Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
dass es einen Zeitpunkt geben könnte, an dem sie sich für den einen Mann und gegen den anderen entscheiden musste. Je länger Angel verschwunden blieb, umso leichter hatte sie den Gedanken, eines Tages am Scheideweg stehen zu können, verdrängt. Sie war überzeugt davon, beide Ärzte gleichermaßen zu lieben und von beiden geliebt zu werden. Doch gerade das würde ihr eine Wahl noch unmöglicher machen.
Und es gab niemanden, der sie und ihre vertrackte Situation gut genug verstand, um ihr einen brauchbaren Rat zu geben. Nach Catherines Tod hatte sie nicht zugelassen, dass ihr jemand näher kam. Sie mochte Frau Wichmann, hatte nette Kollegen in der Redaktion und auch Beate und Suse, ihre Freundinnen aus Schulzeiten, besuchten sie, wenn sie im Lande waren.
N iemand indes konnte Catherine ersetzen.
„ Ich war lange nicht bei dir. Unser Leben ist einfach weitergegangen – ohne dich, Kätzchen. Die Erde blieb nicht eine Sekunde stehen, nachdem du nicht mehr nach Hause gekommen bist. Es gab keine plötzliche Sonnenfinsternis, keinen Regen über der Sahara und auch nirgends Nilpferde, die sich als Politessen verkleiden wollten. Nichts!“ Sie lachte leise. „Was für ein dämlicher Spruch! Von Suse, von wem sonst? Ich bin sicher, wo immer du jetzt gerade bist, du hast genau verfolgt, was in der Zwischenzeit hier passiert ist. Was während der ersten Monate nach deinem Unfall geschah, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich mich geweigert habe zu akzeptieren, dass von da an alles ohne dich gehen musste. Vermutlich ist es sogar besser, keine Erinnerung daran zu haben. Auf diese Weise schmerzt die Vergangenheit weniger.“
Karo brühte sich in der Küche einen Mädchen-Mörder-Kaffee auf , streckte ihn mit einem guten Schuss Weinbrand und schlenderte ins Wohnzimmer zurück. Im Schneidersitz ließ sie sich auf dem Teppich nieder und hielt die überdimensionale Mugg in der hohlen Hand.
„Cat, mein bestes Kätzchen, auf dich und mich und uns alle, die wir lieben. Selbst wenn sie alles auf den Kopf stellt, ein heilloses Durcheinander anrichtet und uns mitunter das Herz bricht, gibt es nichts Wichtigeres in unserem Leben als die Liebe.“ Sie hob die Tasse in die Höhe und prostete ihrer Freundin zu.
„Bea wird wohl noch eine Weile in Paris bleiben, sie hat dort Arbeit gefunden, spielt Fremdenführer und genießt es, den lieben langen Tag im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen. Vor kurzem war sie mi t Alain bei uns zu Besuch. Die beiden sind total ineinander verknallt und so richtig glücklich mit allem, was eben dazugehört. Ich glaube, dieses Mal ist es für die Ewigkeit. Und das, obwohl Bea unserem hübschen Answer wieder über den Weg gelaufen ist. Auf einer Yacht! Du erinnerst dich bestimmt an diesen langen Blonden, Mehlis besten Freund. Unsere kleine Suse dagegen hat sich von Mehli getrennt, bevor sie zu ihrer ersten Fahrt als Funk-Assi aufgestiegen ist. Jetzt macht sie die Weltmeere ohne ihn unsicher. Ich habe bereits Ewigkeiten nichts mehr von ihr gehört.“
Mit einem ihrer zahlreichen Fotoalben kniete Karo auf dem Boden im Wohnzimmer und blätterte in dem dicken Buch. Ein sanftes Lächeln lag auf ihren Lippen, während sie in Erinnerungen schwelgte.
„Ach Cat, was wäre alles anders gelaufen, hätte ich auf dich gehört? Finger weg von Ärzten, hast du mir geraten und eine Zeitlang, so ungefähr … ähm, eine Woche? hatte ich mich auch daran gehalten. Andererseits wollten wir keinen einzigen unserer Fehler bereuen, sondern nur das, was wir versäumt haben zu tun. Habe ich mich eigentlich jemals für deine guten und mitunter sinnlosen Ratschläge bedankt? – Na ja, ich glaube schon. Entschuldigt habe ich mich allerdings nie dafür, was ich dir angetan habe. Hättest du wahrscheinlich auch nicht zugelassen. Dass ich dich vermisse und immer vermissen werde, kannst du mir dagegen nicht ausreden. Was würde ich alles dafür geben, um einmal noch einen deiner weisen Sprüche über Männer zu hören, mit denen du mir immer meinen Liebeskummer – oder das, was ich dafür hielt – vertrieben hast. Oder mit dir zu lachen, bis uns die Bäuche wackeln und uns die Tränen übers Gesicht laufen. Eine Fahrt auf der ‚Tina’ wäre auch nicht übel. Und natürlich würde ich stundenlange Spaziergänge mit dir unternehmen und dabei reden bis zur Heiserkeit, die wir dann mit einer Buddel ‚Surer Sluck’ bekämpfen würden.“
Ihre Augen blieben an einem Foto hängen, auf dem sich das unzertrennliche
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