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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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sie ihr Papier senkrecht und beschloß, sich mit ihrem Modell auf eine Höhe zu setzen.
     
    Sie nahm einen tiefen, beherzten Atemzug und stieß ein kleines Lüftchen aus. Sie hatte sich geirrt, keine Rötelzeichnung. Graphitmine, Feder und Sepia.
    Das Modell hatte etwas gesagt.
     
    Sie nahm den Ellbogen hoch. Ihre Hand verharrte in der Luft. Sie zitterte.
    »Nicht bewegen. Ich bin gleich wieder da.«
    Sie rannte in die Küche, stieß ein paar Sachen um, griff nach der Ginflasche und ertränkte ihre Angst. Sie schloß die Augen und hielt sich am Spülbecken fest. Komm schon. Einen zweiten Schluck für unterwegs.
     
    Als sie sich wieder setzte, betrachtete er sie lächelnd.
    Er wußte Bescheid.
    Wovon auch immer sie abhingen, diese Leute erkannten ihresgleichen. Alle.
    Es war wie eine Sonde, wie ein Radar.
    Diffuse Komplizenschaft und geteilte Nachsicht.
     
    »Besser?«
    »Ja.«
    »Okay, dann beeil dich! Wir wollen dieses Jahr noch fertig werden!«
     
    Er hielt sich sehr gerade. Leicht schief wie sein Vorbild. Atmete tief ein und hielt dem Blick derjenigen stand, die ihn demütigte, ohne es zu wissen.
    Finster und hell.
    Verwüstet.
    Vertrauensvoll.
     
    »Wieviel wiegst du, Vincent?«
    »Um die sechzig.«
     
    Sechzig Kilo Provokation.
     
    (Eine wenn auch nicht sehr nette, so doch interessante Frage: Hatte Camille Fauque dem jungen Mann die Hand gereicht, um ihm zu helfen, wie er glaubte, oder um ihn zu sezieren, nackt und wehrlos auf einem Küchenstuhl aus rotem Resopal?
    Mitleid? Menschenliebe? Wirklich?
    War das alles nicht genau kalkuliert? Seine Einquartierung im siebten Stock, das Dosenfutter, das Vertrauen, Pierre Kesslers Zorn, die Entlassung und die Jagd auf ihn?
    Künstler sind Monster.
    Nicht doch. Das wäre zu widerwärtig. Lassen wir ihm die Gunst des Zweifels und schweigen wir. Diese junge Frau war nicht sehr klar, doch wenn sie sich einmal in die Wunden ihres Subjekts verbiß, dann richtig. Und vielleicht zeigte sich ihre Großzügigkeit auch erst jetzt? Wenn sich ihre Pupillen zusammenzogen und sie erbarmungslos wurde.)
     
    Es war schon fast dunkel. Sie hatte das Licht angemacht, ohne es zu merken, und schwitzte ebensosehr wie er.
    »Schluß jetzt. Ich habe Krämpfe. Mir tut alles weh.«
    »Nein!« rief sie.
    Ihre Härte überraschte sie beide.
    »Entschuldige bitte. Ni… nicht bewegen, bitte nicht.«
    »In meiner Hose … vordere Tasche … Tranxene …«
    Sie holte ihm ein Glas Wasser.
    »Ich bitte dich. Ein bißchen noch, du kannst dich anlehnen, wenn du willst. Ich … Ich kann mit Erinnerungen nicht arbeiten. Wenn du jetzt gehst, ist meine Zeichnung futsch. Entschuldige bitte. Ich bin fast fertig.«
     
    »Okay. Du kannst dich wieder anziehen.«
    »Ist es was Schlimmes, Doktor?«
    »Das hoffe ich«, flüsterte sie.
     
    Als er zurückkam, streckte er sich, streichelte seinen Hund und flüsterte ihm Zärtlichkeiten ins Ohr. Er zündete sich eine Zigarette an.
     
    »Willst du es sehen?«
    »Nein.«
     
    »Doch.«
     
    Er war verblüfft.
     
    »Verflucht. Das ist … Das ist hart.«
    »Nein. Das ist zart.«
    »Warum hast du bei den Knöcheln aufgehört?«
    »Willst du die ehrliche Version oder die zurechtgeschusterte?«
    »Die ehrliche.«
    »Weil ich bei Füßen eine Niete bin.«
    »Und die andere?«
    »Weil … dich nicht mehr viel zurückhält, oder?«
    »Und mein Hund?«
    »Hier ist er, dein Hund. Ich hab ihn vorhin über deine Schulter hinweg gemalt.«
    »Mann! Ist der schön! Ist der schön, ist der schön, ist der schön …«
    Sie trennte das Blatt heraus.
     
    Strengen Sie sich an, brummte sie mit verstellter Stimme, geben Sie alles, erwecken Sie sie zum Leben, schenken Sie ihnen die Unsterblichkeit und alles, was ihnen nahegeht, es ist eine Skizze ihrer Promenadenmischung.
    Also wirklich.
     
    »Bist du zufrieden mit dir?«
    »Ja.«
    »Muß ich noch mal kommen?«
    »Ja. Um dich zu verabschieden und mir deine Adresse zu geben. Willst du was trinken?«
    »Nein. Ich muß ins Bett, ich fühl mich grad nicht so gut.«
     
    Als sie vor ihm durch den Flur ging, schlug sich Camille mit der Hand auf die Stirn:
    »Paulette! Die hab ich vergessen!«
    Ihr Zimmer war leer.
    Scheißßße …
     
    »Stimmt was nicht?«
    »Ich hab die Oma von meinem Mitbewohner verloren.«
    »Da … Auf dem Tisch liegt eine Nachricht.«
     
    Wir wollten dich nicht stöhren. Sie ist bei mir. Komm, sobald du kannst.
    PS.: Der Hund von deinem Kumpel hat in den Eingang

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