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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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ich. Der Gedanke, auch nur kurz von ihm getrennt
zu sein, war unerträglich.
    Er lachte leise,
hielt mich auf Armeslänge von sich entfernt und sah mich mit einem ganz neuen
Ausdruck in den Augen an. „Und so wirst du ein Teil von mir und ich von dir“,
murmelte er zärtlich.
    Plötzlich
klopfte mir das Herz bis zum Hals. Ich hatte auf einmal das unwirkliche Gefühl,
dass tatsächlich ein Teil von Jay auf mich übergegangen war, während ich ihm im
Gegenzug etwas von mir abgegeben hatte. Es war ein schönes Gefühl. Wunderschön.
    Liebevoll strich
er mir mit seiner freien Hand durch das Haar.  „Wie fühlst du dich?“
    Ich kuschelte
mich, so dicht ich nur konnte, an ihn. „Seltsam. Leicht. Als würde ich gleich
abheben. Halt mich lieber fest.“ Ich drückte mich an ihn.
    Er legte seine
Arme beschützend um mich. „Das ist normal. Daran gewöhnst du dich. So wie auch
an alles andere. Glaub mir, Clarissa – von jetzt an wird alles ganz anders.“
     
    Ich schlief mal
wieder gar nicht in dieser Nacht. Ich fühlte mich schrecklich. Kaum hatte Jay
sich vor meiner Haustür von mir getrennt, überfielen mich nagende
Schuldgefühle. Was hatte ich nur getan? Wie hatte ich mich so gehenlassen
können? Wie hatte ich Arik so vollkommen vergessen können? Ich versuchte, mich
mit dem Gedanken zu trösten, dass ich es ja nur für ihn getan hatte. Gut, das
Ganze war ein bisschen aus dem Ruder gelaufen. Aber was zählte, war doch nur,
dass alles, worauf ich monatelang gehofft hatte, auf einmal in greifbare Nähe
gerückt war. Wir würden Arik suchen und finden, und dann würde alles gut.
    Allerdings
wusste ich immer noch nicht, wie Jay jetzt vorgehen wollte. Er hatte sich sehr
vage ausgedrückt und darauf bestanden, dass ich zunächst ganz normal
weitermachen sollte, während er Vorbereitungen für unsere Mission traf. Meinen
Protest, dass ich mich ja schließlich auch vorbereiten müsste, ignorierte er
völlig. Und auch das war ein Grund, dass ich mich seit Stunden im Bett hin und
her wälzte, bis ich es nicht mehr aushielt. Ich hatte das Gefühl, wenn ich noch
eine Sekunde länger warten müsste, würde ich schreien.
    Da hörte ich
plötzlich seine Stimme.
    „Clarissa!“
    Erschreckt fuhr
ich hoch, machte mein Licht an und blickte ich mich um. Doch es war niemand zu
sehen.
    „Clarissa! Bist
du wach?“
    Er klang total
nah, aber mein Zimmer war nach wie vor leer.
    „Jay? Wo bist
du?“ Ich sprang aus dem Bett und zog mir schnell mein Sweatshirt, das zum Glück
griffbereit auf meinem Schreibtischstuhl lag, über den Schlafanzug.
    „Vor eurem Haus.
Kannst du rauskommen?“
    Vordem
Haus? Zwei Stockwerke tiefer? Und wieso konnte ich ihn dann laut und deutlich
hören?
    „Das erkläre ich
dir, wenn du hier bist!“, antwortete er, und das gab mir den Rest.
    „Wieso kannst du
mich hören? Was ist hier los?“ Hysterie war zwar eigentlich keine meiner
Eigenschaften, aber jetzt gerade fand ich sie verzeihlich.
    „Bitte, komm
runter, dann erklär ich es dir.“
    Mit klopfendem
Herzen schlüpfte ich barfuß in meine Turnschuhe und öffnete vorsichtig die
Zimmertür. Dann schlich ich mich, so leise ich konnte, durch den Flur ins
Treppenhaus und nach unten.
    Jay stand
tatsächlich auf dem Bürgersteig vor unserem Haus und blickte mich an.
    Zögernd ging ich
zu ihm. „Wie hast du das gemacht?“
    „Das ist… eine
Art Nebenwirkung.“
    „Nebenwirkung?
Wovon?“
    „Von unserem Bündnis.“
    „Dass wir durch
Wände sprechen können?“
    „Dass wir nicht
sprechen müssen. Dass wir uns auch so verstehen.“
    Schlagartig
kapierte ich, worauf er hinaus wollte. Mir wurden die Knie weich. „Willst du
etwa sagen, du kannst… meine Gedanken lesen?“ Das durfte doch wohl nicht wahr
sein.
    Aber er nickte.
„Und du meine.“
    Mir wurde flau.
Panisch begann ich zu überlegen, woran ich in den letzten Stunden so alles
gedacht hatte.
    Zum Glück fügte
er hinzu: „Aber nur, wenn du das willst.“
    Mir wurde etwas
leichter zumute. Dann jedoch wurde ich sauer. „Das hättest du mir sagen müssen!
Gibt es sonst noch was?“
    Diesmal sah er
so aus, als wüsste er nicht, was ich meine. „Sonst noch was?“
    „Was du mir
verschwiegen hast.“
    Er wirkte fast
so, als wäre ihm etwas unbehaglich. „Ich habe dir nichts verschwiegen. Ich habe
dir doch gesagt, dass wir verbunden sein werden. Das gehört dazu.“
    „Und was sonst
noch?“ Ich blieb unerbittlich.
    „Nichts.“ Er
zuckte mit den Schultern. „Zumindest nichts Wesentliches.

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