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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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Botschaft zukommen lassen. Ich habe mich noch nie in die Angelegenheiten der Krone eingemischt und werde es auch in Zukunft nicht tun.“
    „Lügner!“, schrie Maud in höchster Erregung. „Ich jage Euch von dieser Burg, und wenn ich gezwungen bin, es selbst zu tun.“
    In drei langen Sätzen, in einem Wirbel aus Grün und Gold, stürmte Talvas durch die Halle, sprang aufs Podium und stand neben dem geschnitzten Lehnstuhl der Kaiserin. Maud war gezwungen, den Kopf in den Nacken zu legen, um zu ihm aufzublicken.
    „Darf ich Euch daran erinnern, Mylady“, richtete Talvas in leicht gereiztem Ton das Wort an sie, „dass dies meine Burg und meine Untertanen sind. In meinem Haus habt Ihr keinerlei Machtbefugnisse.“ Ein angstvolles Flüstern war zu hören. „Bei allem Respekt, Mylady, ich schlage vor, dass Ihr meine Burg verlasst, da Ihr Euch dafür entschieden habt, in mir Euren Feind zu sehen.“
    In einer dunklen Ecke der Halle nahm Emmeline eine Bewegung wahr. Versteckte sich dort jemand? Ein Schatten bewegte sich, Eisen blitzte auf. Emmeline setzte sich instinktiv in Bewegung, versuchte sich dem Schatten zu nähern. War Talvas in Gefahr? Seine Warnung klang ihr in den Ohren. Maud war eine willensstarke Frau, aber sie war auch heimtückisch und würde vor nichts zurückschrecken, um über England und die Normandie zu herrschen.
    Maud erhob sich und stieß mit ihrem kurzen dicken Finger gegen Talvas’ Brust. „Hört mir gut zu! Ich werde Königin. Und Ihr gehorcht meinem Befehl. Diese Burg wird mein Hauptquartier. Hier versammle ich meine Soldaten, um so schnell wie möglich nach Winchester zu marschieren. Die Krone gehört mir!“
    „Dann müsst Ihr gegen mich kämpfen.“
    Die Kaiserin sackte erneut in ihren Stuhl zurück, sichtlich erschöpft von dem hitzigen Wortwechsel, und gab ihrem Halbbruder, der neben ihr stand, einen müden Wink. „Robert, kümmere dich um ihn.“
    Talvas’ Hand griff nach dem Heft seines Schwertes, als Robert vortrat, beide Hände in einer Geste der Beschwichtigung erhoben. Im gleichen Augenblick löste sich ein Bär von einem Mann aus dem Schatten und stürmte vor.
    Emmeline, die sich lautlos bis zu den Stufen des Podiums bewegt hatte, entdeckte als Erste die Gefahr. „Vorsicht, Talvas! Hinter Eurem Rücken!“, schrie sie gellend, als der Hüne seine Keule bereits schwang. Talvas fuhr bei ihrer Warnung herum und duckte sich. Der Knüppel traf ihn mit einem dumpfen Schlag am Hinterkopf. Er sackte in die Knie und stürzte zu Boden. Emmeline versuchte zu ihm zu gelangen, doch der Angreifer versperrte ihr den Weg.
    Totenstille herrschte in der Halle. Niemand rührte sich.
    „Was habt Ihr getan?“, rief Emmeline in hellem Entsetzen und stieß zwei Soldaten der Kaiserin beiseite, die ihr den Zutritt zum Podium verweigern wollten.
    „Deine Besorgnis um den Mann ist rührend.“ Mauds Augen waren kalt und ohne Mitleid. „Aber ich würde mich hüten, einem Hochverräter zu viel Zuneigung entgegenzubringen, sonst landest auch du im Kerker.“ Maud wandte sich an ihren Halbbruder. „Lass ihn wegschaffen, Robert“, befahl sie. „Und scheuche die gaffenden Bauerntölpel aus der Halle. Wir müssen ein Land zurückgewinnen.“
    Emmeline wanderte rastlos in ihrem Gemach auf und ab. In dem heillosen Durcheinander – den bewusstlosen Talvas hatte man weggeschleppt, und die Burgbewohner waren geflohen, aus Angst, die nächsten Opfer des Zorns der Kaiserin zu werden – hatte sie sich heimlich davongemacht, in der Hoffnung, die Kaiserin und der Earl würden sie im Tumult vergessen. Sie musste fliehen. Sie musste diesen unseligen Ort so schnell wie möglich verlassen.
    Immer wieder tauchte das Schreckensbild vor ihr auf, wie der blutüberströmte Talvas von drei kräftigen Männern fortgeschafft worden war. Das Blut aus seiner klaffenden Kopfwunde war auf die Steinfliesen getropft. Emmeline verharrte an dem schmalen hohen Fenster und starrte in die mondhelle Landschaft. Was sollte sie nur tun? Ihr Verstand gebot ihr, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen, aber es gab einen Grund, der sie zurückhielt. Wenn Talvas’ Kopfwunde nicht versorgt wurde, würde er verbluten. Das durfte sie nicht zulassen. Bei all seiner hochfahrenden Art hatte er sich ihr gegenüber auch gütig erwiesen, mehr als das. Sie schloss die Augen in Erinnerung an seinen sehnigen Körper, an den sie sich geschmiegt hatte, an seine Lippen, an seinen berauschenden Kuss. Es war, als hätten ihre Seelen sich

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