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Zurueck in der Hoelle

Titel: Zurueck in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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Einsatz. »Der letzte Pirat, den es auf dieser Welt gibt.«
    »Ihr meint wohl Piratin«, lächelte Hannah kokett.
    »O ja, Piratin!«, bestätigte Eulenfels und hievte seinen Walrosshintern auf das Podest. »Ihr seid dann Piratin und niemand fragt mehr danach, woher Ihr kommt, wer Ihr einmal ward und wer Euer Bräutigam ist oder Vater.« Er hob seine Hand und streckte sie Hannah entgegen. »Und das alles für den Preis eines so kleinen Rings.«
    »Ja«, nickte Hannah. »Und natürlich für Preußen. Ich meine, ich segle dann doch unter preußischer Flagge. Ich tausche den Totenkopf gegen den Adler.«
    »Ja, und der herrscht dann über die Meere der Welt!« Eulenfels plusterte sich stolz vor ihr auf.
    »Ein Adler, wie Ihr einer seid?«, fragte Hannah.
    Und der selbst ernannte Sonnenminister antwortete geschmeichelt mit: »Ja.«
    »Aha«, nickte das Mädchen. »Aber dann ist der Adler ja fett und kann gar nicht fliegen.«
    Eulenfels stutzte und als er begriff, was Hannah damit vielleicht meinen könnte, hob er verlegen die Schultern.
    »Tja, und außerdem wäre ich nicht der einzige Pirat. Da gibt es noch Will, Höllenhund Will. Den habt Ihr in euren Überlegungen leider vergessen und der hätte ganz bestimmt etwas gegen den Plan. Nein, ich denke, der Kerl hat auch was gegen Euch. Und aus diesem Grund find ich es besser, wenn ich den Ring erst mal behalte.«
    Sie reckte sich lässig und legte die Beine über die Armlehne des Throns. »Ja-mahn, ich behalte den Ring und warte, bis mein Vater hier auftaucht, auch wenn ich ihn nicht ausstehen kann. Und wenn er dann da ist …«
    Sie warf einen Blick auf die Soldaten, die die Musketen wieder erhoben hatten.
    »… dann hör ich mir an, wie Ihr ihm erklärt, dass Ihr mich erschossen habt. Dann schaue ich zu, wie mein Vater Berlin in Schutt und Asche legt, wie er den kleinen Knirps da neben mir köpft.« Sie deutete kurz auf Talleyrand. »Ja, und bevor ich heiraten muss, rufe ich Will, damit er mich befreit. Denn das wird er tun. Das hat er gesagt, oder von wem, glaubt ihr, habe ich diese Kleider bekommen, als ich im ranzigen Westturm saß?«
    Sie stand demonstrativ auf, drehte sich einmal für alle im Kreis und grinste Eulenfels’ Damen an. Die kochten vor Eifersucht.
    »So wünscht sich Will die Frau, die er liebt!«, träufelte Hannah Salz in die Wunde. »Und weil er möchte, dass ich so aussehe, weil er sich hier in Berlin bewegt, ohne dass einer von euch das weiß, ist es für ihn nur ein Kinderspiel, mich zu befreien, wann immer er will.«
    Sie verschränkte die Arme und lächelte stolz.
    »Also, damit sind wir wieder beim Anfang: Was gebt Ihr mir, Gabi und Ihr, Beulenspeck, wenn ich Euch vor meinem Vater beschütze? Wenn ich Euch Euren Hintern rette, und der ist verfuchst noch mal richtig groß.«
    Sie lachte erleichtert über ihren eigenen Witz und genoss dann den Augenblick ihres Triumphs. Eulenfels’ Gesicht zerfloss vor Enttäuschung. Er wedelte kraftlos mit der speckigen Hand. Die Soldaten senkten ihre Musketen und Salome und Ophelia, die Einzigen, die Hannah hätten verraten können, die Eulenfels hätten sagen können, wer den Ring wirklich bei sich hat, bewahrten ihr kleines Geheimnis für sich. Der Ring war das Pfand, das sie für Will unbedingt brauchten, und das hatte Hannah natürlich gewusst. Darauf hatte sie spekuliert und deshalb ging ihr Plan jetzt reibungslos auf.
    Das dachte Hannah zumindest, bis sie ein leises Knistern hörte. Sie schaute verwundert zu Talleyrand, der gerade in diesem Moment einen Brief aus der Tasche zog.
    »Dieser Brief wurde heute im Schloss abgegeben«, erklärte er nüchtern. »Er war an mich adressiert, doch die Botschaft darin ist, glaube ich, eher für Euch. Wollt Ihr ihn lesen?«
    Er hielt ihr den Brief hin, doch Hannah schüttelte ängstlich den Kopf.
    »Also gut, wie Ihr wollt.« Talleyrand zuckte mit den Achseln. »Dann lese ich ihn jetzt vor, denn ich will mich der Bitte dieses leidenschaftlichen Jungen, der ihn geschrieben hat, nicht verwehren.«
    Er holte kurz Luft. Er hüstelte vornehm und als er zu lesen begann, verwandelte seine drahtdünne Stimme jedes Wort in ein Todesurteil.
    »Liebe Hannah,
    ich habe heute mit Freuden gehört, aus welch hohem Hause du stammst und zu welch hohem Schicksal du deshalb bestimmt bist. Das hat mich gefreut. Ja-mahn, wirklich gefreut! Und auch wenn mein Herz der Piratin nachweint, die ich bisher geglaubt habe zu kennen, wünsch ich dir doch für deine Hochzeit viel Glück. Für deine

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