Zurückgeküsst (German Edition)
mich an. Sein Mund war leicht geöffnet, als könnte er nicht fassen, was er da gerade gesehen hatte.
Mir wurde kalt.
Einen Moment lang dachte ich, er würde einfach weggehen, und sprang auf, wobei ich an den Tisch stieß. „Nick!“, rief ich, aber er hatte schon die Tür geöffnet.
„Ein Freund von dir?“, fragte Darrell gleichgültig und goss mir Wein nach. Ich beachtete ihn nicht weiter. Meine Beine begannen zu zittern.
Nick kam zu uns. „Hallo“, sagte er ruhig.
„Hallo“, erwiderte ich kaum hörbar. Er wirkte eigentlich nicht verärgert. Vielleicht hatte er erkannt, dass es nur ein dummer, nichtssagender Kuss von einem blöden Wichtigtuer gewesen war. Er sah von mir zu Darrell, dann zu den anderen.
„Tja, also“, sagte ich, „das ist Nick.“
Vermutlich klang ich irgendwie seltsam oder verängstigt, denn alle wurden schlagartig still.
„Nick? Wer ist Nick?“, wollte Ben wissen, der aus dem Hinterzimmer kam.
„Du bist ja eine ganz schöne Heimlichtuerin, Harper“, sagte Prish. „Ich wusste gar nicht, dass du einen Freund hast.“
Die ganze Tragweite dessen, was ich getan hatte, wurde mir erst in diesem Moment bewusst. Nick sah mich an, als hätte ich ihm mitten ins Herz geschossen. Was ich in gewisser Weise auch getan hatte. Er blinzelte – zwei Mal –, und seine Zigeuneraugen waren so schwarz wie zwei Abgründe. „Ich bin nicht ihr Freund“, stellte er klar. „Ich bin ihr Ehemann.“
Irgendwo ging eine Feuerwehrsirene los. Aus den Lautsprechern ertönte eine Jazzband, die „White Christmas“ verunstaltete. Davon abgesehen herrschte komplette Stille.
„Ich dachte, du wärst erst … einundzwanzig, Harper“, lallte Ryan. „Bist du etwa in so einer religiösen Sekte oder was?“
„Du bist verheiratet?“, brachte auch Jocasta ungläubig hervor. „Soll das ein Scherz sein?“
Und da verließ Nick das Lokal.
„Auweia“, meinte Ryan. Ich rückte vom Tisch ab, aber Darrell hielt mich am Arm fest.
„Du musst ihm nicht nachlaufen“, sagte er.
„Doch, das muss ich, Arschloch“, zischte ich und riss mich los. Die Türglocke läutete schamlos fröhlich, während ich in die kalte Nacht hinausstolperte. Nick war nirgends zu sehen. An der nächsten Ecke schaute ich in beide Richtungen, und da ging er, schnellen Schrittes, die Hände tief in den Taschen vergraben, den Kopf gesenkt. „Nick! Warte!“
Er lief einfach weiter, also rannte ich stolpernd über das Kopfsteinpflaster hinter ihm her und holte ihn an der nächsten Ecke ein.
„Nick“, keuchte ich. Er sah mich nicht an. Ich packte ihn am Arm. „Nick, warte. Lass es mich erklären.“
„Na, dann mal los“, erwiderte er erschreckend ruhig.
„Also gut … ich … also ich habe ihnen bisher nicht …“
„Von mir erzählt.“ Die Ampel sprang auf Grün, und er ging weiter.
„Stimmt“, fuhr ich fort und lief mit. Ich hatte meinen Mantel in der Bar gelassen und fror entsetzlich. Fast hätte ich mit den Zähnen geklappert, doch ich presste meine Kiefer fest zusammen.
„Du hast diesen Typen geküsst.“ Seine Stimme war immer noch ruhig. „Was hast du sonst noch mit ihm gemacht?“
„Nichts! Und das eben war auch nichts, Nick! Er ist ein Idiot. Er war betrunken. Es hatte nichts zu bedeuten.“
„Aber keiner wusste, dass du verheiratet bist.“
„Nein … ich … Hör zu, Nick, ich …“ Oh Gott, was sollte ich nur sagen? „Lass uns nach Hause gehen und reden, okay?“
Endlich blieb er stehen, und ich wünschte sofort, er hätte es nicht getan. Er war wütend . Sein Blick war dunkel und heiß und brannte wie Feuer auf meiner Haut. „Du hast mich nie erwähnt.“
„Nein“, gestand ich flüsternd.
„Nicht ein einziges Mal.“
Ich zitterte, und das lag nicht nur an der Kälte. Nick dachte nicht daran, mir seinen Mantel anzubieten, und ich konnte es ihm nicht verübeln. „Nein, Nick. Ich habe nie erzählt, dass ich verheiratet bin, und ich habe nie von dir gesprochen.“
„Ich verstehe“, sagte er leise und ging weiter, aber er zogseinen Mantel aus und warf ihn hinter sich auf den Boden – eine Geste, die mir fast das Herz brach.
„Nick? Bitte! Es tut mir leid!“
Er blieb nicht mehr stehen, und er antwortete auch nicht. Ich hob den Mantel auf, fühlte mich aber nicht würdig, ihn zu tragen, und so folgte ich weiterhin zitternd und frierend meinem wütenden Ehemann. Es passte zu meiner Stimmung. Ich hasste mich. Und ich hatte entsetzliche Panik.
Und wenn ich ein Gefühl mehr hasste als alles
Weitere Kostenlose Bücher