Zwei Seiten
dazu sagen? Julia war nun mal die Beste. »Ja.« Ich schüttelte den Kopf und knöpfte die Bluse zu. »Aber das ist doch jetzt egal. Jedenfalls war sie total blass und auch heiser, als ich sie weckte.«
»Aha.«
»Ich hab Julia gesagt, sie soll liegen bleiben. Dann hab ich Frühstück gemacht und es ihr ans Bett gebracht. Statt Kaffee gab‘s für sie Tee.«
Nathalie nickte. »Und das dauerte so lange?«
Ich griff nach meiner Jeans und zog sie an. »Na ja, ich hab ihr auch Hühnerbrühe gemacht und in eine Thermoskanne gefüllt.«
Nathalie hob eine Augenbraue. »Du hast Hühnerbrühe gemacht?«
Ich betrachtete meine Füße. »Instant«, murmelte ich und schnappte mir meinen Gürtel.
Nathalie grinste und schüttelte den Kopf. »Meine Güte, ihr seid echt wie ein altes Ehepaar.«
Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Jetzt übertreib mal nicht. Das hättest du für mich doch auch gemacht, als wir noch zusammen gewohnt haben, oder?«
Nathalie wich meinem Blick aus. »Äh, ja … klar.«
Ich verglich zum ersten Mal mein Zusammenleben mit Nathalie und Julia. Julia ließ nie Handtücher liegen oder, wie Nathalie, die Zahnpastatube offen. Ich übernahm das Bügeln, wenn nötig, und Julia kümmerte sich ums Wäschewaschen. Ohne vorher wirklich was geplant zu haben, wohnten Julia und ich vollkommen harmonisch zusammen. Nathalie war da sehr viel schwieriger gewesen. Oft fragte ich mich, ob Julia genauso fühlte wie ich oder ob ich »ihre Nathalie« war.
Nathalies Räuspern riss mich aus den Gedanken. »Darf Julia krank überhaupt im Krankenhaus arbeiten? Steckt sie da nicht die Patienten an?«
Ich winkte ab. »Hab versucht, Julia zu überzeugen, zumindest heute im Bett zu bleiben. Aber sie ist jetzt für ein paar Wochen in der Tagesklinik, die ans Krankenhaus angeschlossen ist. Da gibt‘s nur Psychiatriepatienten. Also ist es kein Problem, meint sie.«
»Verstehe.« Nathalie holte tief Luft. »Also läuft es gut zwischen dir und Julia?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Wir kommen miteinander aus.«
Nathalie schaute sich im Raum um und fummelte an einer Ecke meiner Tagesdecke rum. »Wenn man euch in letzter Zeit so sieht, könnte man wirklich denken, dass … dass da mehr ist.«
Ich stoppte in meiner Bewegung, mir die Haare zu kämmen, und setze mich neben sie. »Was?« Hatte ich mich verhört? Ich starrte sie an. »Wie kommst du denn auf so eine absurde Idee?« Mein Magen krampfte sich zusammen.
Nathalies Blick war auf ihre mit der Decke spielenden Hände fixiert. »Ich und Daniel haben neulich mal drüber geredet.«
»Worüber? Und hör auf, mit der Decke zu spielen. Das macht mich ganz nervös.«
Nathalie legte die Hände in den Schoß und biss sich auf die Unterlippe. Irgendwann sah sie mich an. »Scarlett, du und Julia, ihr … das musst du doch sehen.«
Was zur Hölle war hier los? »Wovon redest du?«
Nathalie begann erneut, mit der Decke zu spielen, stoppte aber nach wenigen Momenten wieder. »Du bist meine beste Freundin, weißt du?«
Ich lächelte und versuchte, mich zu entspannen. »Und du meine. Also, raus damit.«
Nathalie seufzte. »In den vergangenen Wochen sind du und Julia fast unzertrennlich geworden.«
»Wir wohnen zusammen.« Meine Stimme wurde lauter. »Was erwartest du?«
»Ja, schon. Aber ihr geht ja auch immer zusammen weg und redet über die andere, wenn ihr mal nicht gemeinsam unterwegs seid.«
Ich legte den Kopf zur Seite. Langsam wurde klar, was hier los war. »Du bist eifersüchtig.«
»Was? Nein.« Nathalie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht.«
Ich stand auf. Was auch immer sie sagte, die Sache war klar. »Ihr seid beide meine besten Freundinnen. Wenn du mehr Zeit mit mir verbringen möchtest, dann sag mir das doch.« Ich griff nach meinem Rucksack. »Jetzt lass uns gehen. Wir sind schon spät genug dran.«
* * *
»Ich versteh es nicht«, sagte Julia wie immer, wenn wir zusammen auf der Couch saßen und Titanic schauten. »Wieso hat die junge Rose grüne und die alte blaue Augen?«
Ich kicherte. Wie konnte sich eine intelligente Frau wie Julia ständig an demselben Filmfehler aufhängen?
Julia guckte mich todernst an. »Das ist nicht witzig.«
Ich grinste. »Doch, ist es.«
Sie begann zu lächeln und wuschelte mir durchs Haar.
»Hey«, protestierte ich und boxte Julia scherzhaft die Schulter. Anschließend lehnte ich mich bei ihr an. Bei Julia fühlte ich mich immer so ruhig und beschützt. Ich hätte nicht gedacht, eine solche, rein
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