Zwei Seiten
Julia?«
»Nein, mit Hillary Clinton. Natürlich mit Julia!« Nathalie stand auf. »Wir machen uns besser fertig. In einer halben Stunde treffen wir uns im ›Versteck‹.«
* * *
Als wir in der Bar ankamen, saßen Daniel und Julia auf unserem Stammplatz in einer Ecke. Sie schauten ziemlich ernst drein.
Aber Nathalie und ich sahen sicher nicht viel anders aus.
Meine beste Freundin setzte sich neben Daniel und ich nahm wie immer neben Julia Platz.
Das Paar flüsterte einen Moment miteinander und stand dann auf. »Daniel und ich gehen eine Runde Billard spielen. Wir sind gleich wieder da«, sagte Nathalie und verschwand mit Daniel.
»Das ist eine Verschwörung«, grummelte Julia.
Ich grinste. »Was sagst du zu der ganzen Sache?«
Julia zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht glauben, dass Oliver wirklich ausziehen will.« Sie senkte den Blick. »Andererseits haben wir in acht Wochen kaum zwei Worte miteinander gewechselt.«
»Es tut mir leid, wie er sich verhält«, sagte ich. »Aber vielleicht ist es das Beste. Denn so kann es doch nicht weitergehen.«
Julia schaute mich mit traurigen Augen an, sagte aber nichts.
»Was willst du, Julia? Daniel und Nathalie werden zusammenziehen. Die Frage ist, wo wir landen.«
Julia starrte auf ihre Hände. »Ich bin nicht sicher, ob das funktionieren kann. Also du und ich in einer WG.« Sie seufzte. »Seien wir ehrlich: Oliver spricht schon jetzt nicht mit mir, aber wenn du und ich …«, sie machte eine Geste für Anführungsstriche, »›zusammenziehen‹ würden, könnte ich die Hoffnung, je wieder mit Oliver ins Reine zu kommen, endgültig vergessen.«
Julias Worte machten mich wütend. »Er verhält sich wie der letzte Trottel. Er ist von dieser fixen Idee besessen. Egal was du tun wirst, es wird nichts ändern.«
»Ich bin mir da nicht so sicher, Scarlett.«
Ich ergriff ihre Hand. »Das sollte wirklich nicht der Grund sein, weshalb ich nicht deine neue Mitbewohnerin werde.«
»Was dann?«
Julia kannte mich mittlerweile gut. Ich schloss für einen Moment die Augen. »Es ist kein Thema zwischen uns mehr, aber …«
»Meine Sexualität.« Julia klang nicht ärgerlich. Eher resigniert.
Ich nickte.
Daraufhin zog sie die Hand weg. »Was muss ich noch anstellen, damit du merkst, dass ich niemals …«
Ich nahm erneut Julias Hand. »Nein, nein. Das ist es nicht. Ich weiß, du würdest mir niemals in irgendeiner Art und Weise zu nahe treten. Es ist etwas Anderes.« Ich blickte beschämt auf meinen Schoß.
»Was denn?«
»Ich weiß nicht, ob ich damit klarkäme, wenn du jemanden mitbringst. Über Nacht, meine ich«
Julia seufzte. »Es wird dich vermutlich überraschen, aber ich verstehe dich.«
Ich schaute auf. »Wirklich?«
»Darf ich ehrlich sein?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Sicher.«
»Ich glaube, ich hätte auch ein Problem damit, wenn du jemanden mitbringen würdest. Also zum Übernachten.«
Das erstaunte mich. »Hat Oliver das nie gemacht?«
Julia lehnte den Kopf zur Seite.
»Dumme Frage. Ich hab ja mehrfach bei euch geschlafen.« Ich tippte mit einem Bierdeckel auf dem Tisch herum. »Das sind die Probleme, richtig? Übernachtungen und Oliver?«
»Mmh, ich denke ja.«
»Ich kann damit leben, dass niemand außer uns beiden bei uns schläft. Du auch?«
Julia nickte.
»Also bleibt bloß das Problem mit Oliver. Julia, willst du wirklich dein Leben nach jemandem ausrichten, der dich so behandelt? Schlechter kann euer Verhältnis nicht werden und verdammt, du hast nichts falsch gemacht. Er ist im Unrecht.«
Julia schloss für einen langen Moment die Augen und sah mich anschließend ernst an. »Du hast recht.« Sie holte tief Luft. »Lass es uns tun.«
Kapitel 15
»Julia?«
Meine neue Mitbewohnerin lag quer in ihrem Bett und hob den Kopf, um von einem ihrer zahlreichen Medizinbücher aufzusehen. »Ja?«
»Kann ich reinkommen?«
»Scarlett, du kannst immer reinkommen, wenn die Tür offen ist.«
Ich lächelte, trat ein und nahm auf ihrem Bett Platz. »Ich bin neugierig. Warum lässt du immer die Tür offen?«
Julia legte ihr Buch zur Seite. Anschließend setzte sie sich im Schneidersitz vor mir hin. »Du machst nie laute Geräusche, wenn du weißt, dass ich lerne. Warum sollte ich also die Tür zumachen?«
»Ich will dich nicht stören«, sagte ich. »Du bist immer so vertieft in deine Bücher.«
Julia reagierte mit einem der für sie typischen verlegenen Blicke, die ich so mochte. Sie war ein Lernjunkie. Sie liebte es, aber darauf
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