Zwei Schritte hinter mir
waren.
Zu meiner Linken hörte ich es rascheln. Mein Herz schien stehen zu bleiben. Der Frühling hatte begonnen. Die Bären erwachten aus ihrem Winterschlaf. Ich wusste, dass es in der Gegend, wo ich wohnte, viele Bären gab – sie trieben sich an der Müllhalde vor der Stadt herum. Gab es hier draußen auch Bären? Bären, die nach dem langen Winterschlaf halb verhungert waren? Ich starrte in die Dunkelheit, konnte aber nichts erkennen. Links von mir huschte etwas davon. Ich unterdrückte einen Schrei und wartete wie erstarrt. Was immer es gewesen war, es war jetzt ruhig. Ich sagte mir, dass es ein Streifenhörnchen oder Eichhörnchen gewesen war, das irgendwo im Wald verschwunden war. Dennoch konnte ich meine Beine nicht bewegen. Als ich endlich weiterging, lief ich langsamer und sah mich im Dunkeln nach Anzeichen für Gefahr um.
Ich war hungriger und durstiger als je zuvor in meinem Leben und mir war immer noch schwindelig,
aber ich zwang mich, weiterzugehen. Als ich mich endlich auf einen umgestürzten Baumstamm setzte, um mich auszuruhen, keuchte ich nach Luft. Nur ein paar Minuten lang gönnte ich mir etwas Ruhe. Ich musste den Hügel erreichen, solange es noch dunkel war. Vielleicht konnte ich von dort aus etwas sehen. Und vielleicht fand ich einen Platz, an dem ich mich verstecken konnte.
Mein Mund war so trocken, dass das Schlucken wehtat, aber schließlich erreichte ich die Anhöhe. Es tat gut, weit weg von der Hütte zu sein. Ich überquerte den Gipfel bis zu der Stelle, an der sich der Boden wieder senkte, und betrachtete die dunkle Landschaft unter mir. Ich hatte gehofft, in der Ferne Lichter blinken zu sehen – Straßenlaternen einer größeren Straße oder eines Highways, Lichter aus einer Stadt in der Nähe, oder wenigsten die Lichter eines einsam gelegenen Hauses. Doch ich sah nichts als die vom Mond beleuchteten Wipfel von Bäumen, Bäumen und wieder Bäumen. Ich war so enttäuscht, dass ich am liebsten geweint hätte. Stattdessen zwang ich mich, im Kreis um den Gipfel herumzugehen, wobei ich aufpasste, wohin ich trat.
Als ich halb herum war, blieb ich stehen und blinzelte.
Mein Herz schlug vor Aufregung schneller. In der Ferne sah ich ein Leuchten, ein goldener Lichtschein am Horizont. Ich konnte nicht ausmachen, wie weit es weg war, auf jeden Fall so weit, dass ich es nicht in einer Nacht erreichen würde, aber ich hatte keinen Zweifel, woher dieses Leuchten stammte. Es waren die Lichter einer fernen Stadt. Ich musste nur darauf zugehen.
Am liebsten wäre ich gleich losgegangen, aber ich zwang mich, stehen zu bleiben und nachzudenken. Wenn ich wieder den Hügel hinab in den Wald ging, würde ich das Leuchten aus den Augen verlieren. Und wenn es mir nicht den Weg wies, würde ich mit Sicherheit die Richtung verlieren und ganz woandershin laufen. Ich sah zum Himmel auf. Zwischen den Wolken waren ein paar Sterne zu sehen, doch ich kannte keinen davon. Außerdem würden sie wahrscheinlich in zehn oder zwanzig Minuten hinter den Wolken verschwinden. Ich gab es nicht gerne zu – es widerstrebte mir, es zuzugeben – aber weiter als bis hierher würde ich in dieser Nacht nicht kommen.
Ich kniete nieder und knotete mit zitternden Händen das Bündel auf, das ich in der Hütte gepackt hatte. Ich versuchte, nicht daran zu denken, dass mein Entführer möglicherweise schon festgestellt hatte, dass ich weg war. Ich versuchte, ihn mir nicht als übermenschlichen Spürhund vorzustellen, der jeden Augenblick
den Hügel heraufkommen, mich finden und in seinen Bau zurückschleppen konnte. Ich widerstand dem Drang wegzulaufen.
Ich nahm die Kordel aus der Tasche, sah nach dem Lichtschein – er versprach Sicherheit – und band sie um den Stamm eines jungen Baumes, der direkt zwischen mir und dem Licht stand. Dann ging ich den Hügel auf der der Hütte abgewandten Seite hinunter und suchte im Dunkeln nach einem Versteck. Endlich entdeckte ich einen Felsvorsprung, der wie eine Art Dach am Hang hervorstand. Ich kroch darunter, breitete die Plastikplane aus und legte mich hin. Die dreckige alte Decke legte ich über mich, um mich zu wärmen und zu tarnen. Dann starrte ich in die Dunkelheit und lauschte auf den flüsternden Wald, auf Geräusche, die auf Gefahr hindeuteten. Ich war viel zu angespannt, um zu schlafen. Ob mich wohl ein Bär finden würde? Oder ein Wolf?
Oder mein Entführer?
Immer wieder betrachtete ich das Gelände um mich herum, auch wenn ich nur undeutliche Formen und Schatten erkennen
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