Zwei an Einem Tag
Ein Hauch von Swansea an der Via del Corso. Reizend, ganz reizend.« Alison ließ den Arm ihres Sohnes los und nahm seine Hand. »Führ mich morgen zum Mittagessen aus, ja? Dein Vater kann währenddessen in einem abgedunkelten Raum sitzen und in seinen Hühneraugen pulen. Lass uns ausgehen, nur du und ich, irgendwo draußen an einem netten Platz. Weiße Tischdecken. Irgendwas Teures, ich lade dich ein. Du kannst deine Fotos von interessanten Kieseln mitbringen.«
»Okay«, sagte er schmollend. Seine Mutter lächelte stirnrunzelnd, drückte ihm ein wenig zu fest die Hand, und plötzlich verspürte er einen Anflug von Besorgnis. »Warum?«
»Weil ich mit meinem gutaussehenden Sohn reden will, und im Moment bin ich dazu etwas zu betrunken.«
»Was ist los? Sags mir jetzt!«
»Nichts, nichts.«
»Ihr lasst euch doch nicht scheiden, oder?«
Sie lachte leise. »Sei nicht albern, natürlich nicht.« Sein Vater hatte sie nun entdeckt, stand auf und zog an der »Bitte drücken«-Tür. »Wie könnte ich je einen Mann verlassen, der sich die Hemden in die Unterhose stopft?«
»Jetzt sag schon, was ist los?«
»Nichts Schlimmes, Schatz, nichts Schlimmes.« Sie stand auf der Straße, lächelte ihn tröstend an, legte ihm die Hand auf das kurze Haar im Nacken und zog ihn zu sich hinunter, bis sich ihre Stirnen berührten. »Mach dir keine Gedanken. Morgen. Morgen besprechen wir alles in Ruhe.«
KAPITEL DREI
Der Taj Mahal
Sonntag, 15. Juli 1990
Bombay und Camden Town
»RUHE, BITTE! Darf ich um Ruhe bitten? Könnt ihr mal ruhig sein, bitte? Könntet ihr einfach mal zuhören, bitte? Bitte? RUHE, BITTE? Danke.«
Scott McKenzie ließ sich auf dem Barhocker nieder und musterte sein achtköpfiges Mitarbeiterteam: Alle unter 25, alle in weißen Jeans und Baseballkappen mit Firmenlogo, und alle wünschten sich verzweifelt woandershin, weg von der Sonntagmittagsschicht im Loco Caliente, einem Tex-Mex-Restaurant an der Kentish Town Road, in dem sowohl das Essen als auch die Atmosphäre scharf, schärfer, am schärfsten waren.
»Bevor wir jetzt die Türen für den Brunch öffnen, möchte ich noch mal die heutigen sogenannten ›Tagesgerichte‹ durchgehen, wenn ihr erlaubt. Unsere Tagessuppe ist eine der üblichen Verdächtigen, die Zuckermaissuppe, und der Hauptgang besteht aus einem saftigen, köstlichen Fischburrito.«
Scott atmete tief aus und wartete, bis das Aufstöhnen und der gespielte Brechreiz verebbten. Er war ein kleiner blasser Mann mit geröteten Augen und einem Abschluss in Business Management aus Loughborough und hatte einst gehofft, ein Business-Tycoon zu werden. Früher hatte er sich ausgemalt, er würde in Konferenzzentren Golf spielen oder die Stufen eines Privatjets hinaufsteigen, stattdessen hatte er erst heute Morgen einen gelben, aufquellenden Schweinefettklumpen aus dem Küchenabfluss geholt. Mit bloßen Händen. Er konnte das Fett noch an den Fingern spüren. Er war 39 Jahre alt, und so hatte er sich das nicht vorgestellt.
»Im Grunde ist es nur der Standard-Rindfleisch-Schrägstrich-Hühnchen-Schrägstrich-Schweinefleisch-Burrito, allerdings mit, Zitat: ›köstlich-saftigen Kabeljau-und Lachsstückchen‹. Wer weiß, vielleicht ist ja sogar die eine oder andere Garnele drin.«
»Das ist einfach … grauenhaft «, lachte Paddy hinter der Bar, wo er Limetten für Bierflaschenhälse in Stücke schnitt.
»Das bringt einen Hauch von Nordatlantik in die lateinamerikanische Küche«, sagte Emma Morley, band sich die Kellnerschürze um und bemerkte einen Neuankömmling hinter Scott, einen kräftigen Mann mit blonden Locken auf dem großen, runden Kopf. Der Neue. Das Personal musterte ihn, vorsichtig abwägend wie einen Neuzugang auf einem G-Wing-Raumschiff.
»Jetzt zu etwas Erfreulicherem«, sagte Scott. »Ich möchte euch gern Ian Whitehead vorstellen, der ab heute zu unserem glücklichen, hochqualifizierten Personalteam gehört.« Ian schob sich die vorschriftsmäßige Baseballkappe tief in den Nacken, hob grüßend den Arm und klatschte die Luft ab. »Yo, Leute!«, sagte er mit einer Art amerikanischem Akzent.
» Yo, Leute? Wo treibt Scott die nur auf ?«, kicherte Paddy hinter der Bar gerade so laut, dass der Neuankömmling es hören musste.
Scott erschreckte Ian, indem er ihm auf die Schulter schlug: »Dann übergebe ich dich mal Emma, unserer dienstältesten Mitarbeiterin!«
Emma verzog ob dieser Auszeichnung das Gesicht, lächelte den Neuen entschuldigend an, und er lächelte mit fest
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