Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
Vom Netzwerk:
spähten in die Richtung, aus der er gekommen war, ihre Blicke flogen suchend über die umliegenden Hügel.
    „Berittene unter meinen Farben“, murmelte Stephen und kniff die Augen zusammen beim Anblick des rotgoldenen Banners eines Soldaten, dem zwei weitere Reiter folgten.
    „Heiliger Himmel!“, entfuhr es Talvas aufgeregt, der die beiden Frauen zu Pferd augenblicklich erkannte: die hohe Gestalt seiner Schwester und die zierliche Emmeline neben ihr. Die Gruppe ritt in die Mitte des Lagers, ohne auf die bewundernden Blicke der Soldaten zu achten. Emmelines Gesicht war von der Kälte gerötet, die weite Kapuze des dunkelgrünen Umhangs war ihr in den Nacken gerutscht, der Seidenschleier fächelte im Wind. Sie lächelte über eine Bemerkung, die Matilda ihr zuflüsterte; ein süßes Lächeln, das ihm das Herz weitete. Talvas war hin und her gerissen, ob er sie in die Arme schließen und küssen oder tadeln sollte. Stephen tat sich keinen Zwang an, seinem Unmut Luft zu machen.
    „Was um Himmels willen hast du dir dabei gedacht, Mathilda?“ Ohne abzuwarten, bis die kastanienbraune Stute stillstand, hob er seine Gemahlin aus dem Sattel.
    „Ich hatte Sehnsucht nach dir, Liebster“, antwortete Mathilda, sank ihm anmutig in die Arme, ohne sich von seinem Groll beirren zu lassen, und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. „Wir waren in Sorge um euch tapfere Helden.“ Matilda warf ihrem Bruder ein kokettes Lächeln zu, das er mit düsterer Miene quittierte. „Mach kein so finsteres Gesicht, Talvas. Freut ihr euch denn nicht, uns zu sehen?“
    Emmeline glitt aus dem Sattel, ihre gute Laune verflog bei Talvas’ kühlem Empfang. Sie kam sich vor wie eine Närrin. Als er sich ihr näherte, straffte sie die Schultern. Dann bemerkte sie sein leichtes Hinken und furchte die Stirn.
    „Was fehlt dir?“, platzte sie heraus.
    „Die Frage sollte ich dir stellen“, knurrte er und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn, um ihr ihren Leichtsinn zu veranschaulichen. „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst in Hawkeshayne bleiben?“
    „Matilda wünschte meine Begleitung“, antwortete sie ausweichend. Wie sollte sie ihm erklären, wie sehr er ihr gefehlt hatte? Wie sehr sie sich nach der Vertrautheit jener Nacht sehnte, die sie im Schneesturm in der Hütte im Wald verbracht hatten? Damals hatte sie ernsthaft geglaubt, sie könne ihm alles anvertrauen, ohne dass er sie verurteilen würde. Ihre Weigerung, ihn zu heiraten, hatte ihn von ihr entfernt und die Mauer der Zurückhaltung, des Argwohns wieder errichtet. War es zu spät, ihn zu erreichen?
    „Du folgst also den Launen meiner törichten Schwester und weigerst dich, das zu tun, worum ich dich bitte?“ Seine blauen Augen bohrten sich in die ihren. „Mein Gott, Emmeline, es geht mir doch nur um deine Sicherheit!“ Er fuhr sich entnervt durch die Haare.
    „Ich konnte sie nicht allein reisen lassen“, widersprach Emmeline aufbrausend und zog den Umhang enger um ihre Schultern.
    „Willst du etwa behaupten, du hast die Rolle der Beschützerin für sie übernommen?“, entgegnete er sarkastisch. „Du verfügst ja schließlich auch über die Kraft eines Bären.“ Sein Zorn machte einer resignierten Enttäuschung Platz. „Eigentlich hätte ich nichts anderes von dir erwarten dürfen.“
    Ein Windstoß wehte ihr den Gazeschleier ins Gesicht. „Ich wollte dich sehen“, murmelte sie und wischte das Gespinst mit einer unwirschen Handbewegung nach hinten.
    Ihre Blicke trafen einander, verweilten in stummer Erkenntnis. Ihm war, als fahre ein Blitz in seine Brust. Seine Augen verdunkelten sich, die Wirklichkeit verschwamm. Unvermutet war das Paar eingesponnen in einen Kreis erregender Spannung, in eine beseligende Traumwelt, zu der kein anderer Zutritt hatte. Er hielt sie mit seinem Blick gefangen. Die Zeit blieb stehen. Emmelines Blick wanderte von der widerspenstigen Locke in seiner Stirn über die hohen Wangenknochen, den geschwungenen Mund zu seinem sehnigen Hals, wo eine Ader kraftvoll schlug – und sie erkannte … die Bedeutung der Liebe.
    „Stephen sagt, dein Bein ist verletzt“, platzte Matildas Stimme in die knisternde Atmosphäre hinein, und der kostbare Moment der Erkenntnis zerstob wie eine Seifenblase.
    „Komm, lass die Hosen fallen! Ich will mir die Wunde ansehen.“ Matilda starrte auf den getrockneten Blutfleck an Talvas’ Schenkel.
    Mit einem wehmütigen Lächeln entschuldigte er sich bei Emmeline für die Taktlosigkeit seiner

Weitere Kostenlose Bücher