Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
damals in das Café stolziert kamst. Ich war total perplex, dass du mit mir geredet hast. Und wie du mit mir geredet hast! So etwas habe ich noch nie mit einem Mann erlebt. Ich war völlig verwirrt, absolut sprachlos. Weißt du noch, wie du mir das Geld fürs Taxi in die Hand gedrückt hast? Mann-oh-Mann, ich hätte dich am liebsten erwürgt. Es war so erniedrigend. Und du warst dermaßen frostig und beherrscht, dass ich bei dreißig Grad im Schatten beinahe an einem Kälteschock zugrunde gegangen wäre.“
Sie nahm Danilos Hand und hielt sie an ihre Wange. „Seit Cat nicht mehr bei mir ist, führe ich Selbstgespräche wie eine senile, alte Schrulle. Ich hasse die leere Wohnung und ich vermisse die Streitereien mit der Katze. Ich vermisse ihr Lachen und ihre albernen Sprüche. Mein Gott, einen solchen Menschen … finde ich nie wieder.“
Hastig wischte sie s ich Augen und Wangen trocken. „So viel wie in den letzten Wochen habe ich mein Lebtag nicht geheult. Blöd, echt mal!“
„ Das macht doch nichts, Karo. Eine Schwangerschaft verändert bekanntlich jeden Menschen. Jede Frau.“
„ Darauf könnte ich ganz gut verzichten.“
Ihr Tonfall gab Danilo keinen Aufschluss darüber, ob sie damit ihre Schwangerschaft oder lediglich die damit einhergehenden Veränderungen meinte. Er wagte nicht zu fragen aus Angst, sie könnte etwas erwidern, das er nicht hören wollte.
„ Danke für alles. Habe ich dir überhaupt schon einmal gesagt, wie sehr ich dich mag? Und dass ich dich wirklich brauche und aus diesem Grund nie vergessen werde, was du mir versprochen hast?“
Karo stand auf und strich ihre Kleidung glatt. „So, jetzt geht es mir schon wesentlich besser und das habe ich allein dir zu verdanken.“
M it einem zärtlichen Lächeln beobachtete sie, wie Danilo seinen langen Körper auseinanderfaltete, als er sich ebenfalls vom Boden erhob. Dabei erinnerte er sie an einen Regenschirm, der aufgespannt wurde. Und genauso wie ein Schirm schien auch er etwas Beschützendes an sich zu haben.
„Ich bringe dich nach Hause.“
Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange, wobei ihre Lippen seinem Mund ziemlich nahe kamen. „Das ist nicht nötig. Ich habe dich ohnehin schon wieder viel zu lange aufgehalten. Aber ich muss damit … Ich komme zurecht. Ein bisschen frische Luft und Ruhe werden mir gut tun.“
Wie betäubt starrte ihr Danilo hinterher. Sie drehte sich noch einmal zu ihm um und stutzte. Hatte sie etwas Falsches gesagt oder getan? Sie mochte ihn tatsächlich gern. Na schön, der Kuss hätte nicht unbedingt sein müssen, trotzdem …
„Meine Güte, Frau Seiler!“
Wie immer, wenn er bloß den Mund aufmachte, stellten sich ihre Stacheln abwehrbereit auf. Doktor Bernds belehrender Ton brachte sie bei jedem Untersuchungstermin aufs Neue zur Weißglut und in ihren Fingern zuckte das Verlangen, ihm den Sensor des Ultraschallgerätes aus der Hand zu reißen und in die arrogante Visage zu schleudern.
„Sie haben noch immer nicht zugenommen!“
Kleiner Witzbold, das hatte sie selbst bemerkt.
„Mir wird beim bloßen Anblick von Essen übel“, meinte sie lustlos und es war ihr vollkommen gleichgültig, ob er ihr diese Erklärung abnahm oder nicht.
„Unsinn! Stellen Sie sich nicht so mädchenhaft an! Über diesen Zeitpunkt sind Sie längst hinaus. Angst um die Figur, oder was? Dafür dürfte es ohnehin zu spät sein.“
„Was …“
Mit einer unwirschen Handbewegung fiel er Karo ins Wort. „Stojanow sollte mit Ihnen wegen der überfälligen Einweisung in unsere Klinik reden. Auf mich können Sie ja anscheinend nicht hören. Ich weiß nicht, welchen Einfluss dieser süße Kinderarzt auf Sie hat, aber offensichtlich hatte er bisher ebenso wenig Erfolg wie ich.“
„Er ist der …“
„Bei Risikoschwangerschaften ist es üblich, dass die werdende Mutter ein bisschen mehr Zeit im Krankenhaus verbringt. Das sollten Sie endlich akzeptieren. Ich kann mir nicht vorstellen, was daran unverständlich ist.“ Er stöhnte geziert und verdrehte dabei die Augen himmelwärts. „Das geschieht alles zum Wohl der Kinder, vergessen Sie das nicht. Dann melden Sie sich also sofort nach Ihren ach so wichtigen Prüfungen. Und gewöhnen Sie sich an, regelmäßig zu essen. Die Babys sind entschieden zu klein für ihr Alter. Nehmen Sie diese Pillen vor den Mahlzeiten, fünf am Tag, Frau Seiler. Und regelmäßig, wenn ich bitten darf.“
Es nervte ihn mittlerweile, wie diese Patientin ihren Dickschädel durchzusetzen
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