Zurück in Virgin River (German Edition)
würde es vermutlich nicht verstehen, aber er hätte ihr gerne auch in den schlimmsten Momenten der Schwangerschaft beigestanden. Gerne wäre er derjenige gewesen, bei dem sie sich beklagte, den sie für alles verantwortlich machte und dem sie Beschimpfungen an den Kopf würfe. Auch, wenn er davon schon eine Menge abbekommen hatte. Er hasste den Gedanken, dass sie litt, ohnedass er sie umarmen und trösten durfte. So verrückt es klang, er wollte dabei zusehen, wie sie grün im Gesicht wurde, ins Badezimmer rannte und weiß wie ein Laken zurückkam, um in seine Arme zu fallen. Er wäre so gerne ihr Freund gewesen und nicht nur ein unbeteiligter Beobachter. Er hätte gerne gespürt, wie sie nachts ihren dicken Bauch gegen ihn presste. Er hätte gerne gehabt, dass sie ihn aufweckte, wenn sich eines der Babys in ihrem Bauch bewegte. Er sah sie an. „Möchtest du ein paar Kekse?“
„Nein, danke.“
„Du leidest nach fünf Monaten immer noch unter morgendlicher Übelkeit?“
„Ich fürchte. Mel hat gesagt, das kommt vor. Manche von uns haben dieses Glück, und ich gleich doppelt. Meine Hormone spielen offenbar total verrückt.“
Cameron nahm eine Tasse und hängte einen Teebeutel hinein, sich selbst schenkte er einen starken Kaffee ein, schwarz, wie Mel ihn liebte.
„Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll“, begann Abby. „Cameron, ich war gestern Abend ekelhaft und gemein zu dir … Es tut mir leid. Ich habe total die Nerven verloren. Ich bin gar nicht sauer auf dich. Ich fürchte auch nicht, dass du ein schrecklicher Vater wirst. Es liegt einfach nur an dem ganzen Schlamassel, in dem ich stecke. Ich würde gerne nichts mehr damit zu tun haben. Ich möchte dich da raushalten. Ich würde die Babys gerne da raushalten.“
„Verstehe.“
„In der Nacht, als … in der Nacht, als das hier passierte …“ Sie holte tief Luft. „Da war ich wütend und niedergeschlagen, und ich wusste weder ein noch aus … Ich hätte nie gedacht, dass so etwas mit uns geschehen könnte. Ich hätte es nicht zulassen dürfen. Es ist alles meine Schuld.“
„Abby, hier geht es doch nicht um Schuld“, erwiderte er. Dann streckte er die Hand nach ihr aus, aber der Kessel begann zu pfeifen, und er zog sie wieder zurück. Schließlich stand er auf, goss Abbys Tee auf und brachte ihn ihr. Nachdem er sich wiederhingesetzt hatte, sagte er: „Hör zu, gib niemandem die Schuld. Wir waren in der Nacht schon erwachsen, und es war eine schöne Nacht. Sehr schön.“
„Es war ein Fehler“, entgegnete sie. „Das ist nicht die Art, wie ich normalerweise Männer kennenlerne.“
„Das weiß ich. Es ist auch nicht meine Art“, erklärte er. „Wir haben eine zweite Chance verdient.“
Sie seufzte. „Das ist genau der Punkt. Vanni hat mir gestern ordentlich den Kopf gewaschen und mir ernsthaft ins Gewissen geredet. Wenn wir beide Eltern für unsere Kinder sein wollen, müssen wir wenigstens miteinander auskommen. Ich kann dich nicht ewig wie einen Feind behandeln – vor allem, weil du immer nett zu mir warst. Vermutlich weiß ich nur einfach nicht, wie ich mit allem umgehen soll, also wie wir miteinander klarkommen können. Schon gar nicht, wie du für die Kinder ein Vater sein sollst, ohne jemanden wissen zu lassen, dass du der Vater bist.“
„Wir hätten einfach darüber reden sollen. Dazu habe ich nämlich schon ein paar Ideen.“
Abbys Augen weiteten sich. „Ja?“
„Ja“, antwortete er.
Sie stützte das Kinn auf die Hände. „Ich kann es kaum erwarten, zu hören, was du meinst.“
„Zunächst mal sind wir niemandem eine Erklärung schuldig. Und zwar zu keinem Zeitpunkt. Damit geht es schon einmal los. Wir können freundlich miteinander umgehen, ohne Verdacht zu erregen. Wir können uns gelegentlich treffen und uns anfreunden. Abby, du bist eine bezaubernde, sexy aussehende, lustige Frau. Du bekommst Zwillinge, und ich bin Kinderarzt. Ich liebe Babys und bezaubernde Frauen. Dass du eine schwangere Singlemutter bist, würde mich nicht abschrecken. Warum auch? Dass jemand wie ich sich von einer Frau wie dir angezogen fühlt, ist nicht abwegig, selbst wenn wir diese Nacht nicht miteinander verbracht hätten. Die Leute werden vielmehr glauben, es sei wie im Film. Mit einem Happy End.“
„Davon verstehe ich nichts.“
„Tja, ich schäme mich nicht für das, was passiert ist. Wenn wir wollten, könnten wir einfach sagen, dass wir uns in Grants Pass kennengelernt haben, während du zu Besuch bei guten Freunden warst.
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