Zwei Frauen: Roman (German Edition)
fragte er stattdessen.
»Was das ist, weiß ich ja auch nicht.«
»Dann würde ich mir das gern einmal ansehen.«
Er führte mich in seinen Behandlungsraum. Dort stand ein gigantischer Schreibtisch, der von Bücherregalen umringt war. Eine Sitzgruppe bildete den Abschluss dieses Privatbereichs, der nahtlos überging in eine medizinische Folterkammer. Da gab es Medikamentenschränke und Rollwagen mit blinkenden Instrumenten. Neben dem Waschbecken stand eine weiß bezogene Untersuchungsliege.
Seufzend ließ ich mich darauf nieder, und dann drückte Herr Doktor Laser voller Brutalität auf meine knotigen Leisten.
Im Anschluss daran nahm er mir Unmengen Blut ab, drückte neuerlich auf meinen Knoten herum, nahm mir weiteres Blut ab.
»Tja«, stöhnte er nur, »… das ist ja was.«
»Was!«, erkundigte ich mich.
»Wie bitte?«
»Was ist das?«
»Oh … da müssen wir die Befunde abwarten. Sie brauchen jetzt erst mal absolute Ruhe. Ich werde Sie krankschreiben, und Sie versprechen mir, dass Sie sich fest ins Bett legen, ja? Kommen Sie dann bitte nächsten Montag wieder.«
Damit verabschiedete er mich, und ich schleppte mich heimwärts.
Frau Gruber war nicht gerade begeistert.
»Ins Bett willst du dich legen?«, fragte sie mich.
»Ja.«
»Bis Montag?«
»Ja.«
»Wegen so ein paar lächerlicher Knubben?«
»Ja.«
Zähneknirschend versorgte sie mich mit Tee und Toast, während ich mit meinen besorgten Eltern telefonierte.
»Kein junger Mensch bricht grundlos zusammen«, jammerte meine Mutter. »Du hättest dich mal sehen sollen, Eva, jede Leiche sieht gesünder aus.«
»Bleib bloß im Bett, bis die Ärzte wissen, was mit dir los ist«, sagte mein Vater. »Am besten kommst du nach Hause, denn die Gruber wird dich ja wohl kaum in Ruhe lassen.«
»Aber nein«, erwiderte ich, »sie ist ganz lieb.«
»Das wäre das erste Mal.«
»Sie versorgt mich mit Tee und Toast und –«
»Fragt sich bloß, wie lange!«
Das war eine durchaus berechtigte Frage, denn schon zwei Tage später kündigte meine Ballettmeisterin die Pflegestelle. Sie warf mir die Tageszeitungen auf den Nachttisch und meinte:
»Lies endlich die Kritiken! Und wenn du dann immer noch liegen bleiben und faulenzen willst …!« Mit einem lauten Knall flog die Tür hinter ihr zu.
Ich hasste Kritiken! Nie las ich sie unmittelbar nach einer Premiere, und ich wusste, warum ich das nie tat. Aber in diesem Fall ließ ich mich überreden, schlug die Zeitung auf und brach fast zusammen.
Die Presse lobte zwar die technische Brillanz unserer Aufführung, kritisierte aber den künstlerischen Geschmack: »Insbesondere die erst achtzehnjährige Eva Martin lässt in Gestik und Mimik die notwendige Reife vermissen!« Wütend schlug ich die Zeitungen wieder zu. Mein Selbstbewusstsein war empfindlich erschüttert. Ich beschloss, weiter an mir zu arbeiten und meine kritikwürdigen Mängel auszumerzen. Also entstieg ich meiner Lagerstatt.
Frau Gruber zeigte sich darüber hocherfreut. Als ich im Bad verschwand, rief sie mir nach, nun könnten wir den Nachmittag ganz dem Solo der Aurora aus Tschaikowskys Dornröschen widmen. Wenige Minuten später stand sie dann mit missmutigem Gesicht in der Badezimmertür.
»Wird wohl nichts mit Aurora!«, knurrte sie. »Dieser Doktor Laser hat gerade angerufen, du sollst in der Praxis vorbeikommen.«
»Wann?«
»Jetzt gleich. Wenn du allerdings darauf verzichten könntest, Eva, dann wäre es möglich, das Aurora-Solo …«
Ich wollte aber auf gar keinen Fall verzichten. Ich brauchte diesen Doktor Laser dringender als jede Aurora, denn ich musste endlich diese Knoten loswerden. Also machte ich mich auf den Weg.
Draußen taute es schon, und die Temperaturen lagen plötzlich weit über null. Was eben noch weißer Schnee gewesen war, wurde zu einer grauen, porösen Masse und schließlich ganz zu Wasser, das durch schwadende Gullys in der Versenkung verschwand.
Als ich die Praxis betrat, drangen mir vertraute Klänge ans Ohr. Doktor Lasers Sprechstundenhilfe, eine aufgetakelte Blondine mittleren Alters, hing schmachtend am Telefon. Das hatte sie bei meinem ersten Besuch auch getan.
Ich räusperte mich so laut, dass es nicht zu überhören war, und die Dame zuckte merklich zusammen. Endlich erblickte sie mich.
Dann legte sie den Hörer auf, fuhr sich mit einer geübten Geste durchs Haar und blickte gelangweilt zu mir auf. »Ja?«
»Meine Name ist Martin«, sagte ich kühl, »ich sollte –«
»Ja, ich weiß!«
Sie wirkte
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