Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
über sie verfügen kann.« »Erlaubt, mein junger Herr, erlaubt,« versetzte d'Artagnan, »mich dünkt, Ihr seid im Irrtume; die Gefangenen gehören gewöhnlich denjenigen, die sie gefangen haben, und nicht denen, die bei unserer Gefangennehmung bloß Zuschauer waren; Ihr konntet wohl Lord Winter gefangennehmen, der Euer Oheim war, wie man mir gesagt hat; Ihr habt es vorgezogen, ihn zu töten, ganz wohl; wir, ich und Herr du Vallon, konnten diese zwei Edelleute töten, wir zogen es aber vor, sie gefangen zu nehmen; jeder nach seinem Geschmack.« Mordaunts Lippen wurden weiß. D'Artagnan fühlte, die Sache würde sich bald verschlimmern, und fing an, den Marsch der Garden an der Türe zu trommeln. Bei dem ersten Takt trat Porthos hervor, und stellte sich an die andere Seite der Türe, deren Schwelle er mit den Füßen und deren First er mit der Stirne berührte. Diese Bewegung entging Mordaunt nicht, und er sprach mit einem Ingrimme, der sichtlich zu werden anfing: »Mein Herr, Ihr werdet einen fruchtlosen Widerstand leisten; diese Gefangenen sind mir soeben von dem kommandierenden General, meinem hohen Gönner, von Herrn Oliver Cromwell, zuerkannt worden.« Von diesen Worten wurde d'Artagnan wie von einem Donner gerührt. Das Blut stieg ihm in den Kopf, eine Wolke umhüllte seine Augen, er begriff die entsetzliche Hoffnung des jungen Mannes, und so senkte er die Hand mit einer instinktartigen Bewegung auf den Griff seines Schwertes nieder. Was Porthos betrifft, so blickte er auf d'Artagnan, um zu erfahren, was er zu tun habe, und um seine Bewegungen nach den seinigen einzurichten. D'Artagnan war von diesem Blicke Porthos' mehr beunruhigt als beruhigt, und er machte sich Vorwürfe darüber, daß er Porthos' wilde Kraft bei einer Angelegenheit zu Hilfe rief, von der ihm schien, daß er sie mehr mit List durchführen müsse. »Ha!« rief d'Artagnan nun mit einer tiefen Verbeugung, warum sagtet Ihr das nicht gleich anfangs, Herr Mordaunt? Wie, Ihr kommt im Namen des Herrn Oliver Cromwell, des berühmtesten Feldherrn der Gegenwart?« »Ich komme von ihm, mein Herr,« antwortete Mordaunt, während er abstieg und sein Pferd einem Soldaten zu halten gab, »ich bin im Augenblick bei ihm gewesen.« »Warum habt Ihr es nicht allsogleich gesagt?« fragte d'Artagnan. »Ganz England gehört Herrn Cromwell an, und indem Ihr in seinem Namen die Gefangenen begehrt, so füge ich mich; nehmt sie also, mein Herr, sie sind Euer.« Mordaunt setzte den Fuß auf die erste Stufe der Türe, nahm den Hut zur Hand, und schickte sich an, zwischen den beiden Freunden durchzugehen, während er seinen vier Mann zuwinkte, ihm zu folgen. »Doch vergebt,« sprach d'Artagnan mit dem freundlichsten Lächeln, während er die Hand auf die Schulter des jungen Mannes legte, »wenn der berühmte General Cromwell über unsere Gefangenen verfügt hat, so gab er Euch über diese Schenkung etwas Schriftliches.« Mordaunt hielt auf einmal an. »Er gab Euch für mich ein Briefchen oder irgendeinen Zettel, worin bestätigt wird, daß Ihr in seinem Namen kommt. Vertraut mir also gefälligst diesen Zettel an, damit ich wenigstens durch einen Vorwand die Überlieferung meiner Landsleute rechtfertigen könne. Wiewohl ich außerdem überzeugt bin, der General Oliver Cromwell wolle ihnen nichts Böses zufügen, so werdet Ihr doch einsehen, daß das einen üblen Eindruck hervorbrächte.« Mordaunt fühlte den Stich, trat zurück und schleuderte einen grimmigen Blick auf d'Artagnan; allein dieser antwortete mit der gefälligsten und freundlichsten Miene, die je ein Antlitz erheitert hat. »Ihr tut mir die Beleidigung an, mein Herr,« sagte Mordaunt, »an meinen Worten zu zweifeln?« »Ich?« entgegnete d'Artagnan, »ich an dem zweifeln, was Ihr da sagt? Gott soll mich bewahren, lieber Herr Mordaunt; im Gegenteil, ich halte Euch für einen würdigen und ausgemachten Edelmann. Und dann, wollt Ihr, daß ich offen mit Euch spreche?« fuhr d'Artagnan mit seiner offenherzigen Miene fort. »Redet, mein Herr,« versetzte Mordaunt. »Herr du Vallon hier ist reich, er hat vierzigtausend Livres Einkünfte, darum hält er nicht auf Geld, ich spreche somit nicht für ihn, sondern für mich.« »Weiter, mein Herr.« »Nun, ich bin nicht reich, das ist in der Gascogne keine Schande, mein Herr, da es dort niemand ist, und Heinrich IV., welcher glorwürdigen Andenkens König der Gascogner war, wie Se. Majestät Philipp IV. König von ganz Spanien ist, hatte nie einen Pfennig in seiner
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