Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
Vom Netzwerk:
geworden war, als dass man mir mit Bescheidenheit noch hätte kommen können. Dieser Gedanke gefiel mir, und so ließ ich mich ganz auf ihn ein. Ich hatte ein Recht auf die Erfüllung meiner Träume, davon war ich überzeugt. Ich hatte ein Recht auf das Leben, und von diesem Recht wollte ich Gebrauch machen, ich wollte leben, endlich leben …
    »Kennst du die Statistik?«
    Diese Worte waren wie eine kalte Dusche für mich. »Was für eine Statistik?«
    »Deine Statistik, Eva?!«
    Für einen kurzen Moment wurde mir schwarz vor Augen. Ich wusste zwar nicht wirklich, was sie meinte, aber ich ahnte, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte.
    »Für Zahlen habe ich mich noch nie interessiert«, wich ich aus, »das weißt du doch.«
    Daniela sah mich nur an. »Noch nie?«
    Die Angst schnürte mir plötzlich die Kehle zu, und ich wollte schlucken. Ich wollte sie herunterschlucken, diese Angst, doch es gelang mir nicht.
    Daniela spürte das. »Komm, Eva«, sagte sie, »es hat ohnehin keinen Zweck, dass wir beide reden. Zuerst muss Professor Mennert mit dir sprechen, und … ich werde ihn darum bitten.«
    »Aber – aber worüber soll er denn – ich meine –«
    »Frag nicht mich, Eva … frag ihn!«

KAPITEL 32
    Früh am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zu Mennerts Büro. Es lag jenseits von S 1 am Ende eines langen Ganges, auf dem zu dieser Zeit noch kaum Betrieb war. Lediglich zwei junge, kichernde Laborantinnen kamen mir entgegen, ansonsten war da nur das dumpfe Klick-Klack meiner Absätze und das kalte Morgenlicht, das durch die Fenster auf den blank gebohnerten Linoleumboden fiel.
    Ich fühlte mich unendlich einsam. Und ich hatte unbeschreibliche Angst.
    Seit meinem Gespräch mit Daniela hatte sich niemand mehr um mich gekümmert. Nur Schwester Helma war am Abend noch mal eben kurz bei mir erschienen, um mir mitzuteilen, dass der Professor mich heute Früh in seinem Sprechzimmer erwarten würde. Danach hatte man mich endgültig mir selbst überlassen, und damit war dann fast zwangsläufig das Chaos in mir ausgebrochen. Zuerst hatte ich geheult und geschluchzt. So dumm war ich schließlich nicht, als dass ich mir nicht hätte zusammenreimen können, dass mit mir etwas nicht stimmte.
    »Immer ich!«
    Gegen Mitternacht versiegten die Tränen dann. Ich gelangte nämlich zu der Überzeugung, dass ich eigentlich gar nicht wissen wollte, was da nicht mit mir stimmte, und deshalb beschloss ich, Professor Mennert zu versetzen und mich irgendwo zu verstecken, wo ich Augen und Ohren vor der Wahrheit verschließen konnte.
    »Ohne mich!«
    Anschließend wälzte ich mich dann drei Stunden lang von einer Seite auf die andere: Wie es schien, war es längst zu spät für eine solche Vogel-Strauß-Politik, wie es schien, hatte mich der Sog der Ereignisse längst mit sich gerissen, sodass ich nur noch vor der Wahrheit würde fliehen können, mich die Angst vor der Wahrheit aber überallhin begleiten würde.
    »Was nun, Eva?«
    Als es draußen hell wurde, glaubte ich, die Antwort gefunden zu haben. Ich stand auf, wusch mich, machte mich zurecht, hüllte mich in mein Lieblingskleid. Es war ein orangefarbenes Kaminkleid mit einem überweiten Rollkragen und seitlichen Schlitzen, die bis hinauf zu den Hüften reichten. Dazu gehörten ein Paar ebenfalls orangefarbene Schuhe, und um es perfekt zu machen, bemalte ich auch noch meinen Mund mit orangefarbenem Lippenstift. Damit war ich das, was ich sein wollte: ein wandelndes Signal, ein »Achtung!«, in Person, ein Mittelding zwischen Gelb und Rot, Symbol für Hochmut, Liebe, Eitelkeit, Leben, Stolz und Leidenschaft, alles in einem. Stark und selbstbewusst wirkte das, und genauso sollte es auch wirken. Wenn es nun schon sein musste, wollte ich nämlich die ganze Wahrheit erfahren, und die erfuhr man in diesem Hause nun mal nur, wenn man den Eindruck erweckte, sie auch verkraften zu können. Ich konnte sie verkraften, das sollte Professor Mennert zumindest glauben, und so machte ich mich schließlich auf den Weg zu ihm.
    Dass mir all die Kraft, die ich nach außen trug, innerlich verloren ging, bemerkte ich erst, als ich diesen langen Gang entlanglief. Mit jedem Schritt wurde meine Angst größer, mit jedem Atemzug fühlte ich mich einsamer, hilfloser … dann stand ich endlich vor Mennerts Büro. Eine Fliege saß auf
der Türklinke, und meine Großmutter behauptete immer, das brächte in dieser Jahreszeit Glück … zaghaft klopfte ich an.
    Professor Mennerts Sekretärin freute sich,

Weitere Kostenlose Bücher