Zurueck ins Glueck
Wenn sie einen kleinen Judge unter dem Herzen trug, war es die Pflicht der Familie, sich um sie zu kümmern.
So saßen nur Cameron und Victoria am Frühstückstisch.
»James nimmt sich also ein paar Tage Auszeit?«, stellte Victoria fest, während sie ihren Toast hauchdünn mit Butter bestrich.
»Mehr als nur ein paar Tage, fürchte ich, Grandma«, orakelte Cameron düster, ehe er einen Schluck schwarzen Kaffee trank.
»Und was ist mit dir, junger Mann? Hast du dir schon Gedanken über deine Situation gemacht? Immerhin hat sich für dich ja einiges geändert.«
»Nein, Gran. Ehrlich gesagt gebe ich mir größte Mühe, nicht darüber nachzudenken.«
»Das halte ich für ziemlich blauäugig.« Victoria zuckte die Achseln. »Meiner Meinung nach liegt die Lösung für dieses Problem klar auf der Hand. Oben im Gästeflügel
befindet sich eine junge Frau, die bis über beide Ohren in dich verliebt ist. Außerdem erwartet sie ein Kind von dir, und so wie ich das sehe, besteht ihr größter Vorzug momentan darin, dass sie nicht mit dir verwandt ist. Findest du nicht, dass du zu deiner Verantwortung stehen und das arme Mädchen heiraten solltest?«
»So einfach ist das nicht, Gran. Sie hat mich mit dieser Schwangerschaft nach allen Regeln der Kunst hereingelegt.«
»Ich wage zu behaupten, dass du alt genug bist, um zu wissen, wo die kleinen Kinder herkommen, Cameron. Also war dir auch klar, was passieren konnte, als du dich mit ihr eingelassen hast.«
»Schon, aber ich dachte doch, sie passt auf!«
»Wie dein Vater...« Victoria seufzte verhalten.
»Wie bitte?«
»Ach, nichts. Hör zu, Cameron, du brauchst eine Braut. Sie braucht dich. Willst du nicht wenigstens einmal darüber nachdenken?«
Cameron nickte widerstrebend. »Allmählich komme ich zu der Überzeugung, dass die Judges einfach kein Glück in der Liebe haben. Sieh dir nur Caroline und Marcus an. Und Stephanie und David.«
»Was ist mit Steph und David?« Stephanie kam in die große Küche und zerzauste ihrem Bruder das Haar. »Guten Morgen, Grandma.« Sie beugte sich zu der alten Frau und küsste sie auf die Wange.
David trat hinter ihr mit den beiden Mädchen in den Raum.
»Danke, dass du letzte Nacht hiergeblieben bist, David. Du warst uns eine große Hilfe.« Victoria nickte dem Mann ihrer Enkelin zu. David schenkte ihr ein strahlendes
Lächeln, dann wechselte er einen Blick mit Stephanie, der Victoria nicht entging. Sie mochte ja alt sein, aber sie erkannte frisch erblühende Liebe, wenn sie sie sah. Mit etwas Glück würden die beiden wieder den Weg zueinander finden.
»Wie geht es Caroline?«, erkundigte sie sich. »Hat einer von euch sie heute Morgen schon gesehen?«
»Ich habe kurz bei ihr hereingeschaut«, erwiderte Stephanie. »Sie ist ziemlich durcheinander. Gestern Abend hat sie als Erstes Marcus vor die Tür gesetzt; er ist mit Sack und Pack sofort verschwunden. Sie ist stinksauer auf ihn, aber noch wütender auf Mum, glaube ich. Was hat sich Rose nur dabei gedacht?« Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
Victoria ergriff das Wort. »Ich will ihr Verhalten bestimmt nicht beschönigen oder entschuldigen, aber ich denke, deine Mutter stand gestern Abend unter einem schweren Schock. Sie und James sind bald vierzig Jahre miteinander verheiratet, und plötzlich verlässt er sie Knall auf Fall. Sie ist völlig verstört, zieht sich in ihr Zimmer zurück wie ein Tier in seine Höhle, und da ist auf einmal ein junger Mann, bei dem sie Trost suchen kann. Ich verstehe schon, dass man sich in dieser Situation vergessen kann.«
»Sie ist alt genug, um seine Mutter zu sein«, fauchte Cameron.
Und James ist alt genug, um Gillians Vater zu sein , dachte Victoria, behielt das aber für sich. Je weniger Worte darüber verloren wurden, desto besser.
»Ist Paul irgendwo in der Nähe? Ich will gleich nach Dublin«, fragte Cameron, um das heikle Thema zu wechseln.
»Paul hat das Wochenende frei. Er hat mich gestern Abend um ein paar Tage Urlaub gebeten, und ich habe sie ihm bewilligt«, antwortete Victoria.
»Um Himmels willen, Gran, warum das denn nur?«, schnarrte Cameron ungehalten.
»Da weder dein Vater noch deine Mutter hier waren, lag die Entscheidung bei mir, junger Mann. Wenn du so dringend nach Dublin willst, wirst du ausnahmsweise einmal selbst fahren müssen. Und nimm das junge Ding da oben gleich mit. Ich bin zu alt für eine Neuauflage des gestrigen Theaters.«
Es war schon fast Lunchzeit, als es Cameron endlich gelang, den Piloten
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