Zurück in Virgin River (German Edition)
wird darüber hinwegkommen. Oder wir helfen ihm dabei, drüber hinwegzukommen.“
„Mel sucht schon nach jemandem, mit dem er sprechen kann. Einer professionellen Therapie“, sagte Jack. „Ich habe alle Physiotherapeuten der Gegend herausgesucht, aber er braucht auch noch was anderes.“
„Weiß Liz, dass er nach Hause kommt?“, fragte Mike.
„Ja. Weil ich es ihr gesagt habe. Rick hat sich nicht mal die Mühe gemacht, ans Telefon zu gehen, wenn sie ihn anrief. Und zurückgerufen hat er erst recht nicht. In den beinahe zwei Monaten hat er nicht einmal mit ihr gesprochen!“ Jack verzog missbilligend das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Am liebsten würde ich ihn mal kräftig durchschütteln, allerdings würde das nichts nützen, ich kann nichts dagegen machen.“
„Der Junge ist total durcheinander“, erwiderte Paul.
„Er weiß einfach nicht, wie schlimm es erst wird, wenn er endlich damit anfängt, sich mit allem auseinanderzusetzen, und dann feststellen muss, dass er alle Brücken hinter sich abgebrochen hat“, schimpfte Jack. „Fragt mich mal, wie ich mich darauf freue, zehn Stunden mit ihm in einem Auto zu sitzen.“
„Vielleicht schläft er die ganze Fahrt über.“
„Mach es ihm nicht so schwer, Jack. Du hast es selbst gesagt, es ist ja nicht so, als ob er sich absichtlich so verhalten würde.“
„Ja, ja. Es ist halt schwer. Ich war immer beeindruckt von seiner Stärke. Und jetzt … ist sein Glas nicht mal mehr halb voll. Versteht ihr, was ich meine?“
„Na ja, jeder darf mal neben der Spur sein“, sagte Mike.
„Ja. Nur, dass ich alles akzeptieren kann außer Selbstmitleid. Alles. Aber sich selbst leidzutun ist nur was für Weicheier.“
Mike grinste. „Weil du selbst noch nie nachsichtig mit dir gewesen bist? Oh, Alter, wenn du wüsstest, wie oft ich mich schon selbst bemitleidet habe. Da würden dir die Haare zu Berge stehen. Mann, ich war mal in einem so tiefen Loch …“
„Doch du bist wieder rausgekommen“, unterbrach ihn Jack. „Du bist selbst herausgekrabbelt.“
„Allerdings nicht, als du es für richtig gehalten hast, Jack, sondern als ich so weit war“, erklärte Mike. „Bleib locker.“
„Ja, ist ja gut.“
„Vielleicht sollte ich ihn abholen“, schlug Mike vor. „Jack, du bist nie wirklich angeschossen oder bombardiert worden. Vielleicht sollte besser ich ihn abholen.“
„Ich fahre“, sagte Jack. „Es wird schon schiefgehen.“
Am nächsten Morgen steckte Jack sein Handy ein, welches nur außerhalb der Berge funktionierte. Dann warf er seinen Rucksack in den Kofferraum.
„Jack, bitte hab Geduld mit ihm“, bat Mel. „Deine Erwartungen an Rick waren schon immer sehr hoch. Du vermisst ihn und willst, dass er wieder zurückkommt und sein altes Ich wiederfindet, weil er dir wichtig ist und weil er dir fehlt.“
„Ich weiß“, sagte Jack. „Und weil ich will, dass er endlich keine Schmerzen mehr hat. Alle sind mehr als bereit, ihm zu helfen. Er braucht weder Schmerzen zu leiden noch Angst zu haben. Sorgen muss er sich auch keine machen. Wir sind alle für ihn da. Aber er verschanzt sich hinter dieser unsichtbaren Mauer. Das ist schrecklich.“
„Du musst ihn reden lassen. Und versuch nicht, ihm zu sagen, was er empfinden soll.“
„Ich weiß“, wiederholte Jack seufzend. „Und wenn er nicht sprechen will?“
„Denk daran, dass du willst, dass er mit dir redet, weil du ihn vermisst. Wenn er noch nicht dazu bereit ist, dann lass ihn in Ruhe.“
„Ich will doch nur wissen, warum er nicht wenigstens bei Liz anrufen konnte, um ihr zu sagen, was …“
„Jack, das müssen die beiden miteinander klären. Es geht nur sie etwas an. Wenn er nach Hause kommt, wird er sich damit auseinandersetzen müssen, weil er dann von Angesicht zu Angesicht mit ihr sprechen muss und sich nicht mehr hinter seiner Mailbox verstecken kann. Jack, weißt du, was dein Schwachpunkt ist? Du warst bis vierzig nicht in der Lage, dich zu verlieben, und jetzt glaubst ausgerechnet du, dass du alle Beziehungen retten kannst.“ Mel schüttelte amüsiert den Kopf. Dann stellte sie sich auf Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss. „Du hast das Herz am rechten Fleck, so viel ist sicher. Sieh nur zu, dass dein Mundwerk rechtzeitig schweigt.“
„Zu Befehl.“
„Und fahre um Himmels willen vorsichtig. Ich brauche dich unbedingt wieder zurück.“
9. KAPITEL
A ls Cameron an jenem Morgen die Klinik betrat, wartete bereits ein Patient auf ihn. Mel war schon früher
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