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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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verhaftet?«
    »Gestern in Saint Germain, als er von der Königin wegging.« Die Arme d'Artagnan's glitten schlaff an seiner Seite herab, als wäre er vom Blitze getroffen worden. Die Blässe ergoß sich wie eine weiße Wolke in sein Antlitz, verschwand aber sogleich wieder. »Gefangen!« stammelte er.
    »Gefangen!« wiederholte Porthos niedergeschlagen. Auf einmal richtete d'Artagnan den Kopf wieder empor, und man sah in seinen Augen einen Blitz zucken, den Porthos kaum bemerkt hätte. Dann folgte diesem flüchtigen Scheine die vorige Niedergeschlagenheit wieder.
    Comminges, der zu d'Artagnan wirklich eine freundschaftliche Neigung gefaßt hatte, und zwar seit jenem großen Dienste, den ihm dieser am Tage von Broussel's Verhaftung erzeigt hatte, wo er ihn den Händen der Pariser entriß, sprach zu ihm:
    »Ha doch! weit entfernt, daß ich Euch eine traurige Botschaft überbringen wollte. Bei dem jetzigen Kriege ist unser ganzes Sein ungewiß. Lacht also über den Zufall, der Euren Freund und Euch näher bringt, statt daß Ihr untröstlich darüber seid.« Diese Aufforderung hatte aber keinen Einfluß auf d'Artagnan, er behielt seine traurige Miene.
    »Was für eine Miene machte er denn?« fragte Porthos, der die Gelegenheit nützen und sein Wort anbringen wollte, als er sah, daß d'Artagnan das Gespräch fallen ließ.
    »Nun, eine recht gute Miene,« antwortete Comminges. »Anfangs zeigte er sich wohl ziemlich trostlos wie Ihr; als er jedoch erfuhr, daß ihm der Kardinal diesen Abend noch einen Besuch machen wollte ...«
    »Ha!« rief d'Artagnan, »der Herr Kardinal will dem Grafen de la Fère einen Besuch machen ...«
    »Ja, er ließ es ihm melden, und als der Herr Graf de la Fère das hörte, gab er mir den Auftrag, Euch zu sagen, er wolle diese Gunst des Kardinals dazu nützen, für Eure Sache und für die seinige zu reden.«
    »O der liebe Graf!« rief d'Artagnan.
    »Eine hübsche Sache!« murmelte Porthos,
    »eine große Gunst! Bei Gott! der Graf de, la Fère, dessen Familie mit den Montmorencys und den Rohans verwandt ist, ist doch ebenbürtig mit Herrn von Mazarin!«
    »Gleichviel,« entgegnete d'Artagnan in seinem plattesten Tone; »wenn man das in Erwägung zieht, lieber du Vallon, so ist es viel Ehre für den Herrn Grafen de la Fère, auch läßt sich viel Hoffnung dabei nähren. Ein Besuch – nach meiner Ansicht ist es selbst eine so große Ehre für einen Gefangenen, daß ich glaube, Herr von Comminges sei im Irrtume.«
    »Wie? ich bin im Irrtume?«
    »Herr von Mazarin wird wohl nicht den Grafen de la Fère besuchen, sondern der Herr Graf de la Fère wird zu Herrn von Mazarin berufen werden.«
    »Nein, nein, nein!« rief Comminges, der darauf hielt, daß man die Dinge in ihrer ganzen Genauigkeit herstelle. »Ich habe das, was der Herr Kardinal gesagt hat, ganz richtig verstanden. Er wird den Herrn Grafen de la Fère besuchen.« D'Artagnan war bemüht, von Porthos einen Blick aufzufangen, ob sein Freund die Wichtigkeit dieses Besuches einsehe, allein Porthos sah gar nicht nach dieser Seite hin.
    »Es ist also eine Gewohnheit des Herrn Kardinals, daß er in seiner Orangerie spazieren geht?« fragte d'Artagnan.
    »Er schließt sich dort jeden Abend ein,« antwortete Comminges; »es scheint, daß er dort über die Staatsangelegenheiten nachdenke.«
    »Dann fange ich an zu glauben,« versetzte d'Artagnan, daß Herr de la Fère von seiner Eminenz einen Besuch empfangen werde; überdies wird er sich sicher begleiten lassen.«
    »Ja, von zwei Soldaten.« »Und so wird er vor zwei Fremden über Geschäfte sprechen?«
    »Die Soldaten sind Schweizer aus kleinen Kantons und verstehen bloß Deutsch. Ueberdies werden sie wahrscheinlich an der Türe warten.« D'Artagnan grub seine Fingernägel in die Ballen seiner Hände, damit sein Gesicht keinen andern Ausdruck annehme, als den er ihm eben erlauben wollte, und sprach dann:
    »Herr von Mazarin mag auf seiner Hut sein, bei dem Grafen de la Fère so allein einzutreten, da der Graf de la Fère wütend sein muß.« Comminges fing an zu lachen und fragte:
    »Ha doch, man sollte wirklich meinen, Ihr wäret Menschenfresser; Herr de la Fère ist höflich und überdies hat er keine Waffen. Auf den ersten Ruf Seiner Eminenz würden die zwei Soldaten, die ihn stets begleiten, herbeistürzen.«
    »Zwei Soldaten,« versetzte d'Artagnan, während er seine Erinnerungen zu sammeln schien, »zwei Soldaten; ja, also deshalb höre ich jeden Abend zwei Mann rufen, die ich oft eine halbe

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