Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
knirschenden Schnee. Als er kurz darauf mit einem scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Flüchen auf den Lippen zurückkam, öffnete Catherine ihr Fenster eine Nasenspitze breit.
„Unfall, nichts Ernstes. Ein Arzt ist bereits vor Ort. Wird nicht lange dauern“, polterte der griesgrämig dreinblickende Fahrer, dabei schüttelte er seine geballte Faust in die Richtung, aus der er kam. „Das hoffe ich zumindest. Verpasse ich meinen Termin, kann sich d ieser Penner warmlaufen!“
Einigermaßen beruhigt kurb elte Cat das Fenster wieder zu. „Es ist furchtbar kalt da draußen“, meinte sie, als hätte das außer ihr niemand sonst bemerkt.
„Ich bin vor allem müde und habe Kopfschmerzen. Vielleicht vertrage ich ja die Höhenluft nicht. Die Einheimischen nennen dieses Phänomen Föhn. Habe ich gehört.“
„Stimmt, und zwar von mir. Als ich in Bayern war, hab ich die Auswirkungen von diesem trockenen und warmen Fallwind selbst erlebt. Da eskalieren mitunter bierselige Geplänkel, bis es in der Kneipe Tote gibt. Und meine Wirtin hat von verbrannten Brötchen erzählt, die zu Misshandlungen einer Ehefrau und einer Haftstrafe für den Gatten geführt haben. An solchen Tagen sind sogar schon Leute niedergeschlagen worden, nur weil sie auf dem Gehweg zu langsam unterwegs waren. Verrückt, sag ich dir. Aber so sind die da unten im Süden nun mal.“
Karo nahm ihre Brille von der Nase, rieb sich die Augen und ließ ihren Kopf in die Hände sinken. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich mich auf mein Bett freue. Bin nichts Gutes mehr gewohnt.“
„Wenn du erst mal was Warmes im Bauch hast, geht’s dir gleich besser und die Müdigkeit verfliegt im Nu.“
„Keine Männer, hatte ich gesagt “, mahnte Karo mit Nachdruck.
„Ha-ha -ha! Das Spanferkel über offenem Feuer, das sie hier anbieten, – und von nichts anderem ging meine Rede – soll ’ne Wucht sein und das Bier sowieso. Keine Bange, Große, dich kriegen wir schon in Fahrt.“
Und wenn sie dann, Gott möge ihr beistehen, ihre Freundin unter den Tisch getrunken hatte, würde sie in aller Ruhe dieses andere Problem in Angriff nehmen.
Gefühlte Stunden später – es mochten vielleicht zehn Minuten vergangen sein – fuhr ein Streifenwagen an ihnen vorbei und in der Tat setzte sich kurz darauf die Blechkolonne in Bewegung. Als sie sich im Schritttempo der Unfallstelle näherten, fing Karos Herz an, verrückt zu spielen. Ihr Puls dröhnte laut hämmernd in den Ohren, obwohl gleichzeitig ihr Herzschlag auszusetzen schien.
„ Jesus und Maria“, presste sie hervor. „Das sind … Angel und … Danilo!“
„Wo? Soll ich anha lten? Ich will sie auch sehen!“ Catherine trat mit aller Kraft auf die Bremse, was ihren Hintermann offensichtlich höchst erfreute, da es ihn zu Beifallsstürmen auf seiner Hupe veranlasste.
„Bist du des Wahnsinns fette Beute?“, schrie Karo entsetzt auf. „Du bist ja völlig irre! Sieh nach vorne und fahr schleunigst weiter!“
„Ist ja gut.“
„Musst du denn ständig aus der Rolle fallen?“, ereiferte sich Karo, die längst nicht mit ihrer Tirade am Ende war. „Ich kann das auf den Tod nicht ausstehen! Und das weißt du ganz genau.“
„Reg dich ab. Ist doch nix passiert.“
„Es hätte aber!“
„Wir fahren zwanzig.“ Cat beugte sich weiter nach vorn über das Armaturenbrett, kniff die Augen zusammen und berichtigte mit grimmiger Miene: „Vierzehneinhalb. Und ich habe unserem Goldstück – im Gegensatz zu dir, wenn ich dich höflichst daran erinnern darf – bisher noch nicht mal beim Rückwärtseinparken eine Schramme zugefügt.“
Trotzig schwiegen beide Mädchen vor sich hin, bis sich Karo einen Ruc k gab und die Hand zur Versöhnung ausstreckte. „War nicht so gemeint. Muss wohl der Föhn sein.“
Cats Knurren war nicht zu deuten.
„Allerdings hoffe ich in unser beider Interesse, dass sie uns nicht bemerkt haben. Ich will nicht wieder mit dem ganzen Theater anfangen.“
D as nächste Knurren klang irgendwie ironisch.
„ Na schön, ich gestehe reumütig, es war etwas überspitzt, mich derart aufzuführen“, lenkte Karo ein. „Hatte die zwei nämlich schon vergessen. Nie wieder Ärzte. Du weißt doch.“
„Sicher. Klar .“ Jetzt troff Cats Stimme vor Sarkasmus. „Vergessen, hä?“
„Aber fast.“ Karo bemerkte aus den Augenwinkeln das hämische Grienen ihrer Freundin. „Na ja“, gab sie schließlich kleinlaut zu, „zumindest etwas.“
„Ach ja?“
„Auf jeden Fall habe ich
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