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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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durchschnittliche Lebenserwartung von …« Er sprach nicht weiter, er sah mich nur an.
    Statistik! Daniela hatte dieses Wort gestern benutzt, aber ich hatte es wohl überhört. Vielleicht hatte ich es aber auch nur verdrängt, wie ich es auch jetzt am liebsten verdrängt hätte.
    »Von?«, hörte ich mich plötzlich nachhaken.
    Der Professor schluckte. »Es tut mir Leid, Eva, aber …«
    »Aber was?«
    »… Sie sind nach meinem Dafürhalten eine Ausnahmeerscheinung, und deshalb möchte ich in diesem Fall keine Statistik anführen.«
    Erleichtert war er, nachdem er das ausgesprochen hatte, das war ihm deutlich anzusehen. Auf einmal atmete er wieder frei, der starre Blick schwand aus seinen Augen, sein Körper entspannte sich, und er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Er glaubte wohl, es damit hinter sich zu haben. Dabei fing es doch jetzt erst richtig an. Zumindest für mich! Unter keinen Umständen konnte ich mich so abspeisen lassen. Glühbirnen und Batterien hatten eine berechenbare Lebenserwartung, ebenso Kaffeemaschinen und Mixgeräte, vorausgesetzt, dass man sie ordnungsgemäß wartete. Dass es eine solche Statistik auch für Menschen gab, hatte ich bisher nicht gewusst. Jetzt wusste ich es, und daher wollte ich jetzt alles wissen! Mennert musste mir sagen, wie viel Zeit mir blieb, ob ich statistisch die Chance hatte, die Zündkerzen meines Autos zu überdauern. Das erklärte ich ihm in aller Deutlichkeit, doch ging er darauf nicht ein.
    »Sie haben doch gehört, was ich gesagt habe, Eva …«
    »Natürlich habe ich das gehört!«, säuselte ich, »ich habe auch Verständnis dafür, dass Sie mir eine derart ausweichende Antwort geben, und es ehrt mich auch, wenn Sie glauben –«
    »Ich habe Ihnen keineswegs ausweichend geantwortet, Eva!«
    »Natürlich haben Sie das getan!«
    »Im Gegenteil! Ich habe versucht, Ihnen klar zu machen, dass Statistiken nichts anderes sind als Vergleichungen von Massenerscheinungen! Und Sie, Eva, Sie sind nun mal keine Massenerscheinung!«
    »Aber das weiß ich doch, Herr Professor, und die Statistik interessiert mich doch auch gar nicht. Was ich wissen will –«
    »Zahlen sind oft trügerisch, Eva!«
    »Deshalb will ich ja auch nur Ihre persönliche Meinung hören, Herr Professor!«
    Mit einer solchen Hartnäckigkeit hatte Mennert wohl nicht gerechnet. Mein Verhalten schien ihm nicht gerade zu behagen, denn er senkte den Blick, griff nach seinem Füllfederhalter, der auf dem Schreibtisch lag, drehte ihn auf und wieder zu, auf und zu, auf, zu, auf, zu …
    »Sie werden doch wohl eine eigene Meinung haben«, trieb ich meine Hartnäckigkeit indes auf die Spitze, »oder etwa nicht?«
    Er reagierte nicht darauf.
    »Sie haben keine eigene Meinung, Herr Professor? Das glaube ich Ihnen nicht. Sie wollen sie nur nicht sagen.«
    »Eva …«
    »Ja?«
    »Eva …«
    »Wie lange geben Sie mir?«
    Ich brauchte sämtliche Kraft, die ich überhaupt hatte, um diese Frage stellen zu können, und ich spürte genau, dass ich fast am Ziel war, dass es nur noch den Bruchteil einer Sekunde dauern würde, bis Mennert mir die Antwort gab, die alles entscheidende Antwort …! Doch da klopfte es plötzlich an der Tür.
    »Herein!«
    Was dann geschah, wurde zu einem kleinen Höhepunkt meiner großen Leidensgeschichte. Schon so manches war mir widerfahren in meinem Leben, aber noch nie hatte es so etwas Alltägliches wie Kaffee geschafft, mich an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Jetzt war es so weit. Ich verwünschte sämtliche Plantagenbesitzer und sämtliche Röstereien, vor allem aber verwünschte ich Mennerts Sekretärin. Warum musste sie ausgerechnet in diesem für mich so wichtigen Augenblick mit der schwarzen Brühe hereinstolzieren.
    Professor Mennert war für diese Unterbrechung von Herzen dankbar und zeigte das überdeutlich.
    Er bejubelte den ach so aromatischen Duft des Gebräus, dann bat er um Kondensmilch, was er sonst offenbar nie tat, denn es war keine Dose zu finden. Als dann endlich doch noch eine, in der hintersten Ecke des Kühlschrankes, zum Vorschein kam, fehlte der Dosenöffner, und so ging man der blechernen Konserve mit einem Schlüssel zu Leibe.
    Das alles fand natürlich nicht leise statt, nein, dabei wurde laut geredet, und als es endlich vollbracht war, wurde erleichtert aufgeatmet. Mich nahm man in all dieser Zeit gar nicht zur Kenntnis.
    Als die Sekretärin den Raum wieder verlassen hatte, tat der Professor noch so, als wäre er ganz allein, allein mit seinem

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