Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
Kopfbewegung, auf der breiten Sessellehne neben ihm Platz zu nehmen. Er war es offenbar gewohnt, dass man ihm gehorchte, doch diese Arroganz weckte Karos heftigen Widerstand. Was bildete sich der nur ein! Sie gehörte nicht zu den Frauen, die beim Wink seines kleinen Fingers angekrochen kamen, um ihm die Füße zu küssen! Hatte sie das nicht bereits vor Wochen klargestellt? Dabei machte er gar nicht den Eindruck, als wäre er schwer von Begriff. Sogar sein Lächeln war Ausdruck überheblicher Selbstsicherheit.
„Was willst du?“
„Noch ein wenig reden. Die Ruhe genießen. In deiner Nähe sein.“
Er griff nach dem Weinkrug. „Was war das eigentlich für ein Streit?“, erkundigte er sich beiläufig, während er scheinbar seine volle Aufmerksamkeit dem Punsch widmete, den er ihnen nachschenkte.
„Das g eht ausschließlich Danilo und mich etwas an. Du hast höchstens am Rande eine unbedeutende Rolle gespielt.“
Sie bemerkte nicht, wie er bei ihren Worten zusammenzuckte und innerlich erstarrte. Es ging ihn nichts an, was sich zwischen Danilo und ihr abspielte? Sie ahnte ja nicht, wie sehr sie sich mit dieser Annahme täuschte. Alles, was Danilo betraf, war auch seine Angelegenheit. Seit Jahren hatten sie es so gehalten und er würde als der Ältere erst recht ein Wort mitreden, seit Karo eine Rolle in ihrem Leben spielte!
„ Wenn du es genau wissen willst, frag Danilo, weil ich einfach zu kaputt bin für lange Erklärungen. Trotzdem entschuldige ich mich noch mal bei dir persönlich für diesen Versprecher vorhin. Es war keine Absicht. Shit happens. Ich wollte mit diesem blöden Spruch niemanden verletzen, nicht mal euch zwei.“
Ihr Mund presste sich zu einem schmalen Strich zusammen. Ganz deutlich war ihr jetzt anzumerken, dass sie nicht gewillt war, sich zu derart später Stunde auf Grundsatzdiskussionen einzulassen.
„ Ist sonst noch was? Ich bin müde, Angel. Wir haben nämlich eine verflucht lange Fahrt in einem verflucht engen Auto hinter uns und obendrein ein paar Liter Wein intus. Ich höre mein Bett schon eine ganze Weile laut und vernehmlich nach mir rufen. Fass dich kurz, denn um ehrlich zu sein, schlafe ich gleich ein.“
Angel antwortete nicht sofort, sondern lehnte sich in seinem Sessel zurück. Mit einer selbstverständlich wirkenden Geste legte er seinen geradezu endlos langen Arm um ihre Taille. Karo stöhnte innerlich auf. Sie hatte – Zur Hölle! – nicht allein die Reichweite seiner Gliedmaßen unterschätzt. Seine fordernde Berührung brachte sie ins Schwitzen. Warum hatte sie ausgerechnet bei ihm Probleme, sich und ihre Gefühle in den Griff zu bekommen?
Gib schon zu, dass er dich erregt. Selbst ein Blinder mit ’nem Krückstock würde erkennen, wie du vor Verlangen zitterst. Du bist scharf wie ’ne Granate!
Ach, halt endlich die Klappe! brüllte Karo den kleinen Mann in ihrem Ohr an. Steck dir deine Mei nung sonst wohin!
Sie atmete tief durch und fragte gelangweilt: „Was nun? Wartest du auf den gestrigen Tag?“ Zornig streifte sie seine Hand von ihrer Hüfte und giftete: „Und guck mich, verdammt noch mal, nicht so an!“
Angel hob die gespreizten Hände und setzte eine unschuldsvolle Miene auf. Er hielt Karos wütenden Blick gefangen, bis sich ihre Wangen mit feiner Röte überzogen. Sie hasste dieses Gefühl der Wehrlosigkeit, wenn er sie mit seinen unwiderstehlichen Augen förmlich hypnotisierte und sie willenlos all ihre Vorsätze über Bord werfen ließ. Sie wollte sich diesem Mann nicht ausliefern und ahnte dabei doch längst, dass sie bereits verloren hatte, bevor sie überhaupt mit Kämpfen hatte beginnen können.
Stojanow bemerkte ihre Unsicherh eit und zog Karo von der Armlehne auf seinen Schoß. Sie wollte sich gegen diese unmögliche Vertraulichkeit wehren, musste indes einsehen, dass sie nicht die geringste Chance angesichts seiner Bärenkräfte hatte. Seine muskulösen Arme schlossen sich um sie und drückten sie näher an seine harte Brust.
Sie war überzeugt, das hektische, unregelmäßige Klopfen seines Herzens hören zu können und keuchte: „Bitte, Angel, lass mich los.“
Mit entwaffnender Offenheit, die ihr die Sprache verschlug, flüsterte er ihr ins Ohr: „Dafür ist es zu spät. Das kann ich nicht. Und selbst wenn, ich würde es nicht wollen. Nie mehr.“
Nie mehr. Das hatte sie schon einmal aus seinem Mund gehört – und sie an den Rand eines Herzinfarktes gebracht. Sie bog ihren Oberkörper ein Stück zurück. Diese Haltung war
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