Zurueck in die Nacht
sehr zugute kommen
würde) und dann lenkte er mich in Richtung Ortsrand, wo es meines Wissens außer
dem Bahnhof mit seinen zwei Gleisen und einem kleinen Industriegebiet nicht
viel zu sehen gab. Ich wurde immer neugieriger, was das Ziel unseres Ausflugs
betraf. Endlich, nach einem etwa halbstündigen Marsch, betrat er das verlassene
Gelände einer ehemaligen Autowerkstatt und drang dann durch ein kaputtes
Fenster in das halbverfallene Gebäude ein.
„Hier kommt nie
jemand her. Genau das, was wir jetzt brauchen.“
Er sah mich mit
einem etwas seltsamen Ausdruck an, und ich konnte den Gedanken nicht
verhindern, dass es vielleicht nicht ganz so schlau von mir gewesen war, ihm
einfach blindlings hierher zu folgen. Dann jedoch beruhigte ich mich wieder
damit, dass wir ja auf dem Hügel und nachts nach dem Kino auch ganz allein
gewesen waren und er mir absolut keinen Anlass zum Misstrauen gegeben hatte.
Jay zog mich
quer durch das verlassene Gebäude hinter sich her und ich musterte mit leichtem
Schaudern den fingerdicken Staub und die riesigen Spinnweben überall – um mich
von den weitaus gruseligeren anderen Spuren tierischen Lebens auf dem Boden
abzulenken. Endlich lotste mein Begleiter mich durch eine niedrige Tür am Ende
der Halle und wir betraten einen kleinen, düsteren Raum ohne Fenster, der früher
wohl mal ein Büro gewesen war. Bis auf ein völlig zerschlissenes Sofa war er
leer und auch nicht einladender als der Rest. Ich versuchte, nicht an all das
zu denken, was wahrscheinlich in den Polstern unter mir hauste, als Jay mich zu
eben dieser Sitzgelegenheit zog und sich darauf niederließ. Da ich nicht vor
ihm stehenbleiben wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als seinem Beispiel
zu folgen. Ich setzte mich, so knapp es eben ging, auf die Sofakante und
ignorierte den aufdringlichen Duft nach Mäusekütteln, der mir in die Nase
stieg. Am besten, ich atmete nur noch durch den Mund, solange wir hier waren. „Und
jetzt?“ Ich war nervös.
Jay sah mich an.
„Also, es ist so. Ich habe ja gesagt, dass ich auch ein paar besondere… Talente
habe. Ich würde sie gerne einsetzen, um dir zu helfen, deinen… Freund zu
finden. Aber es gibt da ein Problem.“
Enttäuschung
überrollte mich wie eine Welle und zeigte mir, wie sehr ich mich an die
Hoffnung geklammert hatte, er könnte Arik tatsächlich finden.
Jay musste den
Ausdruck in meinem Gesicht sofort richtig gedeutet haben, denn er fuhr fort:
„He, keine Angst, ich stehe zu meinem Wort! Glaub mir, wir werden ihn finden!“
Ich schöpfte
wieder ein klein wenig Mut.
„Aber ich kann
das nicht alleine tun.“
„Ich helfe dir
natürlich!“, erwiderte ich schnell.
Er sah mich
ernst an. „Auch, wenn du dafür gewisse Opfer bringen musst?“
Ich musste
schlucken. Opfer? Was meinte er damit? Doch dann rief ich mich zur Ordnung.
Wollte ich Arik finden? Und war nicht Jay, der mit ihm überhaupt nichts zu tun
hatte, bereit, mir zu helfen? Dann war es ja wohl nur recht und billig, auch
einen Beitrag zu leisten. Wie auch immer der aussehen sollte. „Ja, natürlich.
Sag mir einfach, was ich tun soll!“
„Dafür muss du
zuerst etwas über mich wissen. Ich habe dir ja schon gesagt, ich bin auch nicht
ganz… normal. Aber es gibt noch mehr wie mich. Wir leben in einer Art Gemeinschaft.
Mit unseren eigenen Regeln, an die wir uns unbedingt halten.“
Das klang
irgendwie gefährlich. Nach Sekte oder Mafia. Aber das wiederum passte gar nicht
zu Jay, wie ich ihn bisher kannte. Also hörte ich erstmal weiter zu.
„Eine dieser
Regeln ist, dass wir Außenstehende wie dich“ – er lächelte entschuldigend –
„nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen in unsere Geheimnisse einweihen.“
„Ich werde
natürlich niemandem etwas verraten!“, beeilte ich mich zu versichern. „Das
schwöre ich!“
„Das ist eine
unserer Bedingungen“, nickte er.
„Okay. Und was
noch?“
„Du musst so eine
Art… Bündnis mit mir eingehen.“
Das klang
seltsam. „Ihr macht doch nichts Illegales?“
„Nein.“ Die
Antwort kam schnell. „Natürlich nicht. Aber wir müssen uns selber schützen. Und
deswegen lassen wir nur Menschen, die bereit sind, sich mit uns zu verbinden,
an unseren Geheimnissen teilhaben. Tut mir leid“, fügte er hinzu. „Aber so sind
die Regeln. Bist du dazu bereit?“
„Und wie genau
soll das vor sich gehen?“
Er sah mich an.
Prüfend, wie mir schien. Dann zuckte er mit den Schultern. „Ganz einfach. Küss
mich.“
„Was?“ Ich
musste
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