Zutritt verboten
sein, daß er nicht mehr in der Lage war, zu laufen. Das schlimmste dabei war die Tatsache, daß man sogar bei mikroskopischen Untersuchungen der feinen Nervenzellkerne keine Veränderung bemerken konnte. Es war, als hätten diese winzigen Bausteine des Organismus einfach den Befehl erhalten, ohne sichtbare Veränderungen den Dienst einzustellen – so, als würde man einfach den Hauptschalter eines stromführenden Leitungssystems auf Null drehen.
Wir sahen ihm stumm nach. Dann sagte der Kleine leise:
»Unvorstellbar! Ich habe noch nie einen toten Mann laufen sehen. – Chef, sind wir jetzt an der Reihe?«
Der Alte musterte uns aus erloschenen Augen. Es dauerte lange, bis er sich zu einer Antwort aufraffte.
»So war es geplant, aber nun hat sich alles geändert. Ich möchte nicht das Risiko eingehen, meine besten Männer als todgeweihte Träumer zu sehen.«
Ich schluckte krampfhaft, um den imaginären Kloß in meiner Kehle zu beseitigen. Reling sah mich nachdenklich an, ehe er weitersprach:
»Das soll aber keinesfalls bedeuten, daß wir Ihnen die Schirmnetze nicht in die Kopfhaut versenken. Wir wissen aus zahlreichen Versuchen, daß die Gebilde trotzdem eine sehr starke, abschirmende Wirkung haben. Professor Scheuning wird Ihnen noch erklären, in welcher Weise die Atomgruppen der Legierung durch den Einfall der seltsamen Strahlung aktiviert werden. Nein, nicht jetzt«, wehrte er Scheuning ab, der es anscheinend kaum erwarten konnte, uns seine Erkenntnisse mitzuteilen.
»Gehen wir, meine Herren. Von dem Versuch hatte ich mir sehr viel versprochen. Sie werden im Falle eines Falles ohne positive Testergebnisse auf die Netzschirme vertrauen müssen.«
»Ist das alles, Chef?« fragte ich beunruhigt.
Er gönnte mir ein gutgemeintes Stirnrunzeln. Anschließend gab er an die Mediziner einige Anweisungen, die sich alle auf unsere Nervensysteme und Empfindlichkeitsfaktoren bezogen.
Wir sahen uns noch verwirrt an, als er den Raum bereits verlassen hatte. Nein – bei der GWA war wirklich nichts unmöglich!
Der Chef der positronischen Ingenieursabteilung nahm uns mit zur Analysezentrale des Gehirns. Unser »Gedächtnis«, ein monströses Gebilde von erschreckend menschlicher Denkart, angefüllt mit Millionen Kabelverbindungen, Kapazitronen, Speicherbänken und Mikroröhren, sollte endlich feststellen, warum der Kontrollrobot am Eingang zum Zentrum unseren Individualschwingungen nicht mehr getraut hatte.
Das Gedächtnis wurde geschaltet. Haarfeine Sonden senkten sich in meine Haut. Die Schwingungen meiner Großhirnrinde hatten sich in der Tat um so winzige Spuren verändert, daß die Abweichungen von dem Gedächtnis erst nach einem einstündigen Test exakt ermittelt werden konnten.
Bei Hannibal traten die gleichen Erscheinungen auf. Nach einer sofort erfolgenden Berechnung des Roboters ergab sich die Tatsache, daß die harten Bestrahlungen unter der Zellkern-Aktivierungskanone eine geringfügige Veränderung der feinen Nervenzellen bewirkt hatten. Die Betakurve hatte sich auf andere Werte umgestellt, die nun sofort in meinen positronischen »Personalakten« verankert wurden.
»Entlassen«, quäkte die Robotstimme nach einer unendlich lang erscheinenden Zeitspanne.
»Werte im Personalspeicher Aktiv-Agenten unter Kodenummer HC-9 eingefügt. Kontrollgeräte wurden umgeschaltet. Sie können das Zentrum gefahrlos verlassen. Berechnungen ergaben mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit, daß eine nochmalige Schwingungsänderung der Ganglienzellen nicht mehr eintreten kann.
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