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Zwei Schritte hinter mir

Zwei Schritte hinter mir

Titel: Zwei Schritte hinter mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah McClintock
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nach meinen Wegweisern, um die Richtung nicht zu verlieren. Und alle paar Minuten blieb ich stehen, hielt den Atem an und lauschte auf jedes noch so kleine Geräusch, das andeuten
könnte, dass mir jemand folgte. Jedes Mal, wenn ich wieder zu atmen begann, überkam mich ein Schauer. Nur weil ich niemanden hören konnte, hieß das noch lange nicht, dass mir da draußen nicht jemand folgte.
    Das Gelände unter meinen Füßen war abschüssig. Auf halbem Weg den Hügel hinunter ragte ein massiver Felsen aus dem Waldboden, den wahrscheinlich vor Jahrmillionen ein Gletscher auf seinem Rückzug hatte liegen lassen. Als ich darauf zuging, sah ich etwas glitzern. Ich wagte kaum zu hoffen, denn wenn man nicht hofft, kann man auch nicht enttäuscht werden, oder? Wahrscheinlich sah ich nur die Sonne, die von einem glitzernden Mineral im Stein reflektiert wurde. Oder es handelte sich um eine Fata Morgana – was mich nicht überraschen würde – wie in einem Film, in dem irgendein armer Kerl in der Wüste fast verdurstet und plötzlich einen großen Pool mit kühlem, klarem, wunderbar nassem Wasser vor sich sieht, um den Leute herumtanzen wie in einem Fünf-Sterne-Hotel. Der Kerl rennt an den Pool und beginnt, sich mit beiden Händen das Wasser ins Gesicht zu schaufeln. Und dann verschwindet die Fata Morgana und man sieht, dass er Sand frisst anstatt Wasser zu trinken.
    Je näher ich kam, desto größer wurde der Felsen, und als ich ihn erreichte, stellte ich fest, dass er doppelt so hoch war wie ich. Wenn ich herausfinden wollte,
was da in der Sonne geglitzert hatte, musste ich hinaufklettern, um nachzusehen und wozu das? Ich war sowieso schon erschöpft, und höchstwahrscheinlich war da nichts.
    Andererseits, vielleicht war da doch etwas. Vielleicht war dort Wasser.
    Ich fand einen Tritt im Felsen und begann mich hochzuziehen. Mit den Füßen suchte ich nach Halt und kletterte hinauf. Als ich schließlich oben ankam, blieb mir fast das Herz stehen. In der Mitte des höchsten Felsen war eine schüsselförmige Vertiefung und darin war eine Wasserpfütze.
    Ich zog mich hinauf und kniete neben der Pfütze nieder.
    Ich hatte keine Ahnung, wie lange es da schon stand oder was vielleicht hineingefallen oder aus dem Felsen hineingesickert war. Grandpa hatte immer gesagt, man solle Wasser am besten für nicht trinkbar halten, wenn man nicht genau wusste, ob es sauber war. Er sagte, dass man, wenn man unreines Wasser trinkt, es erst reinigen muss, indem man es abkocht oder Reinigungstabletten hineingibt. Ich konnte keines von beiden tun. Ich hatte nichts, mit dem ich ein Feuer machen konnte und keine Reinigungstabletten. Ich betrachtete die flache Pfütze. Wenn ich es trank und es verunreinigt war, würde ich krank werden. Ich konnte sogar daran sterben. Andererseits, wenn ich
nicht bald etwas zu trinken bekam, würde ich auch sterben.
    Ich entschloss mich, das Risiko einzugehen.
    Ich beugte mich nieder, bis meine Lippen die Wasseroberfläche berührten, und trank gierig. Es dauerte nicht lange, bis ich die Pfütze leer getrunken hatte. Einen Augenblick lang blieb ich sitzen und wartete darauf, dass ich mich vor Schmerzen winden würde, aber nichts geschah.
    Ich stieg vom Felsen hinunter und sah wieder nach meinen Landmarken. Sie waren jetzt schwerer zu erkennen und ich wusste, dass es umso schwieriger werden würde, je weiter ich den Berg hinunter ging. Ich brauchte neue Wegzeichen. Also suchte ich zwei weitere auffällige Bäume auf der Linie nach Westen und entschied mich für eine riesige Zeder mit einer braunen Stelle an der Spitze und eine Birke, die an einer anderen lehnte. Auf dem Weg dorthin suchte ich weiter nach Wasser.

    Mir knurrte der Magen. Seit fast zwei Tagen hatte ich nichts mehr gegessen. Wenn ich mit Grandpa wandern oder campen gegangen war, hatten wir immer etwas zu essen mitgenommen. Manchmal hatten wir Beeren gepflückt und gegessen, aber es war erst April.
Es war zu früh für Beeren. Manchmal hatte Grandpa auch Fische oder kleine Tiere gefangen und sie gekocht. Aber wie sollte ich Fische fangen, wenn es keinen Fluss oder See gab? Wie sollte ich ein Tier fangen ohne eine Falle oder irgendetwas, aus dem ich eine bauen konnte?
    Ich hatte zwar Hunger, aber ich wusste auch, dass man erstaunlich lange ohne Nahrung auskommen konnte. Dennoch stellte ich mir beim Laufen alle möglichen Dinge vor, die ich essen würde, wenn ich endlich nach Hause kam. Pepperonipizza mit extra Käse, den Hühner-Reis-Eintopf meiner Mutter,

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