Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

ich.“
    Karo grinste still vor sich hin. So war Cat eben, all ihre Freunde und Feinde wussten das und mussten akzeptieren, dass sie sich gerade in dieser Beziehung stets treu blieb. Sie selber hatte sich nie zu Cats bewegtem Liebesleben geäußert und gab auch dieses Mal keine Antwort. Mitunter brachte sie es tatsächlich fertig zu schweigen, wenn sie nichts zu sagen hatte.
    In Gedanken versunken summte Cat „Die schwarze Gang“, jenes Lied, das sie bis zur totalen Heiserkeit beim Zeesenboottörn auf dem Bodden gegrölt hatten. Kopfschüttelnd stimmte Karo ein. Als beide endlich versuchten, sich an Lautstärke zu überbieten, raste laut hupend ein dunkelgrüner BMW, dessen Fahrer sie mit erhobenem Daumen grüßte, an ihnen vorbei.
    Karo wechselte urplötzlich die Farbe und schnappte nach Luft. „Pappmaché!“, schrie sie aufgebracht und fuchtelte mit ihren Händen vor Cats Nase herum, um sie auf das Auto aufmerksam zu machen.
    „Drehst du jetzt endgültig durch? “ Entgeistert blickte Cat ihre Freundin an, als zweifle sie an deren Verstand. „Wie kommst du denn auf den? Soviel ich weiß, wohnt er schon seit Monaten nicht mehr in der Gegend. Und selbst wenn, käme er nie auf die Idee, zwei Frauen gleichzeitig anzumachen. Der kommt ja nicht mal mit einer klar.“
    „Aber ich weiß genau, dass er so einen BMW fährt.“
    „Ja, genau wie zehntausend andere.“
    Karo biss sich vor Verlegenheit auf die Lippen und drehte nervös an ihrem Ohrring. So weit war es also schon mit ihr gekommen. Sie sah Gespenster!
    „ Mach dir nichts draus, Große, bist eben urlaubsreif. Weißt du noch, die letzte Fahrt auf der ‚Tina’, als es regnete wie aus Kübeln und wir beinahe abgesoffen wären? Trotz des miesen Wetters hat sich keiner die Laune verderben lassen“, fing Cat wieder mit ihrem unumstrittenen Lieblingsthema an.
    „ Soweit ich mich erinnere, war mir die ganze Zeit über schlecht. War das nicht, als ihr den Weinballon von Friedel vernichtet habt? Ah, nein, jetzt fällt ’s mir wieder ein. Mein Gedächtnis ist schon wie ein Fischnetz: Etwas behält es, etwas geht durch. Hatten wir damals auf der ‚Tina’ nicht diesen gnadenlosen Bretterknaller von Mehli und Answer?“
    „Genau! Wie hieß dieser Never-come-back-Cocktail gleich noch mal?“
    „Im Becher ersaufen mehr als auf See.“
    „Was?“
    „Hast du das tatsächlich vergessen? Seemannstod!“, lachte Karo und verzog zugleich das Gesicht in abgrundtiefer Verachtung.
    „Haargenau! Seemänner sind wir zwar an diesem Abend nicht geworden, aber …“
    „… aber d afür waren wir ganz schön tot.“
    Die Mädchen meckerten wie Ziegen über diesen Spruch, den sie schon tausend Mal zum Besten gegeben hatten und trotzdem noch immer un geheuer witzig fanden.
    „Am nächsten Morgen habe ich endlich Mehlis Worte verstanden: Am lustigsten ist Segeln nahe dem Land und Spazieren am Wasser. Diese weise Erkenntnis kam leider viel zu spät für mich.“
    „So ’ne Sau haben wir seit Ewigkeiten nicht mehr raus gelassen.“
    „Unglaublich, aber wahr: du hast Recht. Na ja, was soll’s?“ Karo winkte gleichmütig ab. „Immerhin neigt sich unser fröhliches Studentenlotterleben seinem unausweichlichen Ende. Irgendwann müssen wir ja an den Ernst des Lebens denken und ruhig und sittsam werden.“
    Ja, sie ist bereits vor einem halben Jahr erschreckend ernst und viel zu ruhig geworden, ging es Catherine wehmütig durch den Kopf. Dieser unselige Unfall und das ganze Drumherum um diesen verfluchten Tag haben sie völlig verändert. Es wird nie wieder werden wie zuvor.
     
    Als es dämmerte, hatten sie die Autobahn endlich hinter sich gelassen, sodass Cat sehr zu Karos Erleichterung ein gemäßigteres Tempo anschlagen musste. Die Strecke führte noch einige Kilometer in südwestlicher Richtung auf einer Landstraße durch tief verschneite Wälder bergan und die Mädchen freuten sich auf eine heiße Dusche und ein deftiges Abendessen. Doch dann, beinahe vor der Haustür ihres Zieles, geriet der Verkehr ins Stocken.
    „So ein Mist aber auch!“, fluchte Catherine und schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad. Sie sah Dusche und Bett kalt werden und sich selber jämmerlich erfrieren. Die Heizung ihres Wagens gab nicht mehr allzu viel her.
    Schnell wuchs eine Schlange Autos hinter dem Mini der Studentinnen. Die Tür einer schweren Limousine vor ihnen wurde aufgestoßen, der Fahrer schwang sich behände aus seinem Sitz und stapfte ein Stück in Fahrtrichtung durch den