Zurück in deine Arme
Handtuch aufhob und ungeduldig um seine Hüften knotete, sah er aus den Augenwinkeln, wie plötzlich Farbe in Leilas blasse Wangen stieg. Offenbar war auch ihr sein delikater Zustand bisher entgangen. Das wäre unter normalen Umständen ganz sicher keinem von ihnen passiert!
Der Gedanke an die magischen Liebesstunden, die sie beide im Verlauf der letzten Jahre miteinander verbracht hatten, stimmte ihn schlagartig milde. Besonders, weil sie schlussendlich sogar zu ihrem lang ersehnten Traum geführt hatten.
„Leila …“, sagte er rau und streckte die Arme nach ihr aus. „Sei doch vernünftig. Du kommst weinend hierher, krank vor Angst und Sorge, und im nächsten Moment eröffnest du mir, dass du auch jetzt noch weiter arbeiten …“
„Hör auf damit!“, unterbrach sie ihn heftig. „Ich habe darüber mit meinem Arzt gesprochen, und er hat mir versichert, dass ich nicht das geringste Risiko eingehe, wenn ich genügend Pausen einlege, ausreichend Flüssigkeit zu mir nehme und …“
„Mir gefällt es trotzdem nicht, Querida .“
„Ich weiß, aber lass mich aussprechen.“ In ihren Augen sah er Sorge und Liebe miteinander streiten, während sie die Hände sanft auf seine nackte Brust legte. „Meiner Agentin ist es gelungen, die Designer zu überreden, die Fototermine so zu legen, dass ich die Kampagne ganz in Ruhe nach meinem Befinden abwickeln kann. Und mein Arzt, dem ich absolut vertraue, wird die ganze Zeit über in meiner Nähe sein.“
Das offenbar sorgfältig geplante Arrangement gefiel ihm zwar immer noch nicht, doch Rafael wusste aus leidvoller Erfahrung, dass es wenig Sinn hatte, noch weiter zu diskutieren, wenn seine Frau sich etwas in den hübschen Kopf gesetzt hatte.
„Okay“, gab er sich geschlagen, „wann fliegst du nach L. A. zurück?“
„Gleich morgen früh.“
„Alles klar.“ Ihre Hände sanken kraftlos herab, als Rafael sich abwandte und zu dem Tisch ging, auf dem sein Handy lag. „Ich werde dich begleiten“, erklärte er und tippte eine Nummer in sein iPhone.
„Das ist aber nicht nötig. Ich …“
Seine ungeduldige Handbewegung brachte sie zum Schweigen. „Wir werden uns nicht noch einmal trennen. Nicht für einen einzigen Tag. Ich will meine Kinder und meine Frau bei mir haben und nicht von außen zusehen, wie sie leben.“
Vor Verblüffung blieb Leila der Mund offen stehen. „Du … du denkst, ich will für immer gehen?“, fragte sie fassungslos. „Und dass ich dir die Kinder vorenthalten würde?“
Rafael biss die Zähne zusammen, bis sein Kiefer schmerzte. Auf seinen dunklen Wangen brannten rote Flecken in Erinnerung an die demütigenden Zurückweisungen in seiner Jugend. Leila wusste nicht alles von ihm. Und deshalb konnte sie sich auch nicht die Hölle ausmalen, durch die er gegangen war.
„Was ist mit dir, Rafael? Gibt es etwas, das du mir nicht erzählt hast und das ich wissen müsste?“, fragte sie hellsichtig.
„Da ist nichts“, behauptete er mit einem lässigen Schulterzucken.
„Oh doch“, beharrte sie. „Bitte, sag mir, was dich quält. Ich bin doch deine Frau. Vor mir musst du keine Geheimnisse haben.“
Sie hatte recht, aber auch diese Erkenntnis machte es ihm nicht leichter, sich zu öffnen. „Es fällt mir unglaublich schwer, darüber zu reden.“
„Versuch es wenigstens“, bat sie weich, schlang von hinten die Arme um ihn und legte ihre Wange an seinen breiten Rücken.
Rafael fühlte sich von einer tröstlichen Wärme durchdrungen und schluckte, um seine Gefühle zu verbergen. „Du weißt, dass mein Vater mich nie als legitimen Sohn anerkannt und mich deshalb auch von seinem Erbe ausgeschlossen hat. Außerdem verbot er mir, jemals einen Fuß über die Schwelle von Wolfe Manor zu setzen.“
„Ich erinnere mich, dass du davon erzählt hast. Aber hat dein ältester Bruder sich nicht mit ihm angelegt und den Kontakt zu deinen Geschwistern durchgesetzt?“
Und dafür würde Rafael ihm immer dankbar sein. Doch Jacob hatte noch viel mehr für ihn getan. Zu Rafaels achtzehntem Geburtstag überließ Jacob ihm seinen eigenen Erbteil. Nach anfänglichem Widerstand hatte Rafael das überaus großherzige Geschenk akzeptiert und es mit Klugheit und Bedacht eingesetzt, um die Lebensumstände für seine Mutter und sich grundlegend zu verbessern.
Leider hatte er seinem Halbbruder nicht einmal persönlich danken können, da Jacob kurz nach dem Tod ihres Vaters ohne ein Wort des Abschieds von Wolfe Manor verschwand. Erst Jahre später waren sie
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