Zwei Seiten
das Gefühl, in jeder Ritze meines Körpers Sand zu haben. Also erst mal duschen.
* * *
In eine Decke gewickelt, betrachtete ich von der Couch aus das Feuer im Kamin.
Draußen hämmerte der Regen gegen die Scheiben. Von wegen Regen am Abend. Es war nicht mal drei Uhr.
»Das gerade tut mir leid.« Julia stand vor der Couch und studierte den Fußboden.
»Es war nicht dein Fehler. Ich hätte mir was anziehen sollen, anstatt nackt durch die Wohnung zu laufen. Schätze, ich hab vergessen, dass du …«
»Ja.« Sie starrte in den Kamin.
Irgendwie war die ganze Sache albern. Ich klopfte neben mich, und als Julia sich setzte, bot ich ihr ein bisschen von der Decke an.
Zögerlich rutschte sie näher.
Unsere Oberschenkel berührten sich.
Wow, Julia war jetzt aber ganz schön nah. Ich schluckte. Eigentlich hätte es mir klar sein sollen. Schließlich teilten wir uns eine Decke. Es machte mich nervös, aber ich versuchte, dieses Gefühl zu ignorieren. Es war ein harmloses Zusammensitzen von zwei Freundinnen. Sonst nichts. »Du hast heute nichts gesehen, was du nicht schon kanntest.«
Julia schnitt eine Grimasse. »Sollen wir uns Pizza bestellen?«
»Du willst bestellen, anstatt zu kochen? Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder.«
Julia lachte. »Ich hab nichts dagegen, Essen zu bestellen, aber wenn ich zu Hause nicht so konsequent wäre, würde Oliver immer bestellen. Deshalb koche ich meistens.«
Ich nickte. Oliver … ich hatte den ganzen Tag nicht einmal an ihn gedacht. Ich musste definitiv eine Entscheidung treffen, wie ich mich nach unserer Rückkehr verhalten sollte.
Julia schubste mich spielerisch. »Also? Sollen wir was bestellen?«
»Sicher. Du bestellst und ich mach uns heißen Kakao.«
»Klingt perfekt. Mit Sahne?«
Ich schmunzelte. »Was sonst?«
Wir standen auf.
»Oh, Scarlett?« Julia drehte sich um und wir stießen zusammen.
Das Herz schlug mir bis zum Hals, jetzt, wo wir so dicht voreinander standen. Ich wusste, Julia würde nichts tun, aber dennoch …
Wir traten beide einen Schritt zurück und Julia schaute starr zu Boden. »Ähm, was für eine Pizza möchtest du?«
»Funghi. Und was nimmst du?«
Julia grinste. »Ich wollte auch eine Funghi nehmen.«
»Dann lass uns doch eine Familienpizza ordern«, sagte ich. »Wenn was übrig bleibt, essen wir es einfach später.«
»Okay.«
Während Julia mit der Pizzeria sprach, ging sie im Wohnzimmer auf und ab.
Da es eine offene Küche war, konnte ich sie gut sehen, während ich den Kakao zubereitete. Mir war bisher nie aufgefallen, wie geschmeidig sich Julia bewegte.
Als sie aufsah, begegneten sich unsere Blicke. »Doppelt Käse? Kostet heute bloß einen Euro extra bei der Familienpizza.«
Ich strahlte. »Wie könnte ich da widerstehen?«
* * *
Nach dem Essen lehnte sich Julia an die Couchlehne und mein Kopf lag auf ihrer Schulter. Die Wärme, das gedämpfte Licht vom Kamin, dazu Julias entspannter Körper so dicht an meinem … ich merkte nicht, wie es passierte, aber ich schlief ein.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Das Glühen der abgebrannten Holzscheite spendete gerade genug Licht, um die Wanduhr lesen zu können. Kurz vor drei.
Julia saß in derselben Position wie zuvor.
Ich hingegen lag mit dem Kopf in ihrem Schoß.
Julias Hand ruhte auf meinen kurzen Haaren. Ihre gleichmäßige Atmung verriet mir, dass sie auch eingeschlafen war.
Noch vor Kurzem wäre ich total erschrocken gewesen, im Schoß einer Lesbe aufzuwachen. Doch die Lesbe war Julia und ich fühlte mich vollkommen sicher bei ihr. Trotzdem, so konnten wir nicht bleiben. Ich nahm vorsichtig Julias Hand von meinem Kopf, legte sie auf ihren Bauch und erhob mich langsam.
Dennoch wachte Julia auf. Sie blinzelte ein paar Mal. »Was? Oh, ich bin wohl eingeschlafen«, murmelte sie.
»Keine Sorge. Ich auch. Lass uns ins Bett gehen.«
Stille.
Was? Oh verdammt. »In unsere Betten, mein ich.« Nach einer Pause fügte ich hinzu: »Jede für sich.«
Julia rieb sich die Augen und nickte grinsend. Sie stand auf und tapste in Richtung ihres Zimmers. Nach drei Schritten blieb sie stehen und drehte sich zu mir um. »Danke für den schönen Tag.«
Ich lächelte. »Ich danke dir.« Und ich meinte es.
* * *
Am nächsten Morgen machte ich für Julia und mich Frühstück.
»Morgen«, murmelte Julia, während sie sich den Schlaf aus den Augen reibend die Küche betrat. »Schon ganz schön früh auf heute, was?«
Ich konnte mir bei diesem Anblick ein Lächeln nicht verkneifen.
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