Zwei Maenner fuer Miss Darcy
ein anderes Fernglas hinhält. »Das ist leistungsstärker als Paddys. Damit kannst du genau erkennen, wer auf dem Boot ist.«
Ich eile zu Dermot, nehme das Fernglas und richte es auf das kleine weiße Motorboot, das auf dem Wasser auf- und abhüpft.
»Das ist aber gar nicht nötig«, fährt Dermot fort, als ich endlich die drei Gestalten scharf vor der Linse habe. »Denn ich weiß schon, wer das ist.«
»Und? Wer ist es?«, erwidere ich, als ich endlich eine Frau und ein Mädchen im hinteren Bereich des Boots erkennen kann, die sich vor dem Wind schützen.
»Das sind meine Exfrau und meine Tochter, Megan.«
Erschrocken hätte ich beinahe sein Fernglas fallen gelassen. »Deine was ?« Ich starre Dermot an, der in aller Seelenruhe aufs Meer und auf das herannahende Boot schaut.
»Ich sagte …«, will er wiederholen.
»Ich habe schon gehört, was du gesagt hast, aber warum? Wie? Ich dachte, die sind in Amerika?«
»Da waren sie ja auch. Aber Eileen hat sich von ihrem Partner getrennt und ist nach Irland zurückgekehrt, um wieder hier zu leben. Genauer gesagt in Dublin.«
Immer noch starre ich Dermot an. »Aber das erklärt immer noch nicht, warum sie jetzt hier sind und zur Insel herübergefahren kommen.«
Dermot wendet den Blick vom Boot ab und dreht sich zu mir um. »Eileen hat mir Briefe geschrieben …«
Ich reiße die Augen auf, um ihn wissen zu lassen, dass ein paar winzig kleine Details mehr jetzt ganz gut wären. Schnelle Details vor allem.
»Briefe, in denen sie mich fragt, ob ich Megan wiedersehen möchte.«
»Und das ist schlecht, weil …?«
Jetzt ist Dermot derjenige, der mich verdutzt ansieht.
»Dermot, bitte, sag mir doch, was los ist! In ein paar Minuten werden sie hier sein. Ich muss Bescheid wissen, damit ich helfen kann.«
Dermot seufzt und starrt auf seine Stiefelspitzen hinunter. »Das Problem ist, dass ich auf keinen der Briefe geantwortet habe. Eileen wusste, wo ich bin, da ich sie immer über meinen Aufenthaltsort informiere – du weißt schon, nur für den Fall.« Er sieht auf. »Bei mir ist es ähnlich wie bei dir. Ich habe nicht viele nahe Verwandte. Das ist wahrscheinlich noch etwas, das wir beide gemeinsam haben.«
Ich nicke Dermot zu, weil ich noch mehr Informationen haben will, anstatt mir Gedanken über seine seltsame Bemerkung zu machen.
»Als aber Eileen in ihren Briefen erwähnte, dass ich auf Megan aufpassen sollte, konnte ich nicht mehr antworten.«
»Warum?«
Dermot zuckt mit den Schultern, vergräbt die Hände tief in den Hosentaschen und tritt mehrmals auf ein Büschel Gras ein. »Keine Ahnung, warum. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nach all der Zeit noch eine Rolle in Megans Leben spielen will. Ich weiß nicht, ob ich sie wieder in mein Leben hineinlassen möchte, nur damit sie mir dann nach kurzer Zeit wieder weggenommen wird. Das hat beim letzten Mal einfach zu wehgetan.«
Als Dermot nach seiner eingehenden Grasbetrachtung wieder aufschaut, entdecke ich in seinen großen braunen Augen etwas, das ich darin noch nie gesehen habe – Angst. Ebenso wie ich kürzlich Zeuge wurde, wie Nialls Stärke und Statur vor meinen Augen zunahmen, nachdem er uns von seiner Beziehung zu Paddy erzählt hatte, scheinen sich selbige bei Dermot plötzlich zu verringern.
Ich kann es kaum ertragen, den Blick von ihm abzuwenden, um wieder zu dem heransausenden Boot zu schauen. Mittlerweile ist es nicht mehr weit entfernt.
Schnell denke ich darüber nach, wie am besten mit dieser Situation umzugehen ist.
»Wie es aussieht, wirst du wohl kaum eine andere Wahl haben«, erwidere ich in einem nüchternen Tonfall, der sehr gut darüber hinwegtäuscht, wie es in meinem Inneren aussieht. Ich hoffe nur, dass Dermot gut auf diese Art von »Reiß dich zusammen« reagiert; eigentlich würde ich ihn am liebsten drücken und ihm all die Kraft geben, die er in dieser Situation braucht. Aber eine solch öffentliche Bekundung meiner Zuneigung ist wahrscheinlich nicht die beste Idee – zumindest nicht, wenn die gesamte Bevölkerung von Tara nur wenige Meter von uns entfernt steht und Dermots Exfrau und seine Tochter jede Minute auf der Insel ankommen können. Liebevolle Strenge ist also das Einzige, was mir übrigbleibt. »Du hattest also keine Ahnung, dass sie heute herkommen?«
Dermot blickt mich an wie ein ausgeschimpfter Welpe. Nach ein paar Sekunden reißt er sich zusammen und findet wieder zu seiner gewohnt beherzten Haltung zurück. »Nein, das hatte ich wirklich nicht«, erwidert er
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