Zurueck ins Glueck
versucht hatte, die Hochzeit platzen zu lassen. Er konnte einfach nicht glauben, dass sie und die Katie Garcia, die seit dreißig Jahren in seiner Erinnerung herumspukte, ein und dieselbe Person waren.
Katie Garcia war eine vor Leben sprühende, unbekümmerte, hinreißende Frau gewesen. Kein Mann auf der Party hatte sich ihrem Zauber entziehen können. James musste lächeln, als er an das freche schwarz-weiße Minikleid dachte, das sie an jenem Abend getragen hatte. Diese Katie und die fast zum Skelett abgemagerte, verlebte Frau, die gestern in der Kirche von Fiddler’s Point einen Skandal entfacht hatte, hatten nichts miteinander gemein. Sie wies noch nicht einmal irgendeine Ähnlichkeit mit Samantha auf, die wohl eher ihrem Vater nachschlug – wer immer das auch sein mochte. James lief ein Schauer über den Rücken, als er das Krankenhaus betrat. Nach der gestrigen Bettenverwechslung wusste er genau, wo Katies Zimmer lag, und mit etwas Glück
würde er es erreichen, ohne einem Weißkittel in die Arme zu laufen.
In der Notaufnahme war alles ruhig. Um halb acht an einem Sonntagmorgen waren die meisten Unfall- und Schlägereiopfer der vergangenen Nacht bereits versorgt und wieder nach Hause geschickt worden. Er klopfte leise an Kathleens Tür.
»Ja?«, ertönte eine schwache Stimme.
Er steckte den Kopf in den Raum. »Hallo, Katie. Ich bin es, James Judge.«
»Oh.«
»Darf ich hereinkommen?«
»Ist Samantha irgendwo in der Nähe?«
»Äh... nein, ich glaube, sie ist zum Rathnew Manor zurückgefahren. Ich habe sie nicht gesehen, aber ich denke, sie hat das Taxi genommen, mit dem ich gekommen bin.«
»Also hat sie es nicht länger bei mir ausgehalten. Ich kann ihr keinen Vorwurf daraus machen.« Kathleen seufzte bekümmert. »Komm rein, oder willst du die ganze Zeit da an der Tür stehen bleiben«, sagte sie dann.
James trat zögernd in den Raum. Plötzlich bedauerte er, auf dem Weg nicht ein paar Blumen oder eine Schachtel Pralinen besorgt zu haben.
»Tut mir leid, ich habe dir gar nichts mitgebracht. Ich hatte es so eilig, hierherzukommen.«
»Tatsächlich?«, fragte sie sarkastisch, dabei sah sie ihm direkt in die Augen.
Nach einem langen Blick auf die Frau in dem sterilen Krankenhausbett wusste James mit absoluter Sicherheit, dass er wirklich Katie Garcia vor sich hatte. Das Leben
hatte es nicht gut mit ihr gemeint, sie wirkte verhärmt und vorzeitig gealtert, aber die großen Augen, die jetzt auf ihm ruhten, schienen noch immer bis auf den Grund seines Herzens blicken zu können. Auch die herzförmigen Lippen erkannte er sofort wieder. Sie waren schmaler geworden und von kleinen Fältchen umgeben, gehörten aber unzweifelhaft Katie Garcia.
»Katie, als Erstes möchte ich dir sagen, dass es mir entsetzlich leidtut, was du meinetwegen alles hast durchmachen müssen«, begann er stockend.
»Das kommt ein bisschen spät, meinst du nicht, James?« Die Verbitterung und Resignation in ihrer Stimme schnitt James ins Herz.
»Kathleen…«, flüsterte er hilflos. Er wusste nicht mehr weiter.
Sie senkte die Lider und betrachtete ihre Hände auf der Bettdecke. Irgendwann im Lauf der Nacht hatte die Schwester sie wieder an den Tropf angeschlossen, stellte sie ohne jedwedes Interesse fest. »Ich weiß, ich weiß, es tut dir leid. Verrate mir nur eines, James. Wie konntest du deine Zustimmung zu dieser Heirat geben? Weißt du, gegen wie viele Naturgesetze eine solche Verbindung verstößt?«
»Das ist es ja gerade, Katie. Ich hatte keine Ahnung, dass Samantha meine Tochter sein könnte. Erstens nannte sie sich White und nicht Garcia, und zweitens wusste ich nicht, dass du damals ein Kind von mir erwartet hast.«
Katies Kopf fuhr hoch, ihre Züge verzerrten sich zu einer Grimasse. »Lüg mich nicht an, James! Hast du mir nicht schon genug angetan? Warum willst du mich jetzt noch weiter quälen? Habe ich nicht alles getan, was du
wolltest? Habe ich dich nicht all diese Jahre in Ruhe gelassen?«
»Aber Katie, das Letzte, was ich will, ist dir wehzutun. Ich lüge nicht, das schwöre ich dir beim Grab meines Vaters. Ich war vollkommen ahnungslos. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass du von mir schwanger warst?«
Kathleen brach in Tränen aus. »Du wusstest es. Natürlich wusstest du es. Ich habe dir geschrieben. Du hast mir geantwortet. Warum bist du so grausam? Ich stehe das alles nicht noch einmal durch!«
»Wovon redest du eigentlich? Wann hast du mir geschrieben?« James’ Verwirrung wuchs.
Kathleen
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