Zurück in Virgin River (German Edition)
Angst davor, alt zu werden und in der Falle zu sitzen.“
Danach herrschte für einen kurzen Augenblick Schweigen, bis Shelby die Stille unterbrach. „Wow. Darauf wäre ich nie gekommen.“
„Weshalb auch? Ihr seid beide noch jung und habt noch ein langes, beständiges Liebesleben vor euch. Und ich fühle mich bei einem Mann wie Walt auch ganz bestimmt nicht in der Falle. Darum geht es nicht.“ Sie sah erst Vanni und dann Shelby an, bevor sie sich wieder dem Panorama der großartigen Berglandschaft widmete. „Ich glaube, ich könnte nicht mit dem Gedanken leben, ihn in eine Falle gelockt zu haben. Denn was ist, wenn eine neue Rolle auf mich wartet, die ich unbedingt spielen und ausprobieren will? Ich dachte zwar, dass ich reif für den Ruhestand wäre und das Filmgeschäft endlich hinter mir lassen könnte, aber dann bot man mir diese Traumrolle für eine fünfundsechzigjährige Schauspielerin an. Ich konnte einfach nicht widerstehen. So bin ich. Ich will die Sache mit Walt nicht verderben, und ich will weder ihn noch diese wunderbare Landschaft verlassen.“ Sie lachte. „Vor Jahren steckte ich schon einmal in einem ähnlichen Dilemma. Danach hatte ich eigentlich mit den Männern abgeschlossen. Tatsache!“
„Vermutlich würde Daddy sich gar nicht von dir oder deiner Karriere in die Falle gelockt fühlen“, mischte sich Vanessa ein.
Daraufhin sprach Muriel lange Zeit kein Wort mehr. „Keine Ahnung. Er fragt mich zwar immerzu, wann die Dreharbeiten zu Ende sind, doch er weigert sich, mir zu versprechen, mich mal aneinem Wochenende in Montana zu besuchen.“ Und nach einer weiteren langen Schweigeminute sagte Muriel schließlich: „Ich hätte die Schauspielerei am besten schon vor Jahren aufgeben und mich der Pferdezucht widmen sollen.“
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, als weder Jack noch Preacher oder Mike und Paul Väter gewesen waren. Damals hatten sie auch noch keine Häuser besessen, und die Wohnung über der Bar war noch nicht für Preachers Familie ausgebaut worden. Sie hatten zu der Zeit alle irgendwo am Stadtrand gewohnt und sich mehrmals in der Woche zum gemeinsamen Abendessen getroffen. Inzwischen kostete es sie erhebliche Mühe, einen gemeinsamen Termin zu finden, um sich in der Bar zu treffen.
Doch das störte Jack gar nicht mal so sehr, da er seine alten Kumpels trotzdem beinahe täglich sah. Es konnte allenfalls vorkommen, dass ein paar Tage vergingen, ohne dass er ihre Frauen getroffen hatte. Denn die Jungs kamen eigentlich immer auf ein Bier oder zum Essen in der Bar vorbei. Nur nicht unbedingt alle gleichzeitig. Jack vermisste die alte Truppe. Er fand, es war wieder mal höchste Zeit für ein Treffen, denn er brauchte die Unterstützung seiner Kumpels, da er sich morgen auf den Weg nach San Diego machen würde, um Rick nach Virgin River zu holen.
Dabei legte Rick gar keinen Wert auf seine Begleitung. Er hatte zu ihm gesagt, er solle zu Hause bleiben und ihn, wenn es ihm nicht zu viel Mühe machte, von der Bushaltestelle abholen. So als ob er nur ein alter Nachbar wäre, den Rick nicht weiter behelligen wollte. Der Junge kam, nachdem man ihn im Irak in die Luft gejagt hatte, endlich wieder nach Hause, und er, der Rick mehr als alles andere liebte, sollte sich keine Umstände machen? So funktionierte das nicht. Jacks Erfahrungen waren da jedenfalls andere.
Mike kam direkt durch die Hintertür zu ihm hinter den Tresen. Er zapfte sich sein Bier gerne selbst. Außerdem stand er gerne neben Jack hinter der Bar. Kaum eine Minute später hörten sie, wie Paul sich vor der Tür den Matsch von den Stiefeln stampfte, bevor er eintrat. Paul setzte sich an die Theke undklopfte zweimal aufs Holz, um zu signalisieren, dass er ein Bier gebrauchen konnte.
Kurze Zeit später fragte Paul: „Bist du so weit?“
Jack hätte wissen müssen, dass sie gekommen waren, um ihn moralisch zu unterstützen. Die Sache mit Rick war für sie alle schwer gewesen, aber am härtesten war ganz klar er betroffen. „Ja“, sagte Jack. „Ich fahre um fünf Uhr los, falls ich nicht verschlafe. Dann mache ich mich auf den Weg nach Süden, übernachte da, hole Rick ab und bringe ihn nach Hause.“
„Gut, ihn bald wieder hier zu haben“, sagte Mike.
„Er ist nicht mehr so, wie er früher war“, gab Jack zu bedenken. „Er hat ein falsches Bein und eine Menge durchgemacht.“
„Wir alle waren so kurz danach verändert und nicht mehr wir selbst“, begann Paul Rick zu verteidigen. „Er ist noch ein Junge. Er
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