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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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fünf Uhr ging die Königin in das Kabinett des Kardinals, der schon aufgestanden war. Er setzte eine Antwort an Cromwell auf; es waren von den zehn Tagen, die er von Mordaunt verlangt hatte, bereits sechs verflossen.
    »Bah,« sprach er,»ich ließ Cromwell wohl ein bißchen warten, allein er weiß recht gut, was Revolutionen sind, und wird mich entschuldigen.« Somit überlas er selbstgefällig den ersten Paragraph seiner Schrift; da wurde leise an die Türe gescharrt, die in Verbindung mit den Gemächern der Königin stand, daher konnte nur sie allein durch diese Tür kommen. Der Kardinal erhob sich und schloß auf. Die Königin war im Nachtanzuge, und aus ihrem Antlitze strahlte eine innere Freude. »Was ist es, Madame,« fragte Mazarin bekümmert, »Ihre Majestät hat eine ganz stolze Miene?« »Ja,« erwiderte sie stolz und frohmütig, »denn ich habe das Mittel gefunden, diese Hydra zu erwürgen.« »Ihre Majestät ist so erhaben in der Politik,« versetzte Mazarin, »ich bitte, mir dieses Mittel zu nennen.« Er versteckte das, was er schrieb, indem er den angefangenen Brief unter ein weißes Papier schob. »Sie wollen mir den König nehmen, wie Ihr wißt,« sprach die Königin. »Ja, leider, und mich henken.« »Sie werden aber den König nicht bekommen.« »Und mich nicht henken. Bennone!« »Höret. Ich will Ihnen meinen Sohn entziehen, mich selbst und Euch mit mir. Ich will dieses Ereignis, welches die Lage der Dinge von heute auf morgen ändern wird, ausgeführt wissen, ohne daß es außer Euch, mir und einer dritten Person ein anderer erfahre.« »Wer ist diese dritte Person?« »Der Prinz.« »Er ist also, wie man mir sagte, angekommen?« «Gestern abends.« »Und Ihre Majestät hat ihn gesehen?« »Ich komme von ihm.« »Und bietet er die Hände zu diesem Projekte?« »Der Rat kommt von ihm.« »Und Paris?« »Er zwingt es durch Hunger, sich auf Gnade oder Ungnade zu ergeben.« »Es fehlt dem Projekte nicht an Großartigkeit, allein ich sehe dabei nur ein Hindernis.« »Welches?« »Die Unmöglichkeit.« »Ein sinnloses Wort – nichts ist unmöglich.« »In Entwürfen.« «In der Ausführung. Besitzen wir Geld?« »Nur wenig,« entgegnete Mazarin zitternd, da er fürchtete, die Königin möchte seine Kasse in Anspruch nehmen. »Haben wir Soldaten?« »Fünf- bis sechstausend Mann.« »Haben wir Mut?« »Viel.« »So ist die Sache abgetan. O, begreift Ihr wohl, Guilio, Paris, dieses verhaßte Paris, wie es eines Morgens aufwacht ohne König und ohne Königin, wie es umzingelt, belagert und ausgehungert ist und keine andere Zuflucht mehr hat, als sein verwirrtes Parlament und seinen hagern Koadjutor mit den Sichelbeinen.« »Schön, schön,« versetzte Mazarin; »ich begreife Wohl die Wirkung, allein ich sehe nicht das Mittel, welches dahin führt.« »Ich werde es schon finden.« »Wissen Sie wohl, daß das der Krieg ist, der glühende, blutige, unversöhnliche Bürgerkrieg?« »Ja, ja, ja, der Krieg,« erwiderte die Königin Anna. »Ich will diese aufrührerische Stadt in Asche verwandeln; ich will das Feuer im Blute auslöschen; ich will, daß ein furchtbares Schauspiel das Verbrechen und die Strafe verewige. Ich hasse, ich verabscheue Paris.« »Sachte, sachte. Sie sind da zu blutdürstig. Haben Sie wohl acht, wir sind nicht in den Zeiten der Malatesta und der Castruccio Castracani. Man würde Ihre Majestät enthaupten lassen.« »Ihr scherzet.« »Ich scherze sehr wenig, der Krieg mit einem ganzen Volke ist gefahrvoll. Blicken Sie hin auf Ihren Bruder Karl I., es steht schlimm mit ihm, sehr schlimm.« »Wir leben in Frankreich und ich bin Spanierin.« »Desto schlimmer, per Bacco, desto schlimmer. Ich wünschte, Ihre Majestät wäre Französin und ich wäre Franzose, man würde uns beide weniger hassen.« »Billigt Ihr aber meinen Vorschlag?« »Ja, wenn ich sehe, daß die Sache möglich sei.« »Sie ist es, ich versichere Euch; trefft Eure Anstalten zur Abreise.« »O, ich bin stets bereit zum Abreisen, nur reise ich bekanntlich nie – und diesmal ebensowenig als sonst.« »Kurz, wenn ich gehe, wollt Ihr gleichfalls gehen?« »Ich will es versuchen.« »Ihr tötet mich vor Ungeduld mit Euren Besorgnissen. Und wovor seid Ihr denn in Furcht?« »Vor gar vielen Dingen.« »Vor welchen denn?« Die früher heiteren Züge Mazarins verdüsterten sich und er sprach: »Anna, Sie sind nur eine Frau, und als solche können Sie, der Straflosigkeit sicher, nach Belieben die Männer beleidigen. Sie

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