Zurueck in die Nacht
verdrehte, ging ich nun auch den letzten Schritt. „Er… kann
durch die Zeit gehen.“
Ich weiß nicht
genau, was ich als Reaktion erwartet hatte, aber es war bestimmt nicht das, was
nun kam. „Okay. Und weißt du auch, woher er das kann?“ Er klang vollkommen
ernst und gleichzeitig so, als wäre er nicht im Geringsten überrascht. So, als
hätte ich ihm erzählt, dass Arik schwimmen kann. Oder Rad fahren. Als wäre das,
was ich ihm erzählt hatte, vollkommen alltäglich. Und nicht absolut verrückt.
„Äh – bist du
denn gar nicht überrascht?“
„Sollte ich?“
Ich schüttelte
ungläubig den Kopf. „Wäre das nicht normal?“
„Und wenn ich
auch nicht normal bin? Sagst du’s mir denn nun?“
Ich war so
verwirrt, dass ich nicht wusste, wovon er redete. „Was?“
„Woher er das
kann“, wiederholte er geduldig.
Mühsam riss ich
mich zusammen. „Das wollte er mir nie erzählen. Wir haben uns deswegen
gestritten. Weil er so schweigsam war, was das angeht. Aber er hat immer nur
gesagt, es sei am besten so für mich. Am sichersten.“ Ich verdrehte die Augen.
„Er war ziemlich behütend. Er meinte, es sei gefährlich für mich, wenn ich
zuviel über ihn wüsste.“ Ich schnaubte verächtlich.
Wieder
überraschte Jay mich. „Vielleicht hatte er ja Recht.“
Ich traute
meinen Ohren nicht. „Was? Wieso?“
„Naja, wenn man…
anders ist – außergewöhnlich – dann kann man sich schnell Feinde machen.
Vielleicht wollte er dich vor denen beschützen.“
Zögernd nickte
ich. „Ja, vielleicht… Weißt du, er hat befürchtet, dass es irgendwelche Typen
geben könnte, die hinter ihm her sind.“
Er schien
aufzuhorchen. „Was für Typen?“
„Keine Ahnung.
Wie gesagt, er wollte am liebsten, dass ich gar nichts weiß. Aber es muss
irgendwie mit Schottland zusammenhängen. Er hat behauptet, wir würden uns aus
der Zukunft kennen, aus Schottland. Und dass er mich von dort in die
Vergangenheit nach Deutschland zurück gebracht hat, damit ich diesen Typen
nicht begegne. Oder so ähnlich. Ich hab’s nicht ganz verstanden. Und mehr weiß
ich wirklich nicht. Leider.“ Irgendetwas hielt mich davon ab, ihm von unserer
letzten Nacht zu erzählen.
„Okay.“ Jay
stand auf und zog mich mit sich hoch. „Ich denke, ich weiß, was wir tun
müssen.“
„Ehrlich?“ Ich
sah ihn verwundert an. „Und was?“
„Werde ich dir
erklären. Aber nicht jetzt. Gib mir ein bisschen Zeit, okay? Ich muss noch ein,
zwei Dinge klären.“ Er sah mich beschwörend an. „Vertrau mir! Ich gehe jetzt.
Aber ich komme wieder.“
„Wann?“
„Bald. Ich finde
dich.“
Ich musste
grinsen, auch wenn ich ein flaues Gefühl im Magen hatte. „Ja, ich weiß.“
„Ciao, Clarissa.
Wir sehen uns.“ Und damit drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort in
den Wald davon. Er war verschwunden, kaum, dass er die ersten Bäume erreicht
hatte. Es war fast unheimlich. Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter.
Ich blickte noch
eine Weile in seine Richtung, dann klaubte ich mein Sweatshirt vom Boden auf,
klopfte es ab, zog es über und machte ich mich, den Kopf voller Gedanken, auf
den Heimweg.
Ich sah ihn
schneller als erwartet wieder, aber zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, war es
keine zufällige Begegnung. Er rief mich noch am gleichen Abend auf meinem Handy
an (keine Ahnung, woher er die Nummer hatte) und wir verabredeten uns für den
nächsten Tag gleich nach der Schule auf dem Parkplatz. Als ich meine
Verwunderung über den seltsamen Ort ausdrückte, entgegnete er: „Ich hol dich
dort ab. Wenn du nichts dagegen hast, gehen wir dann woanders hin. Wo es
ruhiger ist.“
„Okay.“ Mir war
alles recht, solange ich nur von seinem geheimnisvollen Plan erfuhr. An den ich
zwar nicht so recht glaubte, aber dennoch… Ich hatte ja nichts zu verlieren.
Er stand
tatsächlich schon am Rand des Parkplatzes, als ich am nächsten Mittag dort
ankam, und lächelte mir entgegen. Ich merkte, wie sich auch auf meinem Gesicht
ein erleichtertes Lächeln ausbreitete. „Hi!“
„Hallo,
Clarissa. Bereit?“ Er streckte mir seine Hand entgegen, und automatisch griff
ich zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich ein paar Köpfe neugierig in
unsere Richtung drehten, und die erstaunten Gedanken hätte ich zu gern gehört.
Aber Jay gab mir keine Zeit, meinen kleinen Triumph auszukosten, sondern zog
mich gleich mit sich. „Komm. Es gibt viel zu tun.“
Wir spazierten
zunächst quer durch Kirchdorf (was meinem Ruf mit Sicherheit
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