Zurueck in der Hoelle
dachte, du bist der Sonnenminister. Ich dachte, dich kann man vor lauter Glanz nicht übersehen. Oder bist du vielleicht aus Angst vor deiner kleinen Intrige in deinen eigenen Schatten geplumpst? Bist du dir selbst in den Hintern gekrochen, damit dich mein Vater nicht finden kann, wenn er erfährt, was du vorgehabt hast? Dass du ihn mit Hilfe von diesem mickrigen Oberst, diesem Zwerg Talleyrand, aus dem Weg räumen wolltest?«
Sie riss eine Tür auf und stand plötzlich im Thronsaal vor dem erschrockenen Eulenfels. Hannah grinste zufrieden. Sie warf einen Blick in den riesigen Raum, den das Gold an der Decke zu ersticken drohte. Sie prüfte die Säulen, registrierte die Türen und übersah keine Nische, die Platz für einen Hinterhalt bot. Dann wischte sie sich die Furcht von der Nase und ging auf den Freiherrn zu. Auf ihn und die Damen, die inmitten des Hofstaats neben ihm standen.
»Nun, was hat der alte Whistle gesagt?«, seufzte Hannah und die steifgepuderten Kerle wichen wispernd vor ihr zurück. »›Wer dem Teufel die Hand reicht, darf die Hölle nicht fürchten!‹«
Sie warf einen giftigen Blick auf die beiden Damen.
»Ja-mahn, das hat er gesagt, und die Hölle liegt in Paris. Das könnt ihr mir glauben. Das weiß niemand besser als ich. Ich, ja und vielleicht der Schwarze Baron. Hey, Gabi, gibt es dich noch, oder hat dich dieser Fettsack schon an meinen Herrn Vater verscherbelt?«
Sie stellte sich breitbeinig vor den Geheimen Minister, schaute ihm frech in die Schweinsäuglein und fuhr ihm mit dem Zeigefinger über den Walrossbauch.
»Weißt du, Weiß steht dir, Moppel. Es macht zwar nicht schlank. Aber es gibt dir so etwas wie, sagen wir … Würde.«
Sie grinste vielsagend und spürte, wie der Schwarze Baron hinter ihr aus dem Schutz einer vergoldeten Marmorsäule trat.
»Und die ist dir doch wichtig, oder? Die Würde, meine ich.«
Sie zwickte ihn in den Bauch und Eulenfels hopste quiekend zurück.
Wenn eine Dreieinhalbzentnerqualle überhaupt hopsen kann, dachte Hannah und grinste vor Freude bei diesem Gedanken.
»Würde, ja Würde«, raunte sie drohend, wandte sich dabei an Eulenfels’ Damen und strich der, die sich Salome nannte, zärtlich über das Handgelenk, bis sie, von ihr unbemerkt, den kleinen Spitzenbeutel berührte.
»Würde und Stolz!«, flüsterte sie amüsiert.
Dann ließ sie sie stehen und ging durch die vor ihr auseinanderhuschenden in Rüschen gekleideten Angsthasen zu dem Podest, auf dem der Thron des Königs stand: des Königs von Preußen, auf den sich selbst Eulenfels noch nicht zu setzen wagte.
»Ja, Stolz und Würde«, summte sie lustig. »Und falls ihr eine Ahnung habt, was diese Worte bedeuten«, seufzte sie, sprang auf das Podest und flätzte sich auf den Thron. »Falls das so ist, sollten wir uns jetzt vielleicht unterhalten, wie wir mit der neuen Situation umgehen können.«
Sie hob lässig die Hand und ließ Salomes Beutel lustig am Zeigefinger baumeln.
»O, o, Ophelia!«, stotterte die bestohlene Dame in die plötzliche Stille hinein und Hannah sah, wie das Zäpfchen in Eulenfels’ sperrangelweit geöffnetem Mund nervös zu zappeln begann.
Der Angstschweiß floss in kleinen krummen Furchen über die gepuderten Gesichter seines Hofstaats und Hannah fixierte den Schwarzen Baron, der als Einziger versuchte, Haltung zu bewahren.
Er reckte das Kinn, straffte die Schultern und versuchte seine Statur von einem Meter dreiundsechzig auf eins vierundsechzig Komma fünf zu strecken.
Da sang Hannah vergnügt: »Gluck, gluck, gluck, gluck! Die ganze französische Flotte. Gluck, gluck, gluck, gluck! Einfach versenkt. Gabi, o, Gabi. Dafür wird dich mein Vater einen Kopf kürzer machen. Und den Rest, der dann übrig bleibt, benutzt er als Stöckchen für seine Hunde.«
Talleyrand schluckte und er erstickte beinahe an seinem eigenen Hüsteln.
»Doch wenn ihr ganz lieb und nett zu mir seid, dann rette ich euch den Hals. Euch allen, egal wie dreckig er ist oder wie schwarz eure Seele. Ich jage das Heer meines Vaters zum Teufel, denn ich bin die beste Piratin der Welt. Mich kann man ab jetzt nicht mehr besiegen.«
Sie knüpfte Salomes Beutel auf und schüttelte den federleichten Inhalt in ihre Hand.
»Ich habe den Ring der Witwe …«
Hannah erstarrte. Sie wurde ganz blass. Ungläubig schaute sie auf die rosa Perle, die aus dem Beutel auf ihre Handfläche fiel, und dann sah sie das hämische Grinsen der beiden Damen.
Ihr kleinen Biester!, dachte sie giftig und
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