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Zurueck ins Glueck

Titel: Zurueck ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Higgins
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schmal, dass er keinerlei
Ausweichmöglichkeit bot. Sie betrachtete die hohen Erdwälle zu beiden Seiten – dort kam sie nicht hinauf, die Hänge waren zu steil. »Tut mir leid, Wendy, ich muss Schluss machen. Rufst du morgen bei mir im Büro an? Sag ihnen, sie können mich über Handy erreichen, aber ich muss noch eine Woche oder etwas länger hierbleiben.«
    »Mache ich. Wir vermissen dich, Sam. Wenn ich noch irgendetwas für dich tun kann, ruf mich an.«
    Doch Samantha hörte gar nicht mehr zu, denn in diesem Moment kam Pedro um die letzte Biegung vor ihr; er galoppierte auf dem prächtigsten Pferd, das sie je gesehen hatte, den Lehmweg entlang – es war ein mächtiges schneeweißes Tier, das die Ohren eng an den Kopf gelegt hatte und vor Schweiß dampfte. Pedros Mantel blähte sich wie ein Segel, als er auf sie zujagte. Den Hut hatte er sich tief in die Stirn gezogen, die breite Krempe verbarg seine Augen. Das Donnern der Hufe hallte jetzt in ihren Ohren wider und jagte ihr Todesangst ein. Panikerfüllt blickte sie nach rechts und links. Nirgendwo gab es eine Fluchtmöglichkeit.
    Sie erstarrte wie ein vom Scheinwerferlicht geblendetes Reh. Alles ging so furchtbar schnell.
    »Sam!«, schrie Wendy in ihr Handy.
    Samantha vermochte sich nicht vom Fleck zu rühren. Wie angewurzelt blieb sie stehen und wartete auf den Zusammenprall – fast meinte sie schon zu hören, wie ihre Knochen brachen.
    »Sammy?«, drang Wendys Stimme wie aus weiter Ferne an ihr Ohr.
    Im selben Moment hörte sie das Kratzen und Knirschen von Hufen auf dem festgetretenen Lehm. Sie riss
die Augen auf und sah Pedro in den Steigbügeln stehen und all seine Kraft aufbieten, um das mächtige Pferd zum Stehen zu bringen. Das Tier grub die Hufe in den Boden und wäre beinahe auf den Hinterläufen weggerutscht, fing sich dann aber wieder und kam direkt vor Samantha zum Stillstand. Sie konnte seinen warmen Atem auf ihrem Kopf spüren.
    »Was tust du denn da, du verrücktes Frauenzimmer?«, herrschte Pedro sie an, als er aus dem Sattel sprang. »Wolltest du dich umbringen?«
    Samantha starrte ihn benommen an.
    »Warum bist du nicht ausgewichen?«, fragte er ehrlich erstaunt über ihre Dummheit, dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf sein Pferd, sprach beruhigend auf das Tier ein und ließ die Hände behutsam über sein Vorderbein gleiten. Das Pferd erzitterte unter der Berührung. Pedro begann, die Hinterbeine abzutasten; vermutlich überprüfte er, ob es sich irgendeine Verletzung zugezogen hatte. Nach einer Weile richtete er sich auf und betrachtete Samantha mit einer Mischung aus Ärger und ungläubiger Verwunderung. »Verrücktes Frauenzimmer«, wiederholte er kopfschüttelnd, dann nahm er sein Pferd am Zügel und führte es zum Haus.
    Erst jetzt nahm Sam die aus ihrem Handy gellende Stimme wieder bewusst zur Kenntnis.
    »Sa-man-tha!«
    »Ja?«
    »Was zum Teufel ist bei dir los? Alles in Ordnung?«
    »Ich muss jetzt Schluss machen, Wendy. Sag allen, dass es mir gut geht und ich in ungefähr einer Woche wieder da bin«, erwiderte sie, hörte aber selbst, dass ihre Stimme seltsam hohl klang.

    »Mit wem hast du da eben gesprochen? Häng jetzt nicht ein! Bist du okay? Ist jemand bei dir?«
    »Ja. Nein. Pedro.«
    »Pedro? Wer ist denn das nun wieder?«
    Samantha drückte wortlos auf die rote Taste und brach das Gespräch ab.
    Dann folgte sie dem Weg hinten um das Haus herum, den Pedro eingeschlagen hatte. Er ging mit dem Pferd am Zügel zwischen den Reben hindurch auf ein paar kleine Nebengebäude zu, die sie während ihres Rundgangs mit Pablo gar nicht bemerkt hatte. Als sie näher kam, hörte sie ihn mit dem Tier sprechen, das zur Antwort leise wieherte. Statt um die Ecke zu biegen und den Innenhof zu betreten, blieb sie unschlüssig stehen und lauschte. Den Geräuschen nach zu urteilen, hatte Pedro dem Pferd den Sattel abgenommen und begann, es zu striegeln. Wieder einmal bereute sie bitter, kein Spanisch zu verstehen. Wenn Pedro mit ihr sprach, klang seine tiefe Baritonstimme monoton und leblos, jetzt hob und senkte sie sich im Rhythmus einer eigentümlich faszinierenden Melodie. Der Ton verriet ihr, dass er lächelte. Dann schien er sich bei seinem Pferd für das, was soeben passiert war, zu entschuldigen. Samantha konnte die Worte zwar nicht verstehen, wohl aber die Gefühlsregung, die aus ihnen sprach. Als Pedro leise zu lachen begann, hielt es sie nicht länger auf ihrem Lauschposten. Zögernd trat sie um die Ecke und in sein Blickfeld. Wie

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