Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
Tasche.« »Kommt zu Ende, mein Herr,« sprach Mordaunt, «ich sehe schon, wo Ihr hinaus wollet, und ist es das, was ich glaube, das Euch zurückhält, so kann man diese Schwierigkeit wohl beseitigen.« »Ach, ich wußte ja,« versetzte d'Artagnan, »daß Ihr ein Mann von Verstand seid. Nun wohlan! da wetzt mich der Sattel, wie wir Franzosen sagen. Ich bin nichts weiter, als Offizier, der sich durch seine Verdienste emporgearbeitet hat. Ich besitze nichts, als das, was mir mein gutes Schwert einträgt, nämlich mehr Hiebe, als Banknoten; da ich aber heute früh zwei Franzosen gefangen nahm, die mir von guter Abkunft scheinen, kurz, zwei Ritter des Hosenband-Ordens, so dachte ich, mein Glück ist gemacht. Ich sage zwei Ritter, denn Herr du Vallon, der reich ist, überläßt mir bei einer solchen Gelegenheit stets seine Gefangenen.« Mordaunt, der durch die beredte Gutmütigkeit d'Artagnans ganz verblendet ward, lächelte wie einer, der vollkommen die ihm angegebenen Gründe begriff, und antwortete freundlich: »Ihr werdet den unterfertigten Befehl allsogleich bekommen, und damit noch zweitausend Pistolen, jedoch, mein Herr, laßt mich diese Herren inzwischen fortführen.« »Nein,« erwiderte d'Artaynan, »was ist Euch an einer Verzögerung von einer halben Stunde gelegen? Ich bin ein Mann, der Ordnung liebt, lieber Herr; laßt uns die Sache in Ordnung abtun.« »Jedoch, mein Herr, ich könnte Euch zwingen, da ich hier zu befehlen habe,« versetzte Mordaunt. »Ja, mein Herr,« entgegnete d'Artagnan, auf gefällige Weise lächelnd, »obwohl wir, ich und Herr du Vallon, die Ehre hatten, in Eurer Gesellschaft zu reisen, so sieht man doch, daß Ihr uns noch nicht kennet. Wir sind Edelleute, wir sind Franzosen, wir beide sind imstande, Euch und Eure acht Mann in die Pfanne zu hauen; also bei Gott, Herr Mordaunt, seid nicht eigensinnig, denn wenn man eigensinnig ist, so bin ich's gleichfalls, und werde dann furchtbar wildmutig. Sodann Herr du Vallon hier,« fuhr d'Artagnan fort, »der in diesem Falle noch viel hartnäckiger und trotziger ist, als ich, ohne in Anschlag zu bringen, daß wir Abgeordnete des Herrn Kardinals Mazarin sind, der den König von Frankreich vertritt; es geht nun daraus hervor, daß wir den König und den Kardinal vertreten, und somit in unserer Eigenschaft als Botschafter unverletzbar sind, ein Umstand, welchen Herr Oliver Cromwell, der gewiß eben so sehr ein großer Staatsmann wie ein großer General ist, vollkommen begreifen wird. Verlangt also von ihm den schriftlichen Befehl, denn was soll Euch das kosten, lieber Herr Mordaunt?«
»Ja, den schriftlichen Befehl,« versetzte Porthos, der in d'Artagnans Absichten einzugehen anfing; »man fordert von Euch nichts weiter.« Mordaunt beschloß, nicht bloß den Befehl, sondern auch noch die zweitausend Pistolen zu holen, den Preis nämlich, zu dem er selbst die zwei Gefangenen geschätzt hatte. Mordaunt schwang sich nun wieder auf das Pferd, empfahl dem Sergeanten, gute Wache zu halten, wandte sich um und sprengte von hinnen. »Gut,« sprach d'Artagnan, »eine Viertelstunde, um nach dem Gezelte zu kommen, eine Viertelstunde, um zurückzukehren, das ist mehr, als wir bedürfen.« Dann wandte er sich wieder zu Porthos, ohne daß sein Gesicht die geringste Gemütsbewegung kundgab, so daß die, welche ihn belauschten, glauben konnten, er setze dieselbe Unterredung fort, und indem er ihm fest in das Gesicht blickte, sprach er zu ihm: »Freund Porthos, höret wohl auf mich. Redet fürs erste nicht eine Silbe mit unseren Freunden von dem, was Ihr eben gehört habt, sie brauchen den Dienst, welchen wir ihnen erweisen, nicht zu kennen.«
»Wohl,« versetzte Porthos, »ich verstehe.«
»Geht von hier weg in den Stall, dort findet Ihr Mousqueton, sattelt die Pferde, steckt die Pistolen in die Halftern, führt sie heraus auf die Straße, dort, daß man nur aufzusitzen braucht; das übrige betrifft dann mich.« Porthos tat nicht den geringsten Einspruch und folgte mit der großen Zuversicht, die er zu seinem Freunde hegte. »Ich gehe,« sprach er; »soll ich aber in das Zimmer treten, worin sich diese Herren befinden?«
»Nein, es ist nicht nötig.«
»Nun, so seid so gefällig und steckt die Börse ein, welche ich auf dem Kamine liegen ließ.«
»Seid ruhig.« Porthos schritt nun in seiner ruhigen und gelassenen Haltung nach dem Stalle, und ging mitten durch die Soldaten, welche, ob er auch Franzose war, nicht umhin konnten, seine hohe Gestalt und seine
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