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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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und sprach: »Feuer auf diese Tribüne!« Da sprangen aber mit Gedankenschnelle d'Artagnan, der Athos mitten um den Leib faßte, und Porthos, welcher Aramis forttrug, von den Stufen herab, stürzten in die Vorhallen, eilten die Treppen hinab und verloren sich unter dem Gewühle, indes im Innern des Saales die angeschlagenen Feuerrohre 3000 Zuschauer bedrohten, deren Geschrei um Barmherzigkeit und dessen schreckvoller Lärm den Befehl aufhielt, der bereits erteilt worden war. Karl hatte gleichfalls die vier Franzosen erkannt; er drückte seine Hand an das Herz, um das Pochen zurückzudrängen, und hielt die andere Hand vor die Augen, um seine getreuen Freunde nicht erwürgen zu sehen. Mordaunt stürzte, blaß und zitternd vor Wut, das entblößte Schwert in der Rechten, mit den Hellebardieren aus dem Saale, durchspürte atemlos die Menge, und kehrte, da er nichts fand, wieder zurück. Die Verwirrung war ungeheuer. Es verging über eine halbe Stunde, ohne daß jemand sich verständlich machen konnte. Die Richter meinten, jede Tribüne wäre bereit, loszubrechen; die Tribünen sahen die Gewehre gegen sich gerichtet, und so blieben sie lärmend und aufgeregt zwischen Angst und Neugierde. Endlich ward die Ruhe wiederhergestellt. »Was könnt Ihr zu Eurer Verteidigung sagen?« fragte Bradshaw den König.
    Karl sprach nun im Tone eines Richters und nicht eines Angeklagten, indem er das Haupt stets bedeckt hielt und nicht aus Demut, sondern als Herrscher aufstand: »Ehe Ihr mich fragt, gebt mir zur Antwort. Ich war frei in Newcastle und schloß dort mit beiden Häusern eine Übereinkunft ab. Statt daß Ihr diese Übereinkunft erfüllt hättet, wie ich es tat, habt Ihr mich von den Schotten erkauft, wohl nicht teuer, das weiß ich, und das gereicht der Sparsamkeit Eurer Regierung zur Ehre. Doch glaubt Ihr denn, daß ich aufgehört habe, Euer König zu sein, weil Ihr mich mit dem Preise eines Sklaven bezahlt habt? Keineswegs! Euch zu antworten, hieße das vergessen. Ich werde Euch somit nur dann antworten, wenn Ihr mir Euer Recht dargelegt habt, mich befragen zu dürfen. Euch antworten, hieße, Euch als meine Richter anerkennen, während ich Euch nur als meine Henker anerkenne.« Hier setzte sich Karl, mitten in der Todesstille ruhig, stolz und stets mit bedeckten Haupte, wieder auf seinen Stuhl. »Ach, warum sind meine Franzosen nicht hier!« murmelte Karl und wandte seine Augen nach der Tribüne, wo sie sich auf einen Augenblick gezeigt hatten; »sie würden sehen, daß Ihr Freund würdig ist, im Leben verteidigt und im Tode beweint zu werden.« Er mochte aber seinen Blick noch so tief in das Menschengewühl versenken und zu Gott gewissermaßen um diese süße und tröstende Gegenwart flehen, er sah nichts als stumpfsinnige und scheue Gesichter, und so fühlte er sich mit dem Hasse und der Grausamkeit in Kampf versetzt. »Wohlan,« rief der Präsident, als er Karl entschlossen sah, völlig zu schweigen, »wohlan, wir werden Euch ungeachtet Eures Schweigens aburteilen. Ihr seid des Verrates, der mißbrauchten Gewalt und des Mordes angeklagt. Die Zeugen werden es bekräftigen. Geht, und die nächste Sitzung wird das zustande bringen, was Ihr Euch heute zu tun weigert.«
    Karl erhob sich, und zu Parry gewendet, welchen er blaß und die Schläfe von Schweiß triefend sah, sprach er: «Nun, guter Parry, was ist es denn? was ergreift dich so sehr?« »O, Sire,« entgegnete Parry mit Tränen im Auge und kläglicher Stimme, «wenn Sie den Saal verlassen, so blicken Sie zur Linken.« »Weshalb, Parry?« »Sehen Sie nicht hin, ich bitte, mein König.« »Aber, was ist es denn? rede nur,« sprach Karl und versuchte, durch die Reihe der Wachen zu blicken, die hinter ihm standen. »Was ist es? Doch, Sire, nicht wahr, Sie werden nicht hinblicken? »Man ließ das Beil, womit man Verbrecher richtet, auf einen Tisch legen. Dieser Anblick ist entsetzlich, Sire, ich bitte, nicht hinzusehen.« »Die Einfältigen!« sprach Karl; »halten sie mich denn für so feige, wie sie sind?« »Du hast wohlgetan, Parry, es mir zu sagen, ich danke dir.« Da nun der Augenblick des Fortgehens gekommen war, so verließ Karl den Saal und folgte seinen Wachen. In der Tat funkelte links von der Türe mit Unheil verkündendem Widerscheine des roten Teppichs das weiße Beil mit dem langen Stiele, der von der Hand des Scharfrichters schon geglättet war. Als nun Karl demselben gegenüber ankam, blieb er stehen, wandte sich um und sprach lächelnd: »Ah, ah, das

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