Zwei Maenner fuer Miss Darcy
Augen. »Und stolz darauf. Aber ich verstehe nicht ganz, was das alles damit zu tun hat, dass ich Engländer bin. Zu Ihrer Information: Ich bin halb Ire väterlicherseits.«
Ich starre Dermot an. Das erklärt seinen Namen, nicht aber seinen fehlenden Akzent.
»Praktische Typen wie Sie sehen weder Farben noch die Landschaft oder die Poesie des Landes«, fährt Conor unbeirrt fort. »Sie sehen nur Gebäude und Kabelleitungen und Möglichkeiten, alles zu verbessern.«
»Und was soll daran schlecht …«
»Jungs, hört zu«, mische ich mich ein, bevor sich der Streit hochschaukelt. Mir wäre es nämlich lieber, Conor würde sich allein auf das Fahren des Bootes konzentrieren. Fährt man ein Boot? Bezeichnet man es nicht als Steuern? Oder gibt es irgendeinen nautischen Fachbegriff, den ich nicht kenne? »Heute fahre ich einfach nur hinüber, um die Asche meiner Tante Molly zu verstreuen und mir die Insel anzuschauen, auf der sie als Kind gelebt hat. Sämtliche anderen Entscheidungen, die ich hinsichtlich der Insel oder meiner Zukunft treffen muss, werden danach gefällt, okay?«
»Von mir aus gern.« Dermot zuckt mit den Schultern und zieht den Schirm seiner Baseballkappe tiefer über die Augen. Dann verschränkt er die Arme vor der Brust und richtet den Blick wieder aufs Meer.
Conor dreht sich um und zwinkert mir zu. »Darcy, offensichtlich wissen Sie, was Sie wollen. Ich werde also einfach meinen Job erledigen und Sie sicher rüberfahren, damit Sie Tara kennenlernen können.«
»Tara? Wer ist Tara?«, frage ich verwirrt. »Niall, ich dachte, die Insel sei unbewohnt?«
Niall zuckt mit den Schultern und hebt die Hände.
»Da ist sie schon«, ruft Conor vom Steuerruder aus. »Wir Einheimischen nennen die Insel Tara. Offiziell heißt sie Glentara, Tara ist so etwas wie ein Spitzname.«
»Ah, okay. Dort lebt also niemand?«
»Niemand außer dem alten Eamon.«
»Eamon?«
»Er lebt schon seit vielen Jahren auf Tara; er gehört schon fast zum Inventar. Man wird ihn nie von der Insel runterbekommen.«
»Er ist eine Art Verwalter«, erklärt Niall. »Ich denke, Ihre Tante hat ihn dafür bezahlt, dass er sich um die Insel kümmert.«
Conor lacht. »Ich hätte ja gern gesehen, wie sie versucht hätte, ihn von der Insel herunterzubewegen.«
Allmählich nähern wir uns unserem Ziel. Ich lehne mich über die Reling des Bootes, um eine bessere Sicht auf die Insel zu haben. Wie schon zuvor, seit wir das Ufer verlassen haben, bringt der Wind meine Frisur komplett durcheinander. Vernünftigerweise hatte ich meine Haare schon vor dem Ablegen im Hafen mit einem Haarreifen nach hinten gesteckt, doch trotzdem wehen mir immer wieder einzelne Strähnen, die sich gelöst haben, ins Gesicht, während ich einen Blick auf den Ort zu erhaschen versuche, den ich das nächste Jahr über »Zuhause« nennen soll.
Auf den ersten Blick wirkt die Insel viel größer, als ich angenommen habe. Das Internet hat die Größe auf 1100 Morgen beziffert – obwohl ich keine Ahnung habe, wie groß ein Morgen tatsächlich ist. Während wir uns der Insel immer weiter nähern, muss ich zugeben, dass sie ziemlich hübsch aussieht, wie sie so still vor uns liegt und unser kleines rotes Boot erwartet. Verstreut am Hang eines der Hügel entdecke ich eingefallene Häuser, und als wir uns dem Ufer nähern und ich die zahlreichen Farben der Insel aufnehmen kann, erinnert mich das plötzlich an den irischen Countrysong Forty Shades of Green , den meine Tante früher auf dem alten Plattenspieler in ihrem Haus immer abgespielt hat.
Als wir in einen provisorischen Hafen einlaufen und ich Conor dabei beobachte, wie er behände mit einem Tau in der Hand vom Boot springt, wird irgendetwas in mir wachgerüttelt. Es ist fast wie eine weitere Erinnerung, aber ich habe keine Ahnung, woran genau ich mich da erinnere.
»Wie lange möchten Sie bleiben?«, fragt Conor und bindet das Tau an einem recht wackelig aussehenden hölzernen Steg fest.
Ich will gerade antworten, dass mir eine halbe Stunde ausreichen wird, um Mollys Asche zu verstreuen, als ich Niall »Zwei Stunden« antworten höre. Zwei ganze Stunden! Die Überfahrt mit dem Boot ist schon kalt genug gewesen, aber wenigstens habe ich da noch die Rettungsweste getragen, die mich zusätzlich ein bisschen gewärmt hat. Als ich die nun aber ablege und im Boot zurücklasse, merke ich, wie mir der schneidend kalte Wind, der von der See herüberbläst, durch Mark und Bein geht. Ich könnte jetzt einen schönen
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