Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
das ist etwas anderes,« erwiderte d'Artagnan, »und dieser Grund scheint mir auch annehmbar. Was mich betrifft, so gestehe ich, daß ich nötigenfalls ein Jahr lang in London verweilen wollte, um den fraglichen Mordaunt wieder aufzufinden. Wir müssen uns nur bei einem vertrauenswürdigen Manne einquartieren, und so, daß wir keinen Verdacht erwecken, denn in diesem Augenblicke läßt uns Herr Cromwell zuverlässig aufsuchen, und so viel ich schließen konnte, treibt Herr Cromwell keinen Scherz. Athos, ist Euch in der ganzen Stadt ein Gasthaus bekannt, wo man ein reinliches Bett, anständiges Rostbeef und Wein findet, dem nicht Hopfen und Wachholder zugesetzt sind?« »Ich denke, Euch dienen zu können,« antwortete Athos. »Lord Winter hat uns zu einem Mann geführt, von dem er sagte, er war einst Spanier und nun ein durch die Guineen seiner Landsleute neutralisierter Engländer. Was sagt Ihr, Aramis? »Nun, mir kommt der Plan, bei Signor Perez einzukehren, ganz vernünftig vor; ich trete ihm also meinerseits bei. Wir wollen das Andenken des armen Lord Winter beschwören, den er so hoch zu verehren schien; wir wollen ihm sagen, daß wir Zeugen dessen zu sein wünschen, was da vorgeht; wir wollen jeder täglich eine Guinee bei ihm verzehren, und so glaube ich, daß wir mittels all dieser Vorsichtsmaßregeln ganz ruhig bei ihm sein können» »Aramis, Ihr vergeßt jedoch eine Vorsichtsmaßregel, welche sogar ziemlich wichtig ist.« »Welche denn?« «Auf die, die Kleider zu wechseln.« »Bah,« rief Porthos, »was sollen wir die Kleider wechseln, da es uns in diesen hier so behaglich ist?« »Damit wir nicht erkannt werden,« antwortete d'Artagnan. »Unsere Kleider haben einen Schnitt und eine fast uniformartige Farbe, die den Frenchman auf den ersten Blick erraten läßt. Da ich aber für den Schnitt meines Rockes und die Farbe meiner Beinkleider nicht derart eingenommen bin, daß ich mich ihnen zuliebe der Gefahr aussetzen wollte, in Tyburn gehenkt zu werden, oder eine Fahrt nach Indien zu machen, so will ich mir einen kastanienbraunen Anzug kaufen. Ich habe ja bemerkt, wie versessen die albernen Puritaner auf derlei Farben sind.« »Werdet Ihr aber Euren Mann wieder auffinden?« fragte Aramis. »O gewiß, er wohnte in der Straße Green-Hall, Betfords Tavern; überdies wollte ich mit verbundenen Augen durch die City wandern.« »Ich wünschte schon dort zu sein,« versetzte d'Artagnan, »und ich glaube, um vor Tagesanbruch nach London zu kommen, müßten wir unsere Pferde halb zu Tode reiten.« »So laßt uns denn vorwärts eilen,« sprach Athos, »denn wenn meine Berechnung nicht fehlgeht» so sind wir kaum acht bis zehn Meilen weit davon entfernt.« Die Freunde spornten ihre Renner und kamen auch wirklich gegen fünf Uhr früh an. Ein Wachtposten hielt sie bei dem Tore an, durch das sie einritten, und Athos antwortete ganz gut englisch: sie seien vom Obersten Harrison ausgeschickt um seinem Kollegen, Herrn Bridge, die nahe Ankunft des Königs zu melden. Diese Antwort verursachte einige Fragen über die Gefangennehmung des Königs, und Athos gab so bestimmte und genaue Einzelheiten an, daß, wenn die Torwachen irgend einen Verdacht gehabt hätten, derselbe gänzlich verschwunden wäre. Sonach wurde den vier Freunden der Eintritt mit allen möglichen puritanischen Glückwünschen geöffnet.
Athos hatte wahr gesprochen; er ritt unmittelbar nach Betfords Tavern, und der Wirt, welcher ihn sogleich wiedererkannte, war höchlich erfreut, als er ihn mit einer so zahlreichen und hübschen Gesellschaft zurückkehren sah, so daß er auf der Stelle die schönsten Zimmer zurechtrichten ließ. Wiewohl der Tag noch nicht angebrochen war, so hatten doch unsere vier Freunde die Stadt ganz in Aufruhr angetroffen. Wie man sich erinnern wird, so war der Vorschlag von seiten Porthos', einstimmig angenommen worden. Man beschäftigte sich sofort mit seiner Ausführung. Der Wirt ließ alle Arten von Kleidern herbeischaffen, als wollte er selbst seine ganze Garderobe neu instand setzen. Athos wählte für sich einen schwarzen Anzug, der ihm das Aussehen eines ehrsamen Bürgers gab; Aramis, der sein Schwert nicht ablegen wollte, nahm eine dunkelgrüne Kleidung von militärischem Zuschnitt; Porthos fand sein Gefallen an einem roten Wams und grünen Beinkleidern; d'Artagnan, der sich die Farbe im voraus bestimmt hatte, brauchte sich nur noch mit der Schattierung zu befassen, und unter dem kastanienbraunen Anzug, der ihn angelockt hatte,
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