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Zusammen Allein

Titel: Zusammen Allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu trösten.
    Die Garage wurde erst im Herbst gebaut. Der junge Ahorn im übernächsten Winter verfeuert.
     
     
    Ich merkte es lange Zeit nicht. Der junge Mann mit dem ausgedrehten Armgelenk kam immer häufiger zu uns nach Hause. Er hieß Constantin und war ein gut geratener Junge, wie Puscha nicht müde wurde zu betonen. Dichter Flaum stand ihm auf der Oberlippe, und seine Koteletten wucherten üppig, selbst Nase und Ohren waren mit schwarzen Haaren gefüllt. Sein Körper war tadellos und durchtrainiert. Puscha verriet mir, dass er eine große Karriere als Balletttänzer vor sich hätte. Er sei noch keine achtzehn Jahre alt, aber bereits ein wahres Tanzwunder.
    Wenn Constantin lautstark seine Sorgen vortrug, Schmerzen an der Schulter, Schmerzen am Oberarm, Schmerzen am Ellenbogen, drehte ich mich kichernd zur Seite und hielt mir die Nase zu. Franzbranntwein durchwaberte die Küche. Puscha rieb und rieb, massierte geduldig und redete wie ein Wasserfall. Seine Haut und die leicht abstehenden Ohren glühten.
    »Kannst du Englisch?«, fragte sie ihn unvermittelt.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Dieses junge Fräulein«, sie deutete auf mich, »langweilt sich. Willst du ihr Nachhilfeunterricht geben, dann behandle ich dich billiger.«
    »Umsonst«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Diese Antwort imponierte ihr, und sie lachte zufrieden.
     
    »Werde ich auch noch gefragt?«
    Constantin war inzwischen gegangen, und wir saßen nebeneinander auf der Gartenbank. Puscha pulte Erbsen aus den Schalen, ich half ihr dabei. Demonstrativ stellte ich mein Reindel ins Gras. »Du weißt ja nicht einmal, ob er sein Geld wert ist.«
    »Sei so lieb, red nicht immer gleich drauflos, sondern denk erst nach. Gib ihm eine Chance.« Meine Großmutter grinste und kniff mich in die Wange. Es war ihre erste Berührung.
    »Du musst mich nicht verkuppeln, Omama.«
    »Um Gottes willen, nenn mich Puscha, ich bin viel zu jung für diese alberne Anrede.« Mehr sagte sie nicht.
    Ganz klar, sie wollte mich von Petre weglocken. Der hatte sich über meine Zudringlichkeit beschwert. Anstatt sich direkt mit mir zu verständigen, erzählte er eines Abends, jemand hätte im Keller an seinem Schloss herumgestochert. Exakt dieses Wort verwendete er. Kein Name fiel, aber alle Augen ruhten auf mir.
    »Wieso muss er abschließen, wo doch sonst alle Räume frei zugänglich sind?«
    Eine Antwort bekam ich nicht, aber ich erntete jede Menge Verachtung, vor allem von Misch, was mich sehr bedrückte. Um es Petre heimzuzahlen, aber auch weil ich nicht wusste, wo ich meine Sehnsucht vor Anker gehen lassen sollte, durchsuchte ich am folgenden Tag erneut sein Zimmer. Ich gab mir alle erdenkliche Mühe, aber sein Tagebuch fand ich nicht.
     
    Zwei Tage vor dem 23.   August, dem wichtigsten Nationalfeiertag, fiel mir auf, dass Petre spätabends, mit einer Aktentasche unter dem Arm, das Haus verließ. Sofort war ich alarmiert. Ich wollte ihm folgen, doch in dem Augenblick klopfte es an die Tür, Puscha befahl mir aufzumachen und mich um den Besuch zu kümmern. Ein mir fremder Mann stand im Rahmen. Unwirsch bat ich ihn herein.
    Alles Zetern half nichts. Meine Großmutter hattegebadet, war noch nicht wieder angezogen, deshalb durfte ich nicht weg. Als ich in die Küche zurückkam, beugte sich der Fremde im Unterhemd über unseren gedeckten Tisch. Schon wieder einer zum Einrenken, vermutete ich, doch dieser Mensch hörte nicht auf, sich auszuziehen. Er öffnete auch die Hose, rollte das Unterhemd hoch.
    Ich erschrak. Über den Bauch hatte er sich ein halbes Lamm gelegt. Getrocknetes Blut klebte auf seiner Haut, ließ seine Bauchhaare wie Igelstacheln abstehen. Das kugelförmige Auge des Tieres starrte mich an. Bestimmt hatte ich geschrien, denn Puscha kam mit wehenden Haaren und falsch zugeknöpfter Bluse angerannt. Der Mann lachte. Vorsichtig schob er mehrere Teller beiseite, wuchtete das Lamm auf den Tisch. Es war gar nicht so groß, jede Menge männliches Bauchfett hatte falsche Ausmaße vorgetäuscht.
    »Schrei nicht so, um Gottes willen.« Puscha griff in ihre Bluse, holte große Scheine aus dem BH und zählte das Geld ab.
    »Wer war das?«, fragte ich, nachdem der Fremde seine schmierige Mütze kurz gelüftet und sich verabschiedet hatte.
    »Mihai, der Metzger. Na gut, er ist kein richtiger Metzger, er arbeitet in der Fleischfabrik. So, wie er arbeitet, mit Blut an den Fingern, behandelt er auch seine Frau, er ist ein Schwein, aber   …«
    »Lass mich raten«,

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