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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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hielten lediglich Maschinen diese bedauernswerten Geschöpfe in einem fragwürdigen Schwebezustand zwischen den Welten. Warum kümmerte sich niemand um sie? Warum gab es keine Besucher? Hatten diese Menschen keine Familie, keine Freunde? Und wo waren die Schwestern? Hatten sie die Patienten bereits abgeschrieben und ihrem Schicksal überlassen?
    Junger Mann, älterer Mann, … Mann, zählte Susann in Gedanken auf, während sie langsam die Glaswand abschritt. Sie konnte sich nicht erklären, woher sie die Gewissheit nahm, dass es sich bei Doktor Stojanow nicht um einen alten Mann handelte.
    Plötzlich stockte ihr Atem. Es war, als hätte ihr jemand einen Sch lag in die Magengrube versetzt. Irgendetwas hielt sie zurück und schrie ihr ins Ohr, dass der Patient am Beatmungsgerät derjenige war, den sie suchte. Sie zuckte heftig zusammen und hörte gleichzeitig die warme Stimme, die sie nach ihrem Erwachen im Krankenhaus vernommen hatte.
    Schreckensstarr blickte sie in das bleiche Gesicht, das sich farblich kaum von dem weißen Laken abhob. Pflaster klebten seitlich an der Stirn des Mannes und quer darüber. Eine Wange wurde von einer Mullkompresse verdeckt, die offenbar den Druck des Gummis mindern sollte, mit dem der Beatmungsschlauch an Ort und Stelle gehalten wurde. Sogar in seine Nase führte ein dünner Schlauch. Susann zögerte, den Kopf zu heben aus Angst, ihre Vermutung bestätigt zu sehen.
    Zimmer Nummer 7!
    „Oh, mein Gott!“, keuchte sie gequält auf. „Das habe ich nicht gewusst. Das … das wusste ich wirklich nicht. Es tut mir so leid.“ Sie presste die Lippen aufeinander, weil Übelkeit in ihr hochstieg und sie ihrer Beherrschung nicht länger traute.
    Ihr Blick streichelte das eingefallene Gesicht des reglosen Mannes. Über den mit einem Tuch abgedeckten Oberkörper ringelten sich Schläuche und Kabel wie giftige Nattern. Ein dicker, weißer Schlauch verschwand in einer Öffnung des Tuches in Höhe des Brustbeins. Elektroden klebten an seiner Halsschlagader und an der Schulter, im Handrücken steckten Nadeln und am rechten Mittelfinger befand sich ein Sensor, von dem aus ein graues Kabel zu einem Überwachungsgerät führte.
    „Was haben sie mit dir gemacht , Angel Stojanow? Was ist geschehen, nachdem du an meinem Bett gesessen und mit mir gesprochen hast? Wie konnte das passieren?“
    Sie stieß sich von der Glasscheibe ab. Mit weichen Knien tastete sie sich an der Wand entlang und zwang sich , am Schwesternzimmer zwei Türen weiter zu klopfen. Ohne auf ein „Herein“ zu warten, drückte Susann die Klinke nach unten und öffnete die Tür. Ruckartig flogen ein halbes Dutzend Köpfe zu ihr herum, nicht ein Gesicht war darunter, das sie als freundlich bezeichnet hätte. Fragende, ärgerliche, entrüstete Blicke waren wie Dolchspitzen auf sie gerichtet.
    Und prallten wirkungslos an ihr er Angst um Angel Stojanow ab.
    Mit belegter Stimme krächzte sie: „Ich möchte zu Doktor Stojanow.“
    „Wie kommen Sie hier herein? Haben Sie keine Augen im Kopf? Sie haben hier nichts zu suchen, gute Frau! Verlassen Sie also sofort die Station!“, bellte ein grobschlächtiger Arzt, Pfleger oder was auch immer er sein mochte.
    „Ist das … das da … der Mann in Nummer Sieben … w er …“
    „Das hat Sie nicht zu interessieren!“ Er beugte sich über das Mikrofon einer Sprechanlage und brüllte einen Befehl an die Wachmannschaft hinein. „Sie werden sich für Ihr unbefugtes Eindringen verantworten müssen!“
    „ Das ist doch Angel Stojanow, oder nicht?“
    Drohend erhob sich der Mann zu voller Größe und baute sich breitbeinig vor ihr auf. „Sie werden jetzt ganz brav mit …“
    „Er hat mir das Leben gerettet!“, rief Susann aufgebracht.
    „Und ich zeige Ihnen den Weg nach draußen.“
    „Ich bin Susann Seiler.“
    Weil sie ahnte, dass ihr Name diese Leute nicht im Geringsten interessier te und sie lediglich eine erneute Abfuhr ernten würde, fügte sie hastig hinzu: „Ich gebe zu, es hat mir niemand erlaubt, Doktor Stojanow zu besuchen. Die Tür draußen stand offen und warum sollte ich nicht zu ihm? Ich muss wissen, was passiert ist. Er hat mir das Leben gerettet! Und dafür will ich mich bedanken, nichts sonst. Ist das verboten? Es kann nicht zu viel verlangt sein, mich einen kurzen Moment zu ihm zu lassen. Wo ich jetzt schon mal hier bin. Er saß an meinem Bett, als ich nach dem Unfall in diesem Krankenhaus aufgewacht bin. Und nun liegt er hier und Sie wollen mich ohne Begründung

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