Zwei Seiten
Frage. Eine Frau wollte mit einem Mann zusammen sein. So einfach war das. Die Verliebtheit würde später kommen. Ganz sicher. »Dann sind wir ab heute zusammen.« Ich rang mir ein Lächeln ab.
Oliver grinste von einem Ohr zum anderen und küsste mich ungestüm.
Wir verabredeten uns für Montag in der Mensa und ich brachte Oliver zur Tür.
Dort wartete Julia mit dem Rucksack in der Hand.
Wir betrachteten einander.
Was wohl in ihr vorging? Sie dachte vermutlich, dass ich ein vollkommener Idiot war, ihm eine zweite Chance zu geben, hielt aber den Mund, weil Oliver ja ihr Bruder war.
»Julia, danke für alles«, sagte ich.
Sie lächelte schief.
Oliver drehte sich zu mir und gab mir einen kurzen Kuss.
Anschließend verließen beide wortlos die Wohnung.
Ich hatte kaum die Tür geschlossen, da spürte ich bereits bohrende Blicke im Rücken. »Sag nichts, Nathalie. Wir sind jetzt zusammen, und was passiert ist, war nicht sein Fehler.«
»Ich versteh dich einfach nicht.« Sie klang eher resigniert als ärgerlich.
Ich schloss die Augen und lehnte die Stirn an die Eingangstür. »Ich versteh mich manchmal auch nicht.«
Kapitel 5
»Spuck‘s aus«, sagte Nathalie.
Ich spielte mit dem Träger meines Rucksacks, während Nathalie und ich über den Campus schlenderten. »Was meinst du?«
»Irgendwas geht mal wieder in deinem Kopf vor, das sieht ein Blinder, und ich will wissen, was es ist.«
»Ganz ehrlich, Nathalie, ich hab keine Ahnung. Eigentlich müsste ich total happy sein. Ach, ich weiß auch nicht.«
»Ist es wegen Oliver? Meinst du vielleicht, es war ein Fehler, ihm eine zweite Chance zu geben?«
War das der Grund für meine schlechte Laune? Ich schüttelte den Kopf. »Oliver ist toll. Er ist doch alles, was sich eine Frau wünschen kann, findest du nicht?«
Nathalie legte den Arm um meine Schulter. »Darüber lässt sich streiten.« Sie holte tief Luft. »Abgesehen davon bist du nicht irgendeine Frau. Die Frage ist: Willst du Oliver?«
Ich seufzte. »Ich weiß nicht, was ich will.« Das war nicht ganz die Wahrheit. Ich wollte, dass es klick machte. Dass ich endlich mal jemanden kennenlernen würde, bei dem die Funken sprühten, bei dem es prickelte oder zumindest …
»Warum zum Teufel bist du dann mit Oliver zusammen?«
Die Frage riss mich aus den Gedanken, und ich brauchte einen Moment, um eine Antwort zu formulieren. »Ich mag ihn. Und er kann gut küssen.«
Nathalie lachte. »Okay, das sind zwei gute Gründe.« Sie tätschelte mir die Schulter. »Sieh die ganze Sache nicht so ernst. Hab einfach deinen Spaß und schau, wo die Sache hinführt.«
Irgendwie hatte Nathalie wohl das Richtige gesagt, denn ich fühlte mich besser. Genau das würde ich tun: Spaß haben. Ich holte mein Handy raus und rief Oliver an.
* * *
Ich war kaum in Olivers Zimmer, da zog er mich auch schon zu sich und schloss die Tür. Bevor ich etwas sagen konnte, begann er, mich zu küssen.
In meinem Kopf hörte ich Nathalie sagen: »Hab Spaß.« Also erwiderte ich den Kuss. Ehe ich mich versah, lag ich auf dem Bett und Oliver auf mir.
Er küsste mich stürmisch und stöhnte.
Hatte ich eigentlich Nathalie ihre Vorlesungsnotizen zurückgegeben? Vielleicht sollte ich später noch mal …
»Ich geh zu Nina«, rief Julia durch die geschlossene Tür. »Bin so in zwei Stunden zurück.«
Julias Worte stoppten mich. Die Sache mit Oliver ging mir zu schnell. Wir kannten uns doch kaum. Und ich war eh nicht ganz bei der Sache. Ich rutschte etwas umständlich unter ihm weg, setzte mich auf und schaute mich im Zimmer um, in der Hoffnung, etwas zu finden, worüber wir reden konnten.
Oliver seufzte und setzte sich im Schneidersitz hin. »Entschuldige, wenn ich etwas zu … motiviert an die Sache rangegangen bin. Ich wollte dich nicht bedrängen.«
»Hast du nicht.« Ich rutschte noch etwas von ihm weg. Wenn ich nicht gestoppt hätte, wäre ich in wenigen Minuten wahrscheinlich nackt gewesen. Warum wollten einem Männer bloß immer an die Wäsche? So toll war Sex ja nun auch nicht. Mein Blick wanderte wieder durch den Raum. »Ihr beide steht euch sehr nahe, was?« Ich zeigte auf das Foto von ihm und Julia auf dem Nachttisch.
Oliver lächelte. »Ja, schon.«
Ich erwiderte sein Lächeln. »Es muss schön sein, eine Zwillingsschwester zu haben.« Ich schaute auf meinen Schoß. »Ich bin ja ein Einzelkind.«
»Schätze, es ist schon ziemlich cool«, sagte Oliver.
»Wie war es für dich, als sie … na ja …«
»Als sie was?«
Wie
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