Zwei Seiten
angesprochen, reagierte sie immer peinlich berührt, als würde man ihr vorwerfen, fanatische Gartenzwergsammlerin zu sein oder so.
Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Manchmal war sie total süß.
»Wenn du möchtest, kann ich die Tür zukünftig schließen«, sagte Julia. »Du willst sicher zwischendurch auch mal lauter sein und nicht ständig wegen mir wie auf Eierschalen laufen.«
Ich schüttelte den Kopf. »So ein Quatsch. Keine Ahnung warum, aber irgendwie beruhigt es mich immer, dich lernen zu sehen.«
Meine Worte wurden mit einem strahlenden Lächeln belohnt. »Wirklich?«
Ich wippte enthusiastisch mit dem Kopf.
»Wenn … ähm, wenn du willst, können wir ja auch mal zusammen lernen.«
Meine Augenbrauen schossen nach oben. »Zusammen lernen? Wie meinst du das? Julia, hast du es noch nicht gemerkt? Wir lernen unterschiedliche Sachen.« Ich beugte mich vor und klopfte Julia spielerisch aufs Knie. »Außerdem sagt Nathalie immer, ich hätte Hummeln im Hintern. Ich weiß nicht, ob du dich dabei gut konzentrieren könntest.«
Julia senkte den Blick. »Ich dachte, wenn es dich wirklich beruhigt, mich lernen zu sehen, wäre es doch keine schlechte Idee, wenn wir … sagen wir mal, nebeneinander lernen.«
Der Vorschlag war zumindest eine Überlegung wert. Derzeit schob ich das Lernen immer auf, anstatt mich regelmäßig hinzusetzen, und wurde fast panisch, wenn es sich nicht mehr hinauszögern ließ. »Und wie stellst du dir das vor?«
Julia machte eine ausladende Bewegung über ihr großes Futonbett. »Wir liegen hier und jede lernt für sich.«
Ich rieb mir das Kinn. »Und warum solltest du das tun?«
Julia zuckte mit den Schultern. »Es würde mich echt nicht stören. Warum also nicht?«
Ich betrachtete sie eine Weile. Sie hatte recht: Warum eigentlich nicht? »Na ja, wir können es ja mal versuchen.«
* * *
Ich warf meinen Bleistift hin. »Ich werde es nie verstehen.«
Wie schon so oft in den letzten Wochen, seitdem wir angefangen hatten, gemeinsam auf ihrem Bett zu lernen, stützte Julia den Kopf auf ihre Hand. »Wo genau liegt das Problem?«
Ich schob meine Notizen zur Seite und lehnte mich ruckartig zurück. »Verdammtes internationales Privatrecht.« Ich zeigte mit dem Finger auf eines der vielen Übungsblätter und meine kommentierte Gesetzessammlung.
Julia nahm das Aufgabenblatt in die Hand und legte mir mein Buch auf den Schoß. »Lass uns das Problem mal Schritt für Schritt analysieren. Bis wohin ist alles klar und wo beginnt es, schwierig zu werden?«
Die folgende halbe Stunde sprachen wir über das Problem.
Es konnte Julia unmöglich interessieren, aber sie tat zumindest so.
Nach einer Weile hatte ich, wie meistens nach einer Diskussion mit Julia, doch eine Lösung gefunden und Julia erhob sich. »Was meinst du? Soll ich uns Kakao machen?«
Ich strahlte sie an. »Du bist die Beste.«
* * *
Nathalie ließ ihren Rucksack auf den Boden plumpsen und schloss die Eingangstür. »Hey, Süße. Ich dachte, ich hol dich heute mal ab. Damit du zur Abwechslung mal pünktlich zu einer Vorlesung kommst.« Sie musterte mich. »Aber wie die Sache aussieht, kommen wir jetzt beide zu spät.«
Ich stand in ein Badetuch gewickelt im Gang und rubbelte mit einem Handtuch durch meine noch nassen Haare. »Hi. Das schaffen wir schon. Keine Sorge.« Ich schlenderte in mein Zimmer und Nathalie folgte mir.
Als ich mich umdrehte, bemerkte ich, wie Nathalie mit den Augen rollte.
»Dein Wort in Gottes Gehörgang.«
Ich stupste ihren Arm. »Genug jetzt. Heute hab ich eine gute Ausrede dafür, spät dran zu sein.«
Nathalie ließ sich aufs Bett fallen. »Na, da bin ich ja mal gespannt.«
Ich drehte mich zu Nathalie und bemerkte ihr Starren. »Was ist los?«
»Wow. Man sieht mittlerweile echt, dass du trainierst.«
Meine Wangen glühten. »Danke«, sagte ich leise und schaute zu Boden.
Nathalie setzte sich auf. »So, jetzt erzähl. Was ist deine Ausrede?«
Ich räusperte mich. Durch ihre Bemerkung wurde mir erst bewusst, dass sie mich gerade nackt sah. Am besten ignorierte ich das einfach. Es war schließlich nichts dabei. »Julia hat sich erkältet und hat ihren Wecker nicht gehört.« Ich zog meine Unterwäsche an.
»Und?«
»Und als ich aufstand und das Frühstück noch nicht fertig war, hab ich nach ihr gesehen.« Nachdem der BH gut saß, streifte ich mir die bereitgelegte Bluse über.
Nathalie runzelte die Stirn. »Sie macht jeden Morgen Frühstück für euch?«
Was sollte ich
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