Zwei an Einem Tag
eine der unvergesslicheren Nächte meines Lebens. Trotzdem finde ich, wir sollten es dabei belassen.« Sie nahm die Beine vom Sofa und rutschte zu ihm hinüber, bis ihre Hüften sich berührten, nahm seine Hand und legte ihm den Kopf auf die Schulter. Beide starrten die Bücherregale an, bis Emma seufzte. »Warum hast du all das nicht, keine Ahnung – vor acht Jahren gesagt?«
»Weiß nicht, ich schätze, ich war zu beschäftigt mit … Spaß haben.«
Sie hob den Kopf und sah ihn von der Seite an: »Und jetzt, wo du keinen Spaß mehr hast, denkst du, ›gute, alte Em, probieren wir sie mal aus …‹«
»Das habe ich nicht gemeint …«
»Ich bin kein Trostpreis, Dex. Auf mich greift man nicht im Notfall zurück. Ich finde, ich habe was Besseres verdient.«
»Ich finde auch, du hast was Besseres verdient. Darum bin ich hier. Du bist hinreißend, Em.«
Abrupt stand sie auf, nahm ein Kissen, warf es ihm hart an den Kopf und ging ins Schlafzimmer. »Halt die Klappe, Dex.«
Als sie an ihm vorbeikam, griff er nach ihrer Hand, aber sie riss sich los. »Wo willst du hin?«
»Mich duschen und umziehen. Ich kann nicht die ganze Nacht hier rumsitzen!«, rief sie aus dem anderen Zimmer herüber, zerrte aufgebracht Kleider aus dem Schrank und warf sie aufs Bett. »Schließlich wird er in zwanzig Minuten hier sein!«
»Wer?«
»Was glaubst du wohl? Mein NEUER FREUND!«
»Jean-Pierre kommt her?«
»M-hm. Um acht.« Sie begann, die winzigen Knöpfe an der Bluse aufzuknöpfen, gab auf, zog sie sich ungeduldig über den Kopf und schleuderte sie auf den Boden. »Wir gehen zum Abendessen aus! Zu dritt!«
Er ließ den Kopf nach hinten sinken und gab ein langgezogenes, leises Stöhnen von sich. »Oh Gott. Muss das sein?«
»Ich fürchte ja. Es ist alles schon arrangiert.« Sie war jetzt nackt und aufgebracht, über sich selbst und die Situation. »Wir nehmen dich ins Restaurant mit, wo wir uns kennengelernt haben! Das berühmte Bistro . Wir werden am selben Tisch sitzen, Händchen halten und dir alles darüber erzählen! Es wird sehr, sehr romantisch.« Sie warf die Badezimmertür zu und schrie hindurch: »Und kein bisschen peinlich!«
Dexter hörte das Rauschen des Wassers, lehnte sich zurück, starrte an die Decke und bereute diese lächerliche Aktion. Er hatte gedacht, die Antwort gefunden zu haben, dachte, dass sie sich gegenseitig retten konnten, dabei ging es Emma schon seit Jahren bestens. Wenn jemand gerettet werden musste, dann war er es.
Und vielleicht hatte Emma ja Recht, vielleicht war er ein bisschen einsam. Er hörte das Gluckern der uralten Rohrleitungen, als das Wasser abgedreht wurde, und da war es wieder, das schreckliche, beschämende Wort. Einsam. Und das Schlimmste war, dass es zutraf. Nie hätte er gedacht, dass er je einsam sein würde. Zu seinem 30. Geburtstag hatte er einen ganzen Nachtclub in einer Nebenstraße der Regent Street gefüllt; die Leute hatten bis auf den Gehsteig angestanden, um hereinzukommen. Auf der SIM-Karte des Handys in seiner Tasche waren die Telefonnummern von hunderten von Leuten gespeichert, die er in den letzten zehn Jahren kennengelernt hatte, und trotzdem war die einzige Person, mit der er in all der Zeit je hatte reden wollen, gerade im Zimmer nebenan.
War das wirklich so? Er dachte darüber nach, kam zu dem Schluss, dass es stimmte, und entschied, es ihr auf der Stelle zu sagen. Kurz vor dem Schlafzimmer blieb er stehen.
Er beobachte sie durch einen Spalt in der Tür. Sie saß an einem kleinen Schminktisch aus den 50ern, das kurze Haar noch feucht vom Duschen, trug ein knielanges, altmodisches schwarzes Seidenkleid, dessen Reißverschluss am Rücken bis zum Kreuz offen stand, so dass man die Schatten unter ihren Schulterblättern sah. Reglos, stocksteif und elegant saß sie da, als warte sie darauf, dass jemand kam und den Reißverschluss zumachte, und die Aussicht hatte etwas so Verlockendes, die simple Geste etwas so Intimes und Befriedigendes, so vertraut und neu zugleich, dass er beinahe schnurstracks ins Zimmer marschiert wäre. Er würde ihr das Kleid zumachen, sie auf die Kuhle zwischen Hals und Schulter küssen und es ihr sagen.
Stattdessen sah er schweigend zu, wie sie nach einem Buch auf dem Schminktisch griff, ein großes, zerlesenes englisch-französisches Wörterbuch. Sie blätterte darin, hielt abrupt inne, beugte sich vor, strich sich mit beiden Händen den Pony aus der Stirn und stöhnte wütend auf. Dexter lachte über ihren Frust, leise, wie er
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