Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
Vom Netzwerk:
gelangen. Das war mein ursprünglicher Plan für euch beide, bevor Lord Edgar uns in die Quere kam.“
    „Nein!“ Talvas schloss die Augen.
    Stephen wandte sich an Emmeline. „Ihr seid eine ungewöhnlich tapfere Frau“, sagte er anerkennend. „Wollt Ihr uns helfen? Ihr seid die Einzige, die diese Aufgabe bewältigen kann.“
    „Ihr wollt, dass ich die Felswand hinaufklettere?“, fragte Emmeline ungläubig.
    „Nein! Das lasse ich nicht zu!“, donnerte Talvas. „Lieber setze ich die Belagerung noch ewig fort, ehe ich Emmeline in Gefahr bringe.“
    Sie legte ihm beschwichtigend die Hand an den Arm. „Es ist die einzige Lösung, um die Belagerung zu beenden, Talvas. Haben wir beide nicht genug Gefahren durchgestanden, die Euch bewiesen haben, dass ich auf mich aufpassen kann?“
    „In gewisser Weise hat sie recht“, meldete Matilda sich zu Wort, „und sie ist beinahe so halsstarrig wie ich.“
    Talvas seufzte. Er wusste, dass er sich geschlagen geben musste. Wenn er seine Zustimmung zu diesem verwegenen Abenteuer gab, bestand vielleicht die Hoffnung, dass Emmeline zur Einsicht gelangte, eine Ehe mit ihm könne sich durchaus von den leidvollen Erfahrungen unterscheiden, die sie mit ihrem gewalttätigen Gemahl gemacht hatte. „Gut! Ich rudere Euch zur Felswand und bringe Euch wohlbehalten wieder zurück.“
    „Aber … dein Bein“, wandte Matilda ein. „Dein Bein braucht Schonung.“
    „Ich begleite sie, Matilda, und das ist mein letztes Wort.“

18. KAPITEL
    Talvas zog die Ruder kraftvoll durchs Wasser, ohne auf das Brennen seiner frisch genähten Schenkelwunde zu achten. Emmeline saß ihm gegenüber im Bug und hielt sich mit beiden Händen am Bootsrand fest. Ihre tief in die Stirn gezogene schwarze Kapuze verdeckte ihr hell schimmerndes Haar. Ihre zierlichen Füße steckten in Lederstiefeln, die mit Riemen über den geborgten weiten Hosen verschnürt waren. Das derbe Bauerngewand bildete einen reizvollen Kontrast zur zarten Schönheit ihres Antlitzes. Ihre Haut leuchtete transparent in der zunehmenden Dämmerung.
    Mit jedem Ruderschlag wünschte Talvas, das Boot in dem schmalen Meeresarm zu wenden und Emmeline zurück ins Lager in Sicherheit zu bringen. Andererseits war ihm klar, dass es keine andere Lösung gab, die Belagerung zu beenden. Sein logischer Verstand lag in Widerstreit mit seinem Gewissen und seinen Empfindungen für diese Frau. In Hawkeshayne war er wütend gewesen, gekränkt und verärgert über ihre Weigerung, ihn zu heiraten. In seiner maßlosen Enttäuschung war er fortgeritten, um sie zu vergessen, obgleich er wusste, dass es ihm nicht gelingen würde. Im schwindenden Tageslicht betrachtete er sie – den anmutigen Schwung ihrer schmalen Schultern, ihre samtweichen Lippen, die verlockenden Rundungen ihrer Figur –, und wusste, dass er nicht von ihr lassen konnte, niemals.
    „Das Meer riecht so würzig und frisch“, murmelte Emmeline und hob das Gesicht in den Wind, der den Geruch nach Salz und Tang mit sich trug. Die Kapuze rutschte ihr in den Nacken, und Talvas dachte an ihre erste Begegnung in Barfleur, als sie mit wehendem Haar auf der Mole stand und auf ihr Schiff wartete. Und er hatte sie für eine Dirne gehalten! Wie konnte er sich nur so irren? Sie war eine ungewöhnliche Frau, ein Juwel von faszinierender Leuchtkraft, die all seine Sinne in ihren Bann zog. Wie konnte er dieses bezaubernde Geschöpf mit ihrem unbändigen Freiheitsdrang nur davon überzeugen, ihr Leben an seiner Seite zu verbringen?
    Der Bug des Bootes schlug dumpf gegen die Ausläufer der Felswand, auf der die Burg thronte. Emmeline drehte sich auf der Bank um und bemühte sich, die Leine an einem Felszacken festzumachen.
    „Lass nur.“ Talvas legte die Ruder ins Boot, kam in gebückter Haltung zu ihr, machte das Boot fest und setzte sich neben sie auf die schmale Bank.
    „Emmeline, du musst es nicht tun“, sagte er im Flüsterton.
    „Doch, ich muss, Talvas. Die Soldaten sind erschöpft, und du bist es auch.“ Sie blickte in sein müdes Gesicht und berührte zaghaft die dunklen Schatten unter seinen Augen. „Diese Belagerung muss ein Ende haben.“
    Er nickte knapp. „Du weißt, was du zu tun hast?“
    Stephen und Talvas hatten ihr immer wieder eingeschärft, worauf sie achten musste, hatten ihr den Grundriss der Burg erklärt und die Stelle, wo der Brunnen sich befand. Sie lächelte. „Ja, ich weiß.“
    „Und denk daran: Du musst vor der Gezeitenwende zurück sein, sonst stecken wir hier

Weitere Kostenlose Bücher