Zurück in Virgin River (German Edition)
Hand. „Ich weiß, Kleines“, sagte er. „Im Moment zerfleischt er sich selbst. Er ist völlig fertig, und er hat noch keine Ahnung, wo er sich da hineinmanövriert. Ich habe ihm angeboten, ihn mit nach Hause zu nehmen, um bei uns zu wohnen. Wir hätten ihn zur Reha gefahren, wann immer er gewollt hätte, aber er hat abgelehnt. Er hat gesagt, dass er nicht will, dass ihm jemand dabei zusieht, wie er versucht, mit der Situation zurechtzukommen. Bevor wir weggefahren sind, habe ich noch mit einem Sozialarbeiter darüber gesprochen. Er hat mir gesagt, dass Rick in San Diego damit rechnen muss, dass ihn alle beobachten werden. Sie haben da eine neue Spezialabteilung, die sich um Traumaschäden und deren Behandlung kümmert. Dort gibt es auch eine große Abteilung, die sich speziell mit Amputierten beschäftigt. Sie kümmern sich da um alles, angefangen bei der Orthopädie bis hin zur psychologischen Betreuung und der medikamentösen Therapie. Egal, ob Rick dagegen ankämpft oder die ganze Zeit herumschreit, solange er dort ist, wird man ihn seinem Zustand entsprechend behandeln. Und dieses verlorene Bein ist nicht das Einzige, das ihn beschäftigt.“
„Was beschäftigt ihn denn noch?“, wollte Liz wissen. „Ich bin nämlich nicht sicher, ob ich alles verstanden habe. Hast du eine Idee?“
Jack zuckte die Achseln. „Es könnte sein, dass es sich um das, was man gemeinhin Kriegsmüdigkeit nennt, handelt. In Wirklichkeit geht es um den Schock nach traumatischen Erlebnissen. Wenn man unfreiwillig schreckliche Sachen mit ansehen oder machen muss, reagiert man unter Umständen mit Ablehnung, Wut und Angst. Rick bekommt zwar eine gute Beinprothese, doch sein Bein bekommt er trotzdem nicht mehr wieder. Er ist schwer verletzt und macht sich Gedanken über Zukunft und Vergangenheit. Seine Kriegsvergangenheit. Er kommt jetzt an einen Ort, wo man bestmöglich damit umgehen wird. Dort kann man ihm wirklich helfen. Besser als du und ich es jemals könnten. Esschmerzt zwar, dass er unsere Hilfe abgelehnt hat, aber es ist vermutlich das Beste, das passieren konnte.“
„Ich hoffe, er findet wieder zu sich selbst zurück“, sagte Liz. „Denn egal, was passiert, ich werde ihn vermutlich mein Leben lang lieben.“
Sie lehnte sich an Jacks Schulter und sagte, ohne ihn anzusehen: „Erinnerst du dich noch daran, als ich schwanger wurde?“ Sie lachte bitter. „Schwanger mit fünfzehn. Lieber Himmel! Und jetzt erzähl du mir was über Schmerzen, Angst und Wut …“
„Rick war erst siebzehn“, wandte Jack ein.
„Und er hat für mich getan, was er konnte. Er hat mich vor den Mädchen in meiner Schule beschützt, die mit dem Finger auf mich zeigten und sich über mich lustig gemacht und mich gequält haben. Er hat sich mit einem Kerl geprügelt, weil der etwas Fieses über mich gesagt hat. Rick hat mich verteidigt. Er wollte nicht heiraten, aber ich wollte es unbedingt, weil ich so eine große Angst vor dem Alleinsein hatte und dass meine Mutter und meine Tante mir das Baby wegnehmen könnten …“ Sie sah Jack lächelnd an. „Und dann ist er mit mir weggelaufen. Er hat immer versucht, mir das Gefühl zu geben, dass er sich um alles kümmert, was ich brauche.“
Jack erwiderte ihr Lächeln und strich ihr übers Haar. „Ihr seid damals nicht weit gekommen“, sagte er. Er war ihnen gefolgt und hatte sie wieder nach Hause zurückgebracht.
Sie spielte wieder einmal mit ihrem Diamantanhänger und bewegte ihn an der Kette hin und her. „Weißt du, was ich am liebsten tun würde? Ich würde gerne nach San Diego trampen und vor der Tür seines Krankenzimmers schreien, weinen und betteln.“
„Wow“, sagte Jack.
„Einerseits, andererseits aber auch nicht. Ich sehe ja, dass er mich im Moment nicht mag, und das würde alles nur noch schlimmer machen. Ich habe nur keine Ahnung, was ich stattdessen machen soll.“
„Hast du dich je um diese Selbsthilfegruppen gekümmert?“
Liz seufzte. „Jack, wenn du nicht mit einem Marine verheiratet bist, hat niemand Zeit für dich. So ist es.“
„Ich dachte, die Menschen in diesen Gruppen würden …“
„Die Regeln brechen?“, fragte sie. „Nein, Jack. Ich glaube, diesmal bin ich ganz alleine auf mich gestellt.“
Erneut lächelte er und wuschelte ihr durchs Haar. Er hatte keine Erfahrung mit so etwas. Es gab kein Mädchen von früher, bei dem er bedauert hätte, dass er es gehen lassen hatte. Und er war sich nicht einmal mehr sicher, dass Rick und Liz trotz allem, was sie
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