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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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er de Arbeit hingeschmissen und macht nu einen auf Hausmann. Dat klappt nur nich. De Blagen plärren, allet is dreckig, Klamotten und Geschirr liecht rum, und weil dat seine Manneskraft überfordert, säuft er nu. Der braucht dat! Wenn dat Delirjum da so am Nahen is, dann is dat wie son Schleier für ihm. Und durch den sieht er nix. Der hat dat nich gesehn, dat du nich seine Olle bis. Deshalb hat der hier so rumgestänkert, Evken, da musse echt nich für heulen …«
    Sie redete so liebevoll auf mich ein, dass ich mehrere Anläufe brauchte, um ihr klar zu machen, dass ich nicht wegen Karl-Heinz, sondern wegen dieser fürchterlichen Angst in mir weinte. Das hielt Claudia jedoch für ausgemachten »Mumpitz«. »Keinen Menschen hat Angst vor ne Erinnerung!«, dozierte sie. »Dat mach dir klar, Eva. Dat wär ja ma noch schöner, Angst ham vor Ostern achtenfuffzig! So wat gibt et nich. – Und du kenns den Beckerschen auch nich, dat hasse bloß geglaubt. Jetz weiße, datte ihm nich kenns, und deshalb weiße jetz auch, dat dat allet Mumpitz wa. – Ne?«
    Sie sagte das sehr überzeugend, und deshalb fing ich schon an, es zu glauben. Aber diese fremde Angst in mir blieb, und jedes Mal, wenn Daniela mich während unserer Sitzungen auf diese Angst ansprach, wurde sie ein kleines bisschen größer. Ich konnte sie plötzlich auch immer seltener verdrängen, zumal uns ihr Auslöser, Karl-Heinz Becker, vorerst noch erhalten blieb. Jeden Abend torkelte er volltrunken auf die Station, lieferte seinen Auftritt, wartete die hysterische Reaktion der Gattin ab, ließ sich abführen.
    Im Grunde waren Karl-Heinz und seine Mätzchen untragbar, und deshalb musste nach einer Lösung gesucht werden. Als es Andrea dann wieder etwas besser ging, bot Professor Mennert ihr daher Heimaturlaub an.
    »Vielleicht trägt das ja zur Entspannung der Lage bei«, meinte er. »Wenn Ihr Mann Sie wieder mal um sich hat … glauben Sie nicht?«
    Andrea wusste nicht, was sie glauben sollte, und wahrscheinlich wollte sie auch gar nichts glauben. Sie hatte wenig Sinn für Vermutungen und überflüssige Gedanken und wandte sich sofort der praktischen Seite des Angebots zu, indem sie anfing, ihre Sachen zusammenzupacken.
    Als sie uns am nächsten Morgen verließ, bescherte uns dieser Abschied ein einmaliges Erlebnis: Karl-Heinz war nämlich nüchtern, als er seine Frau abholte. So hatten wir ihn alle noch nie gesehen.
    In seinen Adern floss wahrhaftig Blut statt Alkohol, und er trug seinen besten Anzug. So geleitete er sein geliebtes Weib heim zu Kindergeschrei, Abwasch und Bügelwäsche. Das glaubte zumindest unsere Claudia.
    Als Andrea fünf Tage später zurückkam, wirkte sie reichlich abgearbeitet. Dennoch hatte der Heimatstress ein Wunder vollbracht: Karl-Heinz randalierte nicht mehr. Fast zwei Wochen lang herrschte bei den Beckers eitel Sonnenschein, dann ging das Theater von vorne los. »Die faule Sau soll aufstehen!«
    »Du bist an meinem frühen Tode schuld!«
    »Wozu hab’ ich geheiratet?«
    Unter diesen Umständen blieb den Ärzten gar keine andere Wahl, als Andrea neuerlich an die Familienfront zu schicken. Andrea zeigte sich davon wenig begeistert.
    Als Kranke in die Welt der Gesunden einzubrechen, sei wahnsinnig anstrengend, erklärte sie. Man würde den anderen nicht zur Last fallen wollen und sich deshalb zwangsläufig überfordern. Als dieser Einwand ignoriert wurde, rückte sie mit ihrem eigentlichen Problem heraus. Sie litt seit kurzem unter Bauchschmerzen und Übelkeit. Sofort wurden diverse Untersuchungen vorgenommen, doch da die allesamt ergebnislos verliefen, schob man Andreas Beschwerden auf die liebe Psyche und entsandte sie in den Schoß ihrer Familie.
    Der Ausflug war von kurzer Dauer. Knapp vierundzwanzig Stunden nach ihrem Urlaubsantritt brachte Karl-Heinz seine Andrea als Notfall in die Klinik zurück.
    »Das ist vermutlich eine Eierstockentzündung«, diagnostizierte der Aufnahmearzt. »Denn Verkehr hatten Sie doch sicher in Ihrem Zustand nicht. – Oder, Frau Becker? – Herr Becker?«
    Beide verneinten, Andrea war sichtlich empört, dass man ihrem Mann unterstellte, seine schwerkranke Frau zu ehelichen Pflichten herangezogen zu haben. So erhielt sie ein paar handelsübliche Medikamente und wurde wieder auf S 1 gelegt. Karl-Heinz trat mit gesenktem Kopf den Heimweg an.
    »Bestimmt hat se ihn den Flur noch nich geputzt!« Claudia dachte wie immer das Beste.
    Einige Stunden später erhielt Andrea von der Nachtschwester ein schweres

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