Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
Blut!
Wieso kam ihr der unsinnige Gedanke, Angel könnte aus ihrem verwirrten Blick lesen, dass sie nie zuvor einem derart anziehenden Mann begegnet war und, was ihr noch wesentlich schlimmer erschien, wie sexy sie ihn fand? Aus den Augenwinkeln fing sie eine Bewegung auf und konnte nicht anders, als hinüber zu blinzeln. Ein Reflex, verteidigte sie sich, sonst nichts. Und riss die Augen noch ein Stück weiter auf.
Trotz der lichtarmen Wintermonate glänzte seine Haut gleichmäßig bronzefarben. Vermutlich ein Erbteil seiner unbekannten Eltern. Er hatte die Statur eines Bodybuilders mit perfekt definierten Muskeln, breite Schultern und in Karos Fingern zuckte das unbändige Verlangen, dieses Gefühl von Seide über Stahl mit allen Sinnen zu genießen. Krampfhaft konzentrierte sie sich auf sein Brustbein, aber das krause Haar, das sich nach unten zu einer dünnen Linie verjüngte, war wie ein Pfeil, der ihre Augen mit aller Macht nach unten zog, wo das Handtuch … nichts verdeckte! Gar nichts mehr!
Heiliger Bimbam , wo war denn das Tuch, das sie ihm vor einer Sekunde in die Hand gedrückt hatte? Hatte sie es ihm im Affekt gleich wieder vom Leib gerissen? Sie gestattete sich einen weiteren heimlichen Blick. Das nannte sie gar nichts? Dieser Teufel zeigte alles, was er hatte! Und das war eine ganze Menge. Das war – Karo verschluckte sich beinahe an dem Wasser, das ihr im Mund zusammenlief – irre! Atemberaubend! Der Wahnsinn! Himmel und Hölle, ich verliere den Verstand, dachte sie und bemerkte entsetzt, wie es in ihren Fingern kribbelte und sie die Hände hob. Es war so unwiderstehlich, was sich ihr da bot.
Mit einem verhaltenen Räuspern br achte sich Angel in Erinnerung.
„Das war sehr aufmerksam von dir. Ich habe gar nicht daran gedacht, mich nach Handtüchern umzusehen. Wie hast du geschlafen?“
Ihre Hände sanken schlaff nach unten. „D-danke.“
Und während sie sich noch fragte, wie sie jemals wieder ruhig schlafen könnte, nachdem ihr deutlich vor Augen geführt worden war, was sie in der vergangenen Nacht verpasst hatte, umfassten sie seine sehnigen Arme. Sanft zog er sie an seinen nassen Körper. Karo allerdings zuckte zurück.
„D-das Wasser …“, keuchte sie erstickt und schüttelte sich.
„Was ist damit?“
„Deine Haut … sie ist kalt!“
Fragend hob er eine Augenbraue. „Ich habe geduscht“, erklärte er dann vollkommen ernsthaft.
„Witzbold!“, fauchte sie ihn äußerst liebenswürdig an. „Willst du wirklich behaupten, du würdest im tiefsten Winter kalt duschen? Mit eiskaltem Wasser!“
„Es macht mir nichts aus.“
„Mmmh.“ Sie verdrehte die Augen wie eine Kuh und tippte ihm leicht gegen die Brust. Und noch einmal, jetzt mit aller Kraft. Es war, als würde sie sich gegen eine Stahlwand stemmen. „Großer Gott, ein knallharter Typ, was?“
Wieder zuckte er mit der Schulter, als hätte er tatsächlich keine Ahnung, w ovon sie sprach. „Ach übrigens: Guten Morgen, Schlafmütze. Ich hoffe, ich habe dich nicht zu früh geweckt.“
Er zog sie wieder zu sich und w ie selbstverständlich küsste er sie auf die Stirn. Ein prickelnder Schauer zog ihr Rückgrat entlang und ließ ihre Beine weich wie Pudding werden. Verbissen kramte sie in ihren Erinnerungen, ob sie in der vergangenen Nacht intimer, als angenommen, geworden waren. Hatte sie Doktor Ehrbar unterschätzt? Wie war das gleich mit den stillen Wassern?
„Also eigentlich … d u hast mich … normalerweise habe ich …“
„ … keine Probleme mit der deutschen Sprache?“, schlug Angel vor und schmunzelte.
„Du hättest … ich meine, es wäre genügend Platz für uns beide gewesen … im Schlafzimmer … Bett. Die Liege sieht nicht sonderlich bequem aus. Du hast bestimmt nicht …“
„ Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich brauche nicht viel Schlaf. Und eine Runde im Trainingsraum bringt mir mehr, als fünf Stunden untätig im Bett zu liegen.“
„Du warst schon trainieren?“ Es klang irgendwie enttäuscht, weil ihr dieses Erlebnis entgangen war. Würde sie ihn beim schweißtreibenden Training beobachten, diesen göttlichen Körper feucht glänzend, die Muskeln angespannt, brauchte sie im Anschluss unter Garantie fünf Stunden im Bett – mit ihm.
„Heiliger Strohsack , ein Fitness-Freak.“
„ Nein, bestimmt nicht. Ich mag es ganz einfach. Ich brauche die Bewegung, um meinen Kopf auf Trab zu bringen oder mich zu entspannen. Manchmal muss ich mich abreagieren oder auf andere Gedanken bringen,
Weitere Kostenlose Bücher