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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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plötzlich sehr hektisch; von ihrer eben noch so demonstrativ gezeigten Langeweile war nichts mehr übrig. Stattdessen lächelte sie mich nunmehr ununterbrochen an, und dieses Lächeln wirkte mehr als unsicher. Außerdem schien mir, als würde sie mich mit ihren Blicken durchbohren, keine Sekunde ließ sie mich aus den Augen.
    Der Doktor verhielt sich nicht anders. Auch er war wesentlich nervöser als bei meinem ersten Besuch und erging sich in fast peinlicher Betriebsamkeit. Mir wurde aus dem Mantel geholfen, ein Tässchen Kaffee angeboten, das Wetter fand Erwähnung, es war schlichtweg grotesk.
    Im Sprechzimmer saß dann ein alter Herr. Er war etwa siebzig Jahre alt, und als ich hereinkam, erhob er sich sofort von seinem Stuhl.
    »Darf ich bekannt machen«, sagte der Doktor, »mein Vater, Professor Doktor Laser – Fräulein Martin.«
    Zögernd reichte ich dem alten Herrn die Hand.
    Der Doktor holte derweil tief Luft. »Tja, Fräulein Martin«, sagte er, »ich habe extra meinen Vater hergebeten, damit er Sie auch noch mal untersuchen kann.«
    »Warum?«
    »Vier Augen sehen mehr als zwei.«
    »Ist irgendetwas nicht in Ordnung?«
    Die beiden tauschten einen ernsten Blick, dann strahlte der Professor mich an.
    »Kein Grund zur Besorgnis!«, sagte er mit warmer Stimme. »Das ist lediglich eine Vorsichtsmaßnahme.«
    Ich glaubte ihm. Ich glaubte ihm, weil ich ihm glauben wollte, und überdies hatte sich sein Herr Sohn für meine Begriffe bei seiner Untersuchung derart dumm angestellt, dass ein weiteres Paar Augen nicht schaden konnte.
    Also zog ich mich hinter dem Paravent aus und legte mich auf die Untersuchungsliege.
    Der Professor setzte sich zu mir, und während ihm sein Sohn interessiert über die Schulter schaute, untersuchte er meine schmerzenden Leistenbeugen.
    »Tut das weh?«, erkundigte er sich, als er sah, wie fest ich die Zähne zusammenbiss.
    »Nein!«
    Er lächelte. »Indianerherz kennt keinen Schmerz, wie?«
    »Nein!«
    »Tut es denn wirklich nicht weh?«
    »… Doch!«, gab ich nach einigem Zögern weinerlich zu.
    »Und seit wann haben Sie das?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ungefähr?«
    »Seit drei oder vier Monaten.«
    Der Junior stöhnte laut auf. »Und kommt erst jetzt!«, sagte er missbilligend.
    Sein Vater begnügte sich indes mit einem Seufzer. »Was haben Sie denn gegen die Schmerzen unternommen?«, wollte er wissen.
    Ich wurde rot vor Scham und Angst, aber ich schwieg geflissentlich.
    »Tabletten?«, hakte der Professor nach.
    Ich nickte flüchtig.
    »Was für Mittelchen waren es denn?«
    »Och«, wich ich aus, »alles Mögliche.«
    »Aha!«
    Im Anschluss an diesen viel sagenden Kommentar tastete er meine Achselhöhlen und die gesamte Halspartie ab.
    »Hmh!«, meinte er dazu und blickte zu seinem Sohn. Der nickte.
    »Da habe ich auch nichts feststellen können«, sagte er. »Aber da ist noch eine Druckempfindlichkeit im Abdominalbereich.«
    »Ah ja?«
    Mir war schleierhaft, wovon die beiden sprachen, bis der Professor eingehend meinen Unterbauch untersuchte. Da wurde selbst mir klar, dass das offenbar jener geheimnisvolle Bereich war. Immer fester presste der Professor auf meine Eingeweide und meinte: »Wenn es wehtut, müssen Sie es sagen!«
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, und so schrie ich bei der nächstbesten Gelegenheit laut auf.
    »Interessant!«, meinte der Professor daraufhin. »Sie können sich wieder anziehen.«
    Ich stand auf und trat hinter den Paravent. Derweil tuschelten die beiden Männer angestrengt miteinander.
    »Haben Sie in der letzten Zeit Gewicht verloren?«, wollte der Professor wissen.
    »Ein bisschen!«, log ich.
    »Wie viel?«
    »Och, … etwa zehn Pfund.«
    Dieses Mal war es ein tiefer Seufzer, der den Raum durchdrang.
    »Also zwanzig«, meinte der alte Mann. »Wenn Menschen Ihrer Art zehn sagen, meinen sie immer zwanzig. Das ist wie mit den Tabletten. Sie sagen Schmerzmittel und meinen Morphium. – Sehen Sie, jetzt sagen Sie gar nichts mehr.«
    Ich schämte mich so sehr, dass ich am liebsten im Erdboden versunken wäre, und trat mit tief gesenktem Kopf hinter dem Paravent hervor, wie ein armes Sünderlein.
    »Ist ja nicht so schlimm«, sagte der Professor leise. »Nehmen Sie wieder Platz.«
    »Sehen Sie«, hob der Professor an, »wir wollen Ihnen da nichts vormachen. Ihr körperlicher Zustand ist Besorgnis erregend, aber ich nehme an, dass Sie das selbst wissen, nicht wahr?«
    Wieder senkte ich verschämt den Kopf, worauf sich der Doktor einmischte, dessen

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