etwas anderen Tunesien
Rückweg zu meinem Platz, wo ich hier überhaupt bin. Meine Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt und nun erkenne ich, dass wir hier in einer Tropfsteinhöhle sind, mit gigantischen Stalaktiten und Stalagmiten an Decke und Boden.
Na das hättet ihr mir auch vorher sagen können, dass sich hier oben so etwas Besonderes versteckt. Der Besitzer führt uns etwas herum und zeigt uns dann sogar noch einen prachtvoll dekorierten Winkel, in dem sich ein Mausoleum verbirgt. Eine Grabstätte, die seit Jahren ein beliebter Wallfahrtsort geworden ist. Die Cousine meines Mannes berichtet, dass sie schon einige Male für ein paar Tage hier oben gewesen ist, um Ruhe und Kraft zu finden. Erstaunlich, was sich hier alles verbirgt und ich kann auf meiner Liste „Orte-die-der-normale-Tourist-niemals-finden-wird“ ein weiteres Highlight ergänzen.
Wir brechen auf, um uns auf den Rückweg zu machen und „boing“ knalle ich mit meinem Kopf vor den Türrahmen. Alles ist in diesem Land kebira, nur diese blöde Tür nicht und so habe ich zum Abschied in der dunklen Höhle noch einen Sternenhimmel vor Augen.
Vorsichtig schleiche ich durch die nächste Tür und stehe nun vor dem Haus und Blicke aufs Meer. Es funkelt und blitzt in den schönsten Farbtönen, als habe sich mein Sternenhimmel gerade in ihm versenkt. Wie unendlich schön, das habe ich beim Aufstieg überhaupt nicht wahrgenommen. Ich zücke meine Kamera undhalte alles im Bild, beziehungsweise in unendlich vielen Bildern fest. So viel Zeit muss sein, denn so schnell werde ICH diesen Berg nicht noch einmal erklimmen.
Runter geht es wie so oft viel, viel zügiger und schnell erreichen wir unser Auto. Das Einzige was mich mal wieder schockiert, sind die unzähligen Müllberge, die rechts und links am Weg aufgetürmt sind. Dieses Problem werden sie wohl niemals in den Griff bekommen. Die Kinder scheinen ein Einsehen zu haben und sammeln wenigstens ein paar von den Plastikflaschen ein. Die wollen doch jetzt nicht die dreckigen Flaschen in unser Auto packen, oder?
Das haben sie anscheinend gehört und fangen an die Flaschen im Meer zu waschen, und zu füllen. Die wollen doch jetzt nicht die gefüllten Flaschen in unser Auto packen? Oder?
Nein, das wollen sie nicht, sie haben sich etwas dabei gedacht und spülen ihre sandigen Füße mit dem Wasser ab, ehe sie sich in das Auto setzen. Unglaublich, die haben mitgedacht. Damit auch die Nachwelt davon profitieren kann, werfen sie die Flaschen direkt zurück an den Strand und wir brausen von dannen.
Nach diesem aufregenden und anstrengenden Wandertag möchte ich mich am liebsten nur noch hinlegen und schlafen, aber das Sandmännchen streut momentan den Sand noch neben meine Äuglein! Oder sind das Strandreste, die nicht richtig abgespült wurden?
Ich habe fast vergessen, dass wir heute Abend noch bei Noura zum Essen eingeladen sind und mein Schlafen muss ich noch ein wenig verschieben. Noura wohnt zwar oben auf dem Berg, aber der Weg dorthin ist zum Glück nicht so lang, wie zu der Tropfsteinhöhle. Außerdem ist es jetzt Abend, es ist kühler und es müsste locker zu schaffen sein. Müsste ist das richtige Wort, denn mein neues Navi „Ehemann-auf-zwei-Beinen“ schlägt eine andere Richtung ein, als die, die Leila vor ein paar Tagen gegangen war. Gut, er ist Tunesier, er hat hier sein halbes Leben verbracht, also muss er den Weg ja kennen. Die Straße zieht sich den Berg hinauf und sie ist schon mehr als senkrecht.
Warum passiert immer mir so etwas? Von der anstrengenden Klettertour am Nachmittag bin ich schon nach ein paar Metern fix und fertig und warum habe ich schon wieder den schweren Rucksack auf dem Rücken und nicht mein Mann?
Der Ballast zieht mich schon fast wieder rückwärts den Berg hinunter und ich muss wirklich aufpassen, dass ich nicht das Gleichgewicht verliere. Mein Mann hetzt voran und ich rufe ihm nur, langsam, langsam hinterher. Bis zum Bäcker soll ich bitte noch durchhalten, der ist da oben an der Ecke und da können wir dann eine kurze Pause machen. Aber an der Ecke ist kein Bäcker und auch sonst kommt mir hier nichts bekannt vor.
Meinem Mann irgendwann auch nichts mehr und ich höre immer wieder den gleichen Satz: „ Da vorne ist es, das kenne ich, nur noch um diese Ecke!“
Ich glaub der hat einen Sprung in der Platte, denn auch an der nächsten und an der übernächsten und der überübernächsten Ecke, ist immer noch nichts zu entdecken, was halbwegs aussieht, wie der Weg zu Noura. Er
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